Insel des Todes
war.
Ich brachte das Thema auf
Haifische. Clarrie wußte eine ganze Menge über die gefährlichen Tiere. Letztes
Jahr hatte ein Professor von einer Universität im Süden des Landes seinen
Urlaub auf der Insel verbracht, und Clarrie hatte ihn verschiedentlich in
seinem Boot mitgenommen, um ihm praktischen Unterricht zu geben, während der
Professor ihm als Entschädigung seine theoretischen Kenntnisse über das Leben
der Haifische vermittelt hatte.
»Die Hammerhaie, Blauhaie und
Eishaie sind so ziemlich die gefährlichsten Arten«, erklärte Clarrie. »Die
hiesigen Gewässer sind voll davon .«
»Greifen Sie auch nachts an ?« fragte ich.
»Zu jeder Zeit, Danny.« Er nahm
einen kräftigen Schluck aus seinem Glas. »Je wärmer das Wasser ist, desto
größer ist die Gefahr, von einem Hai angegriffen zu werden. Sie kommen dann
näher an die Küste heran. Deshalb kommen in den Sommermonaten, von November bis
Januar, auch die meisten Unfälle vor .«
»Haben Sie von der Frau gehört,
die vor ein paar Tagen von einem Hai getötet worden ist, Clarrie ?« erkundigte ich mich ganz nebenbei. »Als die Jacht auf dem
Riff auflief .«
»Und ob ich davon gehört habe.
In der ganzen Stadt spricht man von nichts anderem. He! Sie war doch auch
Amerikanerin, oder? Doch hoffentlich nicht mit Ihnen befreundet?«
»Ich habe sie in New York
kennengelernt«, erklärte ich.
»Das tut mir leid, Danny .« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Nie im Leben möchte
ich es mit ansehen oder mit anhören, wenn ein Hai einen Menschen anfällt .«
»Anhören ?« wiederholte ich fragend.
»Ein Freund von mir hat in der
Nähe von Broome mal nach Perlen getaucht. Ein
Eingeborener wurde genau in dem Augenblick, als er wieder an die Oberfläche
kam, von einem Hai angegriffen. Mein Freund sagt, ihm läuft es heute noch
eiskalt den Rücken runter, wenn er daran denkt, wie der arme Kerl geschrien hat .«
»Geschrien ?« echote ich.
»Na, würden Sie vielleicht
nicht schreien, wenn Ihnen jemand ein Bein oder einen Arm ausreißt ?« fragte Clarrie brutal.
»Es ist nicht möglich, daß ein
Hai einen Menschen verschlingt, ohne daß dieser zum Schreien kommt ?« fragte ich. »Ich meine, sozusagen auf einen Bissen ?«
Er schüttelte entschieden den
Kopf. »Sie greifen das Objekt, auf das sie es abgesehen haben, zunächst an — vielleicht
einen anderen Fisch oder eben einen Menschen, der an der Oberfläche schwimmt.
Wenn sie zupacken, müssen sie sich umdrehen, damit sie ihre Zähne gebrauchen
können. Sie beißen schnell zu, schnappen sich einen großen Happen und lassen
dann nicht mehr von ihrer Beute ab. Der Professor sagte, sie seien kurzsichtig
und farbenblind, aber sie besitzen einen glänzend ausgebildeten Geruchssinn.
Blut im Wasser macht sie völlig wild. Sie kommen kilometerweit her, wenn sie es
riechen .«
»Sind Sie ganz sicher, daß sie
ihr Opfer nicht schon mit diesem ersten Biß verschlingen können, ohne daß es
Gelegenheit hat, einen Schrei auszustoßen, Clarrie ?«
»In jedem Fall, von dem ich gehört
habe, ist das Opfer später an den Verstümmelungen und an Schock gestorben«,
behauptete er mit Bestimmtheit. »Stellen Sie sich doch mal vor, plötzlich
bohren sich diese spitzen Zähne in Ihr Fleisch und beginnen zu reißen, Danny!
Nicht nur der Schmerz, sondern auch die Erkenntnis, daß Sie von einem Hai
angefallen worden sind, würde Sie doch wohl veranlassen, zu schreien !«
»Wie am Spieß !« stimmte ich zu.
»Na also. Es muß grauenhaft
sein, wenn man von einem Hai angegriffen wird«, meinte Clarrie. »Das ganze
Unternehmen war vom Pech verfolgt. Kennen Sie Jack Romney, den Eigentümer der
Jacht ?«
»Ich habe ihn vor ein paar
Stunden kennengelernt«, erwiderte ich.
»Ich kenne ihn nur vom Sehen«,
fuhr Clarrie fort. »Aber jeder hier hält ihn für einen anständigen Kerl. Ich
hab’ gehört, daß er sich nicht nur wegen des Todes dieser Frau scheußliche
Sorgen machen soll, sondern daß er auch seine Fünfzehn-Meter-Jacht verloren
hat. Und die Dinger kosten eine ganz schöne Stange Geld, lassen Sie sich das
von mir sagen .«
»Aber er hat sie doch
versichern lassen ?« wandte ich ein.
»Ich hab’ das Gegenteil
gehört«, versetzte Clarrie. »Und in einer Stadt wie unserer gibt es keine
Geheimnisse, Danny. Sie ist zu klein. Jeder kennt jeden und weiß über die
Geschäfte des anderen Bescheid . Die
Versicherungspolice ist vor zwei Monaten abgelaufen, und er hat sie nie
erneuert. Ein glatter Verlust. Der arme Hund
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