Insel meiner Traeume
Frieden und Schönheit entführt wurden...
Diesem Gedanken folgte die Erkenntnis, dass Alex dies alles wusste. Er hatte es ihr verschwiegen - und sie im Glauben gelassen, die Lügengeschichten, die man über Akora erzählte, wären die reine Wahrheit.
»Wo liegt der Exerzierplatz?«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Etwa eine halbe Meile in dieser Richtung.« Nicht nur im Geist, auch im Herzen eine kluge Frau, ging Kassandra der englischen Lady hastig aus dem Weg.
9
Alex sah sie über die große Wiese hinter den Kasernen eilen. Hinter ihr wehte das schimmernde goldene Haar, vom Wind bewegt. Sida musste ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. Denn Joanna trug ein duftiges grünes Kleid, das ihr sehr gut stand. Ihr Anblick hätte ihn erfreut, von zwei unangenehmen Tatsachen abgesehen: Sie besuchte ihn an einem Ort, der für Männer reserviert war, und sie war sichtlich wütend. Der Prinz von Akora schickte den Soldaten weg, gegen den er zu fechten beabsichtigt hatte, und steckte sein Schwert in die Scheide.
Mit nackter Brust, Schweißperlen auf der Stirn, genoss er für eine kleine Weile die segensreiche Gelenkigkeit in den Gliedern, den willkommenen Lohn für die körperliche Anstrengung. Die Kampfübungen an diesem Morgen hatten einen Großteil der Muskelverspannungen gelöst, die er seinem Aufenthalt in England verdankte. Nun fühlte er sich wie neugeboren und einer Auseinandersetzung mit Lady Joanna Hawkforte durchaus gewachsen.
Bis er in ihren Haselnussaugen den Kummer hinter dem Zorn sah.
»Das wusstest du!«, schimpfte sie, noch bevor sie ihn erreichte, mit klarer Stimme und laut genug, sodass die Männer in seiner Nähe alles hörten. Und sie sprach englisch. Sie wartete nicht, bis er ihr das Wort erteilte, nannte ihn nicht Kreon, befolgte keine einzige der akoranischen Verhaltensregeln. Natürlich würden alle Krieger erraten, wer sie war - die Konkubine, die der Prinz aus England mitgebracht hatte. Darüber tuschelte ganz Ilius. Eine Frau, die sich merkwürdig benahm. Gewiss, sehr hübsch. Aber schlecht erzogen. Deshalb würden sich die Soldaten fragen,
warum sich der Prinz mit ihr abgab, wo es doch so viele attraktive, fügsame Akoranerinnen gab. Eine temperamentvolle Frau, schön und gut. Aber man erwartete ein gewisses Gefühl für Anstand.
Schweigend ging er ihr entgegen, nahm ihren Arm und führte sie zu seinem Zelt am Wiesenrand. Als sie sich loszureißen versuchte, umfasste er ihren Ellbogen noch fester -nicht schmerzhaft, nur energisch.
»Wenn du unbedingt eine Szene machen willst - meinetwegen«, sagte er in ruhigem Ton. »Doch das würde dir nichts nützen und die Situation verkomplizieren.«
Mit zusammengepressten Lippen starrte sie ihn an. Dann folgte sie ihm widerstandslos.
Im Zelt war es kühler. Die dunkelblauen Planen hielten die Hitze der Mittagssonne ab. Vom Binnenmeer wehte eine Brise heran und ließ das Segeltuch ein wenig flattern. Joanna ignorierte das Sofa, auf das Alex wies, und blieb stehen.
Anklagend musterte sie ihn. »Ihr Akoraner tötet keine Xenos.«
Ehe er antwortete, goss er kaltes Wasser aus einem beschlagenen Krug in einen Metallkelch, den er ihr anbot. Als sie die Erfrischung ablehnte, zuckte er die Achseln. »Offenbar bist du Kassandra begegnet.«
Sie nickte. Mit der kraftvollen maskulinen Schönheit des Prinzen von Akora konfrontiert, fand sie es schwierig, sich zu konzentrieren. Das beschämte sie. Verärgert über ihre Schwäche und die ganzen vermaledeiten Umstände, zwang sie sich, ihre Aufmerksamkeit wieder auf wichtige Dinge zu lenken. »Die Prinzessin führte mich in die Stadt hinab. Dabei machte ich die interessante Bekanntschaft einer französischen Schneiderin.«
»Oh, das sieht meiner Schwester ähnlich«, meinte Alex und lächelte wehmütig. »Was alle Akoraner wohlweislich geheim halten, wollte auch sie nicht erzählen. Stattdessen ging sie mit dir in eine Straße, wo du die Wahrheit selber herausbekommen würdest.«
»Zur Hölle mit dieser Heimlichtuerei! Warum hast du mir das verschwiegen?« Joanna holte tief Luft und rang vergeblich um Fassung. »Warum hast du mich nicht von meiner Angst erlöst? Die ganze Zeit musste ich befürchten, Royce wäre hier gelandet und getötet worden.«
Mit ihren Vorwürfen traf sie ihn mitten ins Herz, umso schmerzlicher, weil ihm sein Gewissen sagte, sie wären berechtigt. Zumindest teilweise. In seinem Blick funkelte wilder Zorn, auf Joanna, sich selbst, auf all die verdammten
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