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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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als mit Meredith. Er nahm ab und entwickelte Muskeln. Bei seinem nächsten London-Aufenthalt ließ er sich mehrere neue Anzüge schneidern, und er ließ seine Haare wachsen. Sie waren inzwischen grau, und auch sein Bart wuchs grau nach. Manchmal vergingen zwei, drei Tage, ohne dass er sich rasierte, so dass er mit Stoppeln herumlief, die Meredith sexy fand, die im Büro aber, so vermutete sie, Stirnrunzeln hervorriefen. Als sie ihn fragte: »Hast du dich mit deinem Rasierapparat überworfen?«, meinte Freddy, er wolle nur etwas Neues ausprobieren, und ließ sich einen Kinnbart stehen.
    Samantha hatte dieses Bärtchen geliebt, erinnerte sich Meredith, und es gestreichelt wie eine Katze, was Meredith lustig gefunden hatte. Sie dachte, sie könne Freddy zusammen mit Samantha damit aufziehen. »Das ist seine Midlife Crisis«, hatte sie gesagt.
    »Könnte schlimmer sein«, hatte Samantha entgegnet.
    In Samanthas Gegenwart war Freddy lockerer, lachte mehr, trank gelegentlich ein Glas Wein. Einmal gingen sie sogar zu dritt in einem Nachtclub tanzen. Samantha stürzte sich sofort in die Menge. Als Meredith und Freddy sie wiederfanden, war sie von einer Gruppe fantastisch aussehender superschlanker Bulgarinnen umringt, die Meredith jetzt überall in der Stadt sah – als Verkäuferinnen im Delikatessengeschäft oder Aufseherinnen in Kunstgalerien – , und von deren muskulösen Freunden. Gemeinsam wechselten sie von der Tanzfläche an die Bar, wo sie sich – außer Freddy – Tequilas genehmigten. Nachdem Freddy großzügig zehn Schnäpse bezahlt hatte, versuchte er, Samantha zu überreden, den Club zusammen mit ihm und Meredith zu verlassen. Aber nein, sie wollte noch nicht.
    »Komm schon, Freddy«, sagte Meredith. »Wir gehen allein. Sie kann doch bleiben. Sie fährt heute Nacht sowieso zurück nach Bridgehampton.«
    Doch das wollte Freddy nicht zulassen. Er hatte einen Wortwechsel mit Samantha gegeben, der in einen Streit ausartete. Meredith verstand nicht, was sie sagten, sah aber, dass Freddy Samantha am Arm packte und Samantha sich losriss. Heute wusste sie natürlich, dass es der Zwist eines Liebespaars gewesen war. Freddy hatte nicht gewollt, dass Samantha bei diesen jungen osteuropäischen Hedonisten blieb. Vielleicht würde sie Drogen nehmen oder sich an Gruppensex beteiligen und einen jüngeren, leidenschaftlicheren Liebhaber finden. Damals hatte Meredith nur gedacht, wie gut es war, dass sie und Freddy keine Tochter hatten. Freddys Sorge um Samantha war ihr onkelhaft, nahezu väterlich erschienen, obwohl Samantha nur sieben Jahre jünger als Meredith und neun Jahre jünger als Freddy war.
    Sie hatten Samantha im Club zurückgelassen, Freddy schäumend vor Wut, und Meredith hatte gesagt: Nun komm schon, Fred. Sie ist ein großes Mädchen. Sie kann selbst auf sich aufpassen.
    Was für eine Idiotin sie gewesen war!
    Hatte es im Sommer 2004 auch mit dem Spitznamen angefangen? Irgendwann jedenfalls hatte Freddy begonnen, Samantha »Champ« zu nennen, was eine Kurzform von »Champion« war, ihrem Mädchennamen. Als Meredith das aufgefallen war, hatte sie sich gefragt, was wohl dazu geführt haben mochte, sich aber nie danach erkundigt. Samantha war Teil ihres Lebens geworden; nachdem die Innenausstattungen abgeschlossen waren, wurde sie ihre Lifestyle-Beraterin. Sie war stets gegenwärtig – bei ihnen zu Hause, in Freds Büro, am Telefon. Meredith vermutete, der Spitzname habe sich aus einem Gespräch zwischen Freddy und Samantha ergeben.
    Bedeutet Ihnen das Wort ›Champ‹ irgendwas?
    Wann hatten sie sich zu ihren Schäferstündchen getroffen? Und wo? Sechseinhalb Jahre – da konnte man wohl annehmen, dass es Hunderte Male gewesen waren, oder? In Merediths Erinnerung hatte Freddy allerdings jede Nacht neben ihr gelegen. Er war um halb zehn zu Bett gegangen, bis zehn Uhr eingeschlafen, um fünf wach, bis halb sieben in seinem Arbeitszimmer gewesen und dann in sein Büro gefahren. Hatten Meredith und Freddy je getrennt voneinander übernachtet? Nun ja, Freddy musste reisen. Er hatte geschäftlich in London zu tun gehabt und sich dort seine Anzüge anfertigen lassen – und mit Samantha getroffen? Bestimmt. Wahrscheinlich hatte sie Freddy mit dem Schneider bekannt gemacht, dessen Namen er nicht verraten wollte. Der Schneider hatte Samantha sicher für Freddys Ehefrau gehalten. Einige Male war Freddy vorübergehend aus Palm Beach nach New York zurückgekehrt. Ziemlich oft – besonders in den letzten Jahren. Hatte er

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