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Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Titel: Insel zweier Welten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraldine Brooks
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gesprochen wird. Die wenigen Leute in Nobnocket, die am Leben blieben, sahen die Blattern als ein Zeichen für die Macht Gottes an, als Strafe für Nahnoso und als Zeugnis für die Richtigkeit dessen, was Vater gepredigt hatte. Erst recht, als durch die wundersame Vorsehung Gottes nicht ein Einziger der Engländer, die ihnen zu Hilfe eilten, auch nur im Geringsten von ihrer Krankheit befallen wurde.
    Jene, die überlebten, lehnten sich, während sie langsam genasen, einer nach dem anderen gegen Tequamuk auf, sie verließen ihr Land in Nobnocket und schlossen sich der Siedlung in Manitouwatootan an. Unter ihnen war endlich auch Caleb. Ich erfuhr erst viel später, dass er kein einziges Mal in Nobnocket gewesen war, während die Krankheit dort wütete, ja, dass er nicht einmal davon gehört hatte, ehe das Unheil ein Ende fand und seine ganze Familie ausgelöscht war. Tequamuck hatte ihn in den Wäldern besucht und mit ihm den Dezembermond durchlebt, er hatte bedeutende Rituale mit ihm vollzogen, doch von der Heimsuchung ihres Stammes hatte er ihm nichts verraten.
    In jenem Frühjahr gebar Mutter ein Kind und sollte sich nie wieder aus dem Kindbett erheben. Für uns begann die Trauerzeit, doch für mich war sie umso schwerer, als ich wusste, dass allein ich die Schuld an Mutters Tod trug. Während jener Zeit wandten sich unsere Gedanken von den Verlusten ab, die andere erlitten. Erst viel später erfuhr ich, dass Caleb endlich nach Nobnocket zurückgekehrt war. Während ich am Grabe meiner Mutter betete, irrte er durch die verwaisten Überreste seines Dorfes und stieß auf die notdürftigen Gräber, in denen man seine Familie bestattet hatte. Seine Trauer war unermesslich, und sein Hass auf Tequamuck, der verhindert hatte, dass ihm die schreckliche Wahrheit zu Ohren kam, wurde größer und größer. Er blieb nur so lange, bis er die Todesrituale vollzogen hatte, die er für angebracht und für seine Pflicht hielt. Dann ging er seiner eigenen Wege, wie er es immer getan hatte, und zog in die Betstadt um. Er sagte, er wolle den englischen Gott besser kennenlernen, bevor er die Entscheidung treffen würde, ihn anzunehmen oder nicht.
    Als mein Vater in seiner Trauer gefasst genug war, um wieder zu predigen, und zum ersten Mal nach Manitouwatootan kam, suchte Caleb ihn dort auf, um ihm für die Barmherzigkeit zu danken, die er den Siechen gezeigt hatte, und ihn zu fragen, welche Gegenleistung er ihm im Namen seines verstorbenen Vaters, des sonquem , geben könne. Vater, den Calebs Beherrschung des Englischen sehr verwunderte, sagte, wenn er seinen Leuten erlaube, dem Evangelium zu lauschen, so sei das Belohnung genug. Mir fiel es schwer, die Fassung zu wahren, als Vater an dem Tag nach Hause kam, voll des Lobes für den wundersam klugen jungen Mann, der direkt aus der Wildnis kam. Erleichterung und Freude wallten in mir auf, und ich musste rasch das Haus verlassen und mir die Beine vertreten, um mich zu fangen.
    Einst hatte ich selbst danach gestrebt, Caleb zu unterweisen; jetzt jedoch, da ich mich schuldig für die schrecklichen Ereignisse fühlte, die mein geheimes Treiben über uns gebracht hatte, fürchtete ich nichts so sehr, als dass unsere Verbindung entdeckt würde. Ich sagte nichts, als mein Vater darüber sinnierte, wie jener Bursche wohl Englisch gelernt hatte. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, es könne ja wohl nur einer der Wampanoag aus Mashpee oder Plimouth gewesen sein, der hierhergekommen war und ihn unterrichtet hatte. Ich überließ es Makepeace, Fragen zu stellen, obwohl es mir schwerfiel, stumm zu bleiben und in der Sache nur das übliche Interesse vorzugeben. Doch einen Moment gab es, in dem ich mich fast verraten hätte. Als Vater verkündete, der junge Mann nenne sich selbst Caleb, und sich fragte, wie denn wohl ein Sohn Nahnosos zu einem solchen biblischen Namen gekommen sei, gab ich ein Schnauben von mir und musste schnell so tun, als hätte ich mich an einem Stück Brot verschluckt.
    Vater begann sofort mit Calebs Unterweisung, und nach jeder Zusammenkunft gab es bei Tisch keine anderen Themen als die schnelle Auffassungsgabe des Burschen und die bemerkenswerten Fortschritte, die er machte.
    Und nun soll Caleb Manitouwatootan verlassen und hier bei uns wohnen, damit Vater ihm mehr Unterricht erteilen kann. Er wird zusammen mit Makepeace und Joel, dem Sohn von Iacoomis, unterrichtet. Joel ist zwei Jahre jünger als Caleb, wuchs jedoch unter Engländern auf und hat schon früh lesen gelernt.

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