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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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Gott«, sagte Meredith. Sie verspürte einen Schwall der Erleichterung, der ihre brennende Sorge kühlte. »Leo ist also aus dem Schneider?«
    »Wenn sich nichts Unvorhergesehenes ergibt, ja. Das FBI ist fertig mit Leo. Sie ermitteln jetzt gegen diesen Deacon Rapp, der einunddreißig Millionen Dollar beiseitegeschafft hat. Er steckte mit seinem Onkel unter einer Decke, der das Geld bei vier Banken in Queens eingezahlt hat.«
    »Ich kann also mit Leo reden?«, fragte Meredith. »Ich darf ihn anrufen?«
    »Nun zu den schlechten Nachrichten«, sagte Dev. »Leo ist entlastet. Und das ärgert die Investoren und ihre Anwälte. Warum? Weil sie noch einen Delinn zur Verantwortung ziehen wollen. Auf wen konzentrieren sie sich also jetzt?«
    »Auf mich?«, mutmaßte Meredith.
    »Auf Sie.«
    Meredith stand auf. Die anderen Investoren fordern deinen Kopf. Sie ging hinüber zu den Regalen und starrte auf Wolf Flutes Barometersammlung. Ach, all die Stunden, die sie selbst damit verbracht hatte, Dinge zu erwerben und anzuhäufen, statt sich Gedanken über ihre Freiheit zu machen.
    Aber Leo ist frei, dachte sie. Leo ist frei! Dankbar ließ sie das schwere Gewicht ihrer Sorge von sich abgleiten, ein Wahnsinnsgefühl, aber nichts war so gut, wie den heimtückischen Rest von Zweifeln loszuwerden, die Meredith selbst in Bezug auf Leo gehegt hatte. Sie hatte nie geglaubt, dass er persönlich in das Schneeballsystem involviert gewesen war, doch tief in ihrem Innern befürchtet, er könne davon gewusst und aus Loyalität gegenüber seinem Vater nichts verraten haben.
    Und jetzt lieferte diese mysteriöse Frau, eine Sekretärin von Freddy, von deren Existenz Meredith nicht einmal etwas geahnt hatte, die einzig passende Antwort: Freddy selbst hatte Leo vom sechzehnten Stock ferngehalten.
    Interessierte Meredith angesichts dieser neuen Information ihr eigenes Schicksal überhaupt noch? Hatte sie nicht gesagt, sie würde sich selbst opfern, wenn Leo dadurch freikam?
    »Und das bringt uns zum entscheidenden Punkt«, sagte Dev.
    »Den fünfzehn Millionen.« Meredith konnte die Worte kaum aussprechen. Hatten sie das Thema nicht schon abgehakt? »Wollen Sie mich zu den fünfzehn Millionen befragen?«
    »Haben Sie denn dazu noch irgendetwas zu sagen?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich habe der Polizei alles erzählt.«
    »Okay«, sagte Dev. »Dann können Sie nur noch weiter überlegen, wo das Geld sein könnte, wo das FBI danach suchen könnte. Leo oder Carver sollten Sie erst kontaktieren, wenn Sie selbst entlastet sind. Das ist jetzt wichtiger denn je, verstehen Sie?« Er hielt inne. »Hey, aber die gute Nachricht ist doch, dass Leo frei ist.«
    Meredith schloss die Augen. Sie hatte sich bisher geweigert, die Worte auszusprechen, aber jetzt würde sie es tun. »Ja«, sagte sie. »Das ist eine gute Nachricht.«
    Meredith legte das Telefon beiseite. Leo war frei. Heute Abend würde es in Carvers Haus eine kleine Feier geben, bei der wahrscheinlich nur Carver und Leo und Anais miteinander aßen, Musik hörten und zum ersten Mal seit Monaten lachten.
    Sie schenkte sich ein Glas Wein ein. Zu gern wäre sie auf die Terrasse gegangen, doch das durfte sie nicht riskieren. Leo war entlastet, sie dagegen schwebte noch in Gefahr, womöglich mehr denn je. Meredith wünschte sich Connie herbei. Sie schaute durch die Glastür hinaus und sah Harolds dunklen Kopf aus dem glatten Grün einer sich auftürmenden Woge auftauchen und wieder verschwinden. Nur ein Seehund.
    Merediths neue Romane lagen auf dem Tisch. Sie hätte sich das Vergnügen gönnen können, einen davon aufzuschlagen, doch ihr würde jeder Genuss daran verwehrt bleiben. Es gab zu viel, über das sie nachdenken musste.
    Die Männer vom FBI glaubten, sie zu kennen, die Investoren glaubten, sie zu kennen, die amerikanischen Medien glaubten, sie zu kennen: Meredith Delinn, Ehefrau des Finanzgiganten Frederick Xavier Delinn, Mutter zweier privilegierter Söhne, Dame der Gesellschaft. Sie dachten, sie sitze in Komitees, organisiere Benefizgalas, sei ständig auf Shoppingtour. Zwar traf das alles zu, aber sie war auch anderen Tätigkeiten nachgegangen. Ehrenwerten Tätigkeiten.
    Meredith hatte fünf Jahre lang an der Samuel Gompers High School in der Bronx Englisch unterrichtet. Das war harte Arbeit gewesen, beängstigend, frustrierend – sie hätte gern einen der Polizeibeamten oder jemanden von der Börsenaufsicht, der gemütlich in seinem Büro saß, aufgefordert, es einmal damit zu

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