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Insel meiner Traeume

Titel: Insel meiner Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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Mann musterte ihn und registrierte die elegante Abendkleidung. Dann spuckte er in die Richtung des Meeres, womit er deutlich bekundete, was er vom Schwachsinn der Aristokratie hielt. »Wohl kaum.«
    Unterwegs hatte Alex alle anderen Möglichkeiten erwogen und verworfen - auch den Gedanken, ein Schiff von der königlichen Flotte zu benutzen, die immer noch im Brighton-Hafen ankerte. Sicher würde man ihm alles gewähren, was er verlangte, mochte es auch noch so unklug erscheinen. Doch er brauchte ein schnelles, wendiges Fischerboot. Die kleineren wurden so konzipiert, dass sie den launischen Winden und Strömungen des Kanals trotzten, waren aber auch nach dem Vorbild größerer Boote gebaut, die auf der Nordsee oder in den Kabeljaufischereizonen vor Neufundland kreuzten. Selbst für das verwöhnte akoranische Auge stellten sie Meisterwerke dar. »Wenn Sie Ihr Boot hier liegen lassen, verdienen Sie nichts«, bemerkte Alex.
    »Und wenn ich in diesem Nebel rausrudere, bringt’s mir auch nicht viel.«
    »Stellen Sie sich mal vor, Sie bekämen genug Geld, um das Boot notfalls zu ersetzen, und würden trotzdem einen saftigen Gewinn erzielen?«
    Der Mann lachte. »Und die Fische springen einfach an Bord. Wäre das nicht großartig?«
    »Vermieten Sie mir das Boot.« Alex nannte eine Summe, die dem Fischer den Atem verschlug.
    »Sagen Sie das noch mal, Sir.«
    Diesen Wunsch erfüllte Alex. Danach ging alles sehr schnell.
    »Verdammt, verdammt, verdammt!« Joanna lehnte ihren Kopf an die Wand der Koje und kniff die Augen zusammen, um ihre Tränen zurückzuhalten. In den langen Nacht-stunden hatte sie unentwegt versucht, die Stricke zu lösen, die die Handgelenke fesselten, und statt des angestrebten Erfolgs nur ihre Haut aufgeschürft. Doch das spürte sie kaum. Der Impuls, die Flucht zu ergreifen, war stärker als alle Qualen.
    Wenigstens konnte sie dem Allmächtigen für den Nebel danken. Als sie in einem Ruderkahn zu diesem großen Fischerboot gebracht worden war, hatten sich die ersten grauen Schwaden gebildet. Sie wagte nicht zu hoffen, der Nebel würde Deilos’ Pläne durchkreuzen. Während der scheinbar endlosen Nacht hatte sie in seinem wachsenden Zorn über die Falle, in die er geraten war, den einzigen Lichtblick gesehen. Sobald sich der Nebel auflöste, würde man sein Schiff entdecken, das nur knapp außerhalb des Brighton-Hafens lag.
    Wahrscheinlich würde genau das geschehen, wenn der Tag anbrach. Joanna schaute sich in der Kabine um. Im Dunkel war es ihr nicht gelungen, ihre Umgebung zu erforschen. Nun sah sie neben der Koje einen Tisch und einen Stuhl, in den Planken verankert. Nichts wies darauf hin, dass dies kein englisches Schiff war. Falls sie den Geruch des Holzes richtig deutete, war es erst kürzlich zum Fischen benutzt worden, was sie nicht überraschte. Deilos mochte vieles sein, zum Beispiel ein niederträchtiger Verräter, aber kein Narr. Sobald sich der Nebel lichtete, konnte er sich unter all die anderen Fischerboote mischen, die in Brightons Nähe umherfuhren, und etwaigen Beobachtern entrinnen.
    Deshalb durften weder die schmerzenden Handgelenke noch ihre Müdigkeit eine Rolle spielen - Joanna musste sich möglichst schnell befreien. Entschlossen wälzte sie sich aus der Koje. Auch an den Füßen gefesselt, humpelte sie, so gut sie es vermochte, zum Tisch hinüber. Obwohl sie nicht hoffte, irgendetwas Nützliches zu finden, verdrehte sie ihre gebundenen Hände, um alle drei kleinen Schubladen zu öffnen. Zwei waren leer, bis auf kleine Staubhäufchen. Doch die dritte enthielt einen - Stein. Von violetten Adern durchzogen, würde er leicht in eine Hand oder Hosentasche passen. Vielleicht war er aus einer Laune heraus an irgendeinem fernen Strand aufgehoben worden und diente jetzt als Briefbeschwerer, wenn Papiere davonzuflattern drohten - aufgewirbelt von einer Brise, die durch das nahe Bullauge kam. Und da der Stein nicht sonderlich bemerkenswert aussah, hatte ihn der frühere Bewohner dieser Kabine wahrscheinlich vergessen.
    Zumindest nahm sie das an, als sie mit ihrer Enttäuschung kämpfte. Wie sollte sie mit einem Stein ihre Fesseln durchschneiden? Sie brauchte Metall, vorzugsweise scharfen Stahl. Hier bestanden nur die Einfassung und der Riegel der Luke und die Bolzen, die den Tisch und den Stuhl im Boden verankerten, aus Metall. Letztere glatt und abgerundet. Wenn Joanna eine Schraube herauslösen könnte, würde es ihr nichts nützen. Aber der Riegel des Bullauges - glanzlos, vermutlich

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