Insel meiner Traeume
aller Kraft zerrte sie das Boot an Land, über die Gezeitenlinie hinaus. Wie lange sie auf der Insel bleiben oder ob sie die Jolle noch einmal brauchen würde, wusste sie nicht. Jedenfalls wollte sie kein Risiko eingehen. Sie lief zu den Palmen, die den Strand säumten, sammelte in aller Eile ein paar herabgefallene Wedel ein und verdeckte das Boot damit. Einer intensiveren Suche würde es nicht entrinnen. Doch sie hoffte, falls ein Schiff vorbeisegelte, würde ein flüchtiger Blick dieses oder jenes Besatzungsmitglieds keinen Argwohn erregen.
Erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, auf welch ein ungeheuerliches Abenteuer sie sich eingelassen hatte. Sie rannte zwischen die schützenden Palmen und lehnte an einem stabilen Stamm, bis ihre rasenden Herzschläge verebbten. Im hellen Mondschein sah sie die sanft ansteigende Wiese und, etwas weiter von der Küste entfernt, einen langen steinernen Wall. Entschlossen wagte sie sich aus den Schatten ins silberne Licht und stieg nach oben.
Idiot. Narr. Schwachkopf. Tölpel. Sobald es um Joanna Hawkforte ging, hegte Alex allen Ernstes den Verdacht, seine Gehirnzellen oder was davon noch übrig war, hätten sich in untere Körperregionen begeben, wo sie überhaupt nicht mehr funktionierten.
Natürlich hatte sie kein zweites Mal den blinden Passagier gespielt. War es nicht viel origineller und mutiger, bei Nacht ganz allein über unbekannte Gewässer zu segeln, mitten hinein in Gefahren, die nur die allmächtigen Götter zu ergründen mochten?
Und was er am schlimmsten fand - er hätte es wissen müssen. Die Warnzeichen waren kaum zu übersehen gewesen - Joannas Stolz, ihre Willenskraft, ihre Intelligenz, ihre Tapferkeit. Und die verdammte Missachtung einer angemessenen weiblichen Ehrfurcht vor der männlichen Autorität.
Nach diesen Überlegungen durfte er nur sich selbst anklagen. Und das war gut so, denn das Gesetz, die akoranischen Gebräuche und seine eigene Moral verboten ihm eine grausamere Strafe als eine strenge Ermahnung - die gar nichts nützen würde.
Doch das hinderte ihn nicht daran, unverzüglich für ihre Sicherheit zu sorgen. Ein Lächeln voller Rachsucht erhellte seine Augen. Blitzschnell stürmte er zwischen den Palmen hervor, warf sich auf Joanna und stürzte mit ihr in den Sand. Dieser Überfall wäre äußerst schmerzhaft für sie gewesen, hätte er sich nicht im letzten Moment zur Seite gedreht, um ihr den Großteil seines Gewichts zu ersparen.
Trotzdem stieß sie einen leisen Schrei aus, den er - mit Fug und Recht - beendete, indem er ihr den Mund zuhielt und sie gleichzeitig unter seinen Körper schob. Sie lag auf dem Rücken und starrte ihn entgeistert an. Um seine Erregung zu verbergen, die er sich in dieser Situation nur wi-derstrebend eingestand, hob er seine Hüften ein wenig an. Nur sekundenlang wirkte sie verwirrt - was er gebührend würdigte. Dann las er Erleichterung in ihren Augen, die das Staunen verdrängte.
Sicher ein Vorteil, dass sie ihn nicht fürchtete... Das redete er sich zumindest ein. »Nun werde ich meine Hand entfernen«, begann er mit gepresster Stimme. Mühsam zwang er sich zur Ruhe, wie es sich für einem Mann geziemte - mochte er auch noch so wütend sein. »Wenn du versprichst, nicht mehr zu schreien.«
Sie nickte kaum merklich. Ein einziges Mal. Das musste genügen.
Langsam, ganz vorsichtig, zog er seine Hand zurück und beobachtete ihr Gesicht. »Nun sollte ich dir sagen, wie unglaublich dumm du warst«, murmelte er so leise, dass weder Feinde noch Freunde zuhören konnten. »Doch das wäre sinnlos. Offensichtlich befolgst du nur deine eigenen Gesetze, nicht wahr, Lady Joanna Hawkforte?«
Er sprang auf, zog sie mit sich hoch und führte sie in die schützenden Nachtschatten zwischen den Palmen. Loyal wie eh und je schauten seine Männer weg.
»Tut mir Leid«, beteuerte Joanna, als ihr die Stimme endlich wieder gehorchte. Deutlich spürte sie die Hitze seines Zorns, der sie erschreckte. Trotzdem wollte sie nicht lügen. »Ich musste hierher kommen. Verstehst du denn nicht, dass du Royce viel eher aufspüren wirst, wenn ich dir bei der Suche helfe?«
»Oh, ich verstehe sehr viel!«, presste Alex zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber im Augenblick brauchen wir nichts davon zu erörtern.«
»Archos...« Einer der Männer, die er beauftragt hatte, das Gelände zu erkunden, kehrte zurück. »Soeben fanden wir die Zelle, die Sie beschrieben hatten. Sie ist leer.«
»Leer?«, rief Joanna und zuckte
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