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Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Insel zweier Welten: Roman (German Edition)

Titel: Insel zweier Welten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraldine Brooks
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kam, war um mich herum große Stille. Vaters Körper trieb in Armeslänge an mir vorbei. Von Seetang umschlungen, aufgedunsen, von unsichtbaren Strömungen tief unter den Wellen hin und her geworfen. Ich streckte die Arme nach ihm aus, doch obwohl ich es allein durch meine Willenskraft schaffte, vorwärtszukommen, wurde ich immer wieder zurückgerissen, raste durch das Wasser und wieder hoch in die Luft. Jetzt war ich in unserem Gärtchen, das Sonnenlicht blendete mich so sehr, dass ich nichts erkennen konnte. Ich blinzelte, und als ich die Augen öffnete, stand Caleb vor mir, Solace schlaff in seinen Armen. Er streckte sie mir entgegen, doch als ich nach ihr greifen wollte, verwandelte sie sich in eine Schlange, die sich wand und den Kopf aufrichtete, bereit zum Biss …
    Ich spürte, wie ich würgen musste. Da packte Caleb meine Hände und schüttelte mich. Die Bilder zerstoben, und die Vision verschwand.
    »Was ist los? Fühlst du dich nicht wohl?« Seine Augen hatten wieder ihre normale Farbe, Melassebraun, angenommen. Er schaute mich voller Sorge an. Ich schluckte, sog die saubere, salzige Luft in mich ein und kämpfte gegen meine Übelkeit an. Der bittere Geschmack der Nieswurz haftete immer noch in meinem Mund. Ich schloss die Augen und drückte die Fäuste gegen meine Lider, als könnte ich so die schrecklichen Visionen verscheuchen. Ich hätte ihm gerne gestanden, was ich bei den Takemmy getan, was ich mit meiner Sünde verursacht hatte, und ihn davor gewarnt, dass diese sogenannte Macht, nach der er gestrebt hatte, in Wirklichkeit eine teuflische Falle war. Doch alles, was aus meinem Mund herauskam, war das Wort pawaaw.
    »Weißt du noch, was es bedeutet, Bethia? Ich hab es dir beigebracht, vor so langer Zeit …«
    »Heiler«, flüsterte ich.
    »Genau. Und das ist alles, was ich will. Diese Macht dazu benutzen, die Krankheiten zu heilen, die mein Volk befallen.«
    »Aber Caleb, diese Macht kommt von Satan …«
    »Und woher hat Satan sie bekommen? War es nicht von Gott, der ihn als großen Engel geschaffen hat? So steht es in deiner Bibel.« Der Wind hatte sich fast ganz gelegt; die Blätter in den Bäumen hinter den Dünen raschelten nur noch leise. Caleb sprach jetzt wieder Englisch, seine Stimme klang müde und sanft. »Ich bin ein Mann, Bethia. Ein Mann muss die Macht nehmen, wo er sie finden kann. Wenn ich sie in deinen Büchern finde, nehme ich sie von dort. Finde ich sie in Visionen, die mir der Geist meiner Ahnen beschert, dann werde ich sie auch von dort nehmen. Die Zeiten verlangen es von mir.«
    »Macht? Hat denn ein Blitz nicht auch Macht? Greif danach, und du wirst nur noch eine verkohlte Hülle sein …« Meine Stimme brach. Wieder rang ich in kurzen, gierigen Atemzügen um Luft. Calebs Augen blickten mich an.
    »Mag sein«, sagte er schließlich. »Vielleicht ist das ja wirklich der Preis dafür.«
    Ich hatte nicht den Mut, ihn anzuschauen. Ich schüttelte nur den Kopf und versuchte, den bitteren Geschmack herunterzuschlucken, den ich noch immer im Mund hatte, ebenso wie den salzigen Geschmack unterdrückter Tränen. Als Caleb wieder das Wort ergriff, war seine Stimme ruhig und gefasst.
    »Vor nicht allzu langer Zeit, Bethia, als dein Vater noch lebte und uns jeden Tag unterrichtete, kämpfte dein Bruder wieder einmal, wie so oft, mit dem Griechischen. Als er etwas nicht schaffte, erregte ihn das sehr, und schließlich wandte er sich an deinen Vater und wollte wissen, warum er, als zukünftiger Pfarrer, diese Dinge überhaupt lernen müsse.« Ich habe an anderer Stelle bereits geschildert, dass Caleb ein angeborenes Talent zur Nachahmung besitzt, und an dieser Stelle ließ er seine Stimme höher klingen und gab ihr einen anmaßenden Ton – mein Bruder, wie er leibte und lebte. »Was hat denn Apollo mit Christus zu tun? Ähnelt das Studium dieser Heiden nicht Evas und Adams selbstherrlichem Streben nach verbotenem Wissen?«
    Bei Calebs Schilderung sah ich die Szene lebendig vor mir. Trotz meiner Aufgewühltheit verzog ich belustigt die Lippen. »Und was hat Vater gesagt?«
    »Er sagte, natürlich müsse Christus das Fundament all unseres Lernens sein. Doch da Gott uns das Evangelium Christi auf Griechisch geschenkt habe, müsse man dies als Zeichen betrachten. Und dann erzählte er uns die Geschichte der alten Griechen, wie Prometheus den Göttern das Feuer gestohlen hatte. Er erklärte uns, jenes Feuer stehe für das Licht des Lernens, das von den alten Griechen entzündet worden und an uns

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