Insel meiner Traeume
Fortschritts hinwegschwemmen wird.«
»In einigen Teilen Englands habe ich die neue Industrialisierung beobachtet. Minen vernarben die Landschaft, in den Fabriken werden Arbeiter ausgebeutet. Dieses Schicksal wünsche ich niemandem.«
»Ich auch nicht. Wenn wir eine Katastrophe verhindern wollen, müssen wir Mittel und Wege finden, um diese neue Macht zu unserem Wohl zu nützen. So wie mein Bruder glaube auch ich, das wäre möglich. Aber...« Alex zögerte kurz. »Auf Akora sind Kräfte am Werk, die sich gegen jede Veränderung wehren und den Fortschritt im Keim ersticken wollen.«
»Widersetzen sie sich den Absichten des Vanax?«
Alex nickte. Inzwischen war er zu einer Entscheidung gelangt - und er wünschte inständig, die Hitze der Leidenschaft ließe sich genauso leicht abspülen wie der Schweiß nach den Kampfübungen. Wie auch immer, Joanna Hawkforte glich keiner Frau, die er jemals gekannt hatte. Es wäre unvernünftig, das zu ignorieren - und nicht zu nutzen.
Trotzdem brachte er die nächsten Worte nur mühsam über die Lippen. »Sobald der Vanax einen Entschluss gefasst hat, müsste die Opposition verstummen. Unglücklicherweise stellen einige Mitglieder des Regierungsrats ihre Machtgelüste über ihr Ehrgefühl.«
Was er mir jetzt verrät, hat kein einziger Xenos jemals gehört, dachte Joanna. Nur sekundenlang genoss sie diesen Triumph, bevor sie sich auf den Ernst der Lage konzentrierte. »Wie viele Mitglieder? Genug, um die Position deines Bruders zu bedrohen?«
»Möglicherweise drei von sechs Ratsherren, namens Deilos, Troizus und Mellinos. Vom königlichen Haus der Atreiden abgesehen, repräsentieren sie die reichsten, mächtigsten Familien auf Akora.«
»Nur drei Männer? Wären sie tatsächlich imstande, das Königreich zu gefährden?«
»Normalerweise wohl kaum. Aber es gibt ein weiteres Problem. Letztes Jahr bildete sich eine Gruppe, die noch größere Veränderungen anstrebt als der Vanax. Ihr Anführer kündigte sogar eine Revolution an, wie sie in Amerika und Frankreich stattgefunden hat. Welchen Einfluss diese Partei auf die Bevölkerung ausübt, wissen wir noch nicht. Jedenfalls scheint die Mitgliederzahl zu wachsen.«
»Dann steht dein Bruder zwischen den Fronten - auf der einen Seite die Reaktionäre, die alle Veränderungen ablehnen, auf der anderen die Rebellen, vom Geist des Fortschritts beflügelt.« Kein Wunder, dass Kassandra eine Schwächung Akoras von innen her vorausgesehen hatte... Sicher gab es nirgendwo auf der Welt ein Land, das sich mit einer solchen Situation konfrontiert sehen wollte.
»Leider hast du Recht. Aber Atreus ist ein tapferer Mann und ein weiser Herrscher. Ohne jeden Zweifel wird er Akora auf sicherem Weg durch diese schwierige Periode führen. Und ich werde mein Bestes tun, um ihm zu helfen.«
»So wie ich alles tun werde, was in meiner Macht steht, um Royce zu finden.«
Nun entstand ein langes Schweigen. Prüfend schauten sie einander an. Alex sah eine Frau, die sein Blut in Wallung brachte und seine Bewunderung errungen hatte. Hätte er neben seinen Wünschen keine bedrückenden Sorgen, würde er nicht zaudern und das Recht beanspruchen, Joanna zu besitzen und zu schützen. Und sie sah einen Mann, der scheinbar direkt aus einer Legende in ihre Träume getreten war. Würde es auf dieser Welt anders aussehen, wäre es so einfach, alles zu vergessen und der brennenden Sehnsucht nachzugeben, die er in ihr entfacht hatte.
»Wollen wir versuchen, die Schwierigkeiten mit vereinten Kräften zu meistern?«, schlug Alex vor. Obwohl er die Gefahr fürchtete, die seinem Herzen drohte, würde er Joannas seltenes Talent und ihre verzweifelte Suche nach dem Bruder in Akoras Dienste stellen. Welchen Preis er dafür bezahlen musste, würde nur er allein wissen.
»Welch eine ausgezeichnete Idee!« Entschlossen ignorierte sie den Protest ihrer inneren Stimme. Wenn sie Alex’ Angst um seine Heimat auch verstand - für sie zählte nur Royce. Alles würde sie tun und mit jedem paktieren, um ihren Bruder aufzuspüren.
Lächelnd streckte Alex eine Hand aus und strich zärtlich über ihre Wange.
Joanna zwang sich, ein verräterisches Zittern zu unterdrücken. Den Schatten des Bedauerns in seinen Augen, von seinem schmerzlichen Verzicht bewirkt, sah sie nicht. Kurz zuvor hatte sie ihren Blick abgewandt. Sonst würde er die heiße Sehnsucht erkennen, die sie nicht verbergen konnte, aber bekämpfen musste.
10
Nachdem Alex diese Vereinbarung mit Joanna getroffen hatte,
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