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Insel des Todes

Insel des Todes

Titel: Insel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Blick nett und sympathisch gewirkt hatten
— Dr. Crippen zum Beispiel.
    Plötzlich riß mich dröhnendes
Hupen aus meinen Gedanken, und der Schreck fuhr mir in alle Glieder. Blitzartig
wurde mir klar, daß nicht diese verdammten Australier auf der falschen
Straßenseite fuhren, sondern ich. Deshalb befand sich ja auch das Steuerrad auf
der falschen Seite. Nur ein Trottel konnte das vergessen. Mit diesem
ernüchternden Gedanken setzte ich den Weg in die Stadt fort.
    Townsville war eine hübsche, kleine
Stadt. Im Hintergrund erhob sich eine sanfte Hügelkette, die Straßen waren
breit, in der Mitte durch einen baumbestandenen Rasenstreifen geteilt und von
Häusern im Kolonialstil gesäumt, deren Verandadächer den ganzen Bürgersteig
überdachten.
    Ich hielt mich an die alte
Theorie, daß man sich in einer fremden Stadt am schnellsten zurechtfindet, wenn
man sich in der nächsten Bar die nötigen Informationen holt. Nachdem ich das
Kabriolett geparkt hatte, machte ich mich also auf die Suche. Der erste Mann,
den ich anhielt und fragte, starrte mich verständnislos an und schüttelte den
Kopf, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.
    Beim nächstenmal hatte ich mehr Glück. Der Mann, den ich angehalten hatte, lächelte nachsichtig.
    »Sie sind Amerikaner, stimmt’s ?«
    »Stimmt«, bestätigte ich. »Wollen
Sie mir vielleicht sagen: >Ami go home < ?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wissen
Sie, wie das Meer da draußen heißt ?«
    »Klar«, erwiderte ich stolz.
»Korallen-Meer.«
    »Und dort haben Ihre Leute die
japanische Flotte geschlagen, die sich auf dem Weg nach Australien befand«,
belehrte er mich. »Nein, mein Freund, in Australien schickt kein
Mensch die Amerikaner nach Hause. Vergessen Sie das nicht .«
    Ich entschuldigte mich, und er
beantwortete schließlich meine Frage nach einer Bar.
    »Hier nennt man das nicht Bar.
Man nennt sie Hotels. Kapiert ?«
    »Gewiß«, versicherte ich.
»Begleiten Sie mich doch zum nächsten Hotel. Ich lade Sie auf einen Drink ein .«
    »Das ist ein glänzender
Einfall«, erklärte er. »Also, gehen wir .«
    Als wir die Hotelbar betraten,
fühlte ich mich im ersten Moment in ein Fernsehstudio versetzt, wo man drauf
und dran war, eine Szene in einem Western Saloon zu drehen. Es war ein riesiger
Raum — groß genug, um darin ein ganzes Kavallerieregiment samt Pferden
unterzubringen. Stühle gab es nicht. Die eine Wand wurde von einer langen Bartheke eingenommen. Dahinter standen mehrere Frauen mit
gehetztem Blick, die alle Hände voll zu tun hatten, um die bestellten Drinks zu
servieren. An der Bar lehnten die Gäste, rauchend, trinkend und redend.
    »Ich kenne die Barmädchen
hier«, vertraute mir mein neuer Freund an. »Ich hole gleich die Getränke. Was
wollen Sie ?«
    »Einen Wodka Martini«, erklärte
ich.
    »Einen was?«
    »Was trinken Sie denn ?« fragte ich rasch.
    »Ein schooner !«
    »Aha!« Ich lächelte dünn.
»Klingt nicht übel. Was ist es überhaupt ?«
    »Bier!« Er schien schockiert
von meiner Unwissenheit. »Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß Sie unser Bier
noch nicht probiert haben ?«
    »Ich bin erst gestern
angekommen«, wehrte ich mich.
    »Das ist echtes Bier, nicht so
labberiges, braunes Zeug, wie ihr es in den Staaten trinkt«, erklärte er
freundlich. »Sie werden schon sehen .«
    Er holte einmal tief Atem und
stürzte sich dann in die Menge an der Bartheke .
Dreißig Sekunden später tauchte er heil und unversehrt wieder vor mir auf und
stellte zwei riesige Bierkrüge auf den Tisch.
    »So, das hätten wir«, stellte
er erleichtert fest. »Prost !«
    Das Bier schmeckte tatsächlich
ausgezeichnet, und als wir beim dritten schooner angelangt waren, stimmte ich ihm uneingeschränkt zu: Zu Hause tranken wir
wirklich labberiges, braunes Zeug. Die Brauereien täten besser daran, den
Alkoholgehalt auf sechs Prozent zu erhöhen, wie es in Australien üblich ist.
    Mein neuer Freund hieß Clarrie.
Er bat mich in aller Form, ihn nicht Clarence zu nennen, da ihm der Name nicht
behagte. Er war einsneunzig groß und mußte etwa zwei
Zentner wiegen — von mir hatte er also bestimmt keine Widerreden zu fürchten.
Sein Lebenslauf war kunterbunt. Er hatte in Neuguinea gekämpft, auf den
Zuckerrohrfeldern gearbeitet und im Norden Australiens auf einer Rinderranch
Cowboy gespielt. Seit fünf Jahren fuhr er mit einer Barkasse, die ihm selbst
gehörte, zwischen Townsville und einer der größeren
Inseln hin und her, die zu einem beliebten Ausflugsziel geworden

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