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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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änderte. Ihr Job war hart. Erst heute hatte Meredith auf der Toilette zwei Mädchen vorgefunden, die sich prügelten, und eins von ihnen hatte eine Rasierklinge in ihrer Unterlippe versteckt. Das Beunruhigendste war, dass Meredith gewusst hatte, wie sie die Mädchen bändigen und wo sie nach der Rasierklinge suchen musste. Woher wusste sie so etwas? Sie wollte die Gompers am Ende des Schuljahrs verlassen. Sie hasste die Fahrten mit der U-Bahn. Sie hasste es, die Jungen in die fürchterliche Kita zu bringen, wo Carver sich an ihre Bluse krallte und nach ihrer Brille griff. Immer mussten die Erzieherinnen ihn von ihr losreißen. Und jetzt bekam sie noch ein Baby.
    Meredith starrte Freddy an. Sie liebte ihn, aber auf dieses Leben war sie nicht gefasst gewesen.
    »Ich gehe zu meiner Mutter«, sagte sie. »Und die Kinder nehme ich mit.« Es enttäuschte sie, wie klischeehaft das klang, aber nicht klischeehaft war die Vorstellung, im Haus ihrer Kindheit zu schlafen, in dem großen, weißen Kolonialzeitgebäude in Villanova mit dem riesigen Garten, wo die Jungen unter dem Rasensprenger hindurchrennen und sich auf den Schaukeln vergnügen konnten. Meredith würde Unterstützung haben. Sie würde die Kinder in Tarleton anmelden.
    Sie erinnerte sich, dass Freddy ausgesehen hatte, als schrumpfe er. Dann lächelte er. »Noch ein Baby?«, sagte er.
    »Noch ein Baby«, bestätigte Meredith und lächelte gegen ihren Willlen ebenfalls. Aber dann verhärteten sich ihre Züge. »Ich meine es ernst, Fred. Ich verlasse dich. Wenn sich nichts ändert, gehe ich zurück nach Hause.«
    »Du gehst nirgendwohin«, sagte Fred. »Du bleibst hier, und ich sorge dafür, dass unsere Situation sich verbessert. Ich kümmere mich um alles.«
    Börsenaufsicht und FBI gingen davon aus, dass Freddy sein Schneeballsystem seit mindestens zehn Jahren betrieb, doch im Rückblick erkannte Meredith mit grausiger Gewissheit, dass es in dem Jahr begann, in dem sie ihre Drohung ausgesprochen hatte. Denn Freddy hielt Wort: Alles wurde besser. Statt sich jeden Morgen in die Bronx schleppen zu müssen, blieb Meredith zu Hause bei den Kindern. Sie lieferte Leo in der Sommervorschule der katholischen Kirche ab, spendierte Carver im E. A. T. Café eine Schokoladenmilch und brachte ihn dann nach Hause, wo sie mit Bauklötzen spielten, Sesamstraße sahen, ein Nickerchen machten. Eines glühend heißen Tages sprang Meredith in ihren Flipflops die Treppe hinab, verfehlte eine Stufe und stürzte bis zum nächsten Absatz. Sie hatte Schmerzen, aber keine schlimmen; trotzdem beschloss sie, ihren Ausflug in die herrlich kühlen, klimatisierten Säle des Museums für Naturgeschichte abzublasen. Als sie wieder oben im Apartment war, blutete sie.
    Meredith war erst in der zwölften Woche und hatte kaum jemandem von der Schwangerschaft erzählt (ihrer Mutter, Connie und dem Schuldirektor, der fragte, warum sie nicht mehr kam), aber trotzdem empfand sie die Fehlgeburt als ungeheuren Verlust. Sie war überzeugt gewesen, dass das Baby ein Mädchen geworden wäre, das sie nach ihrer Großmutter und Ms McCullers Annabeth Carson genannt hätte.
    Freddy zeigte sich nicht sehr betroffen, und als Meredith ihn beschuldigte, gefühllos zu sein, sagte er: »Wir dürfen uns nicht verrückt machen. Wir müssen an die Jungs denken. Du wirst wieder schwanger werden, Schatz. Keine Sorge. Wir bekommen unser kleines Mädchen.« Er nahm Meredith in die Arme und beschwichtigte sie mit diesen aufmunternden Worten, doch als sein Telefon klingelte, wechselte er sofort in den Arbeitsmodus.
    In jenem Herbst, erinnerte sich Meredith, hatte das Geld angefangen zu fließen. Plötzlich konnten sie sich umfassende Krankenversicherungen leisten. Sie nahmen Leo aus der katholischen Vorschule und schickten ihn auf die private St. Bernard’s School. Freddy war nicht öfter zu Hause als früher, aber wenn, dann wirkte er fröhlicher. Das Problem, Klienten zu finden, hatte er gelöst. Anscheinend war die beste Methode die, den Eindruck zu erwecken, sie dürften nicht bei Delinn Enterprises investieren, Delinn Enterprises suche nach ganz besonderen Investoren. Viele Interessenten wurden abgewiesen, und so rannten die Leute Freddy die Tür ein. Er nahm so viel zu, wie er abgenommen hatte, und fast zwanzig Pfund obendrein. Jeden Mittag ließ er sich Essen ins Büro kommen: Sandwiches mit Corned Beef und Sauerkraut, Hummersuppe, Omelettes mit Ziegenkäse und Räucherlachs. Er ging zu Geschäftsessen ins Gallagher’s

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