Inselglück
und ihn in seinem Nova. The best of times are when I’m alone with you. Sie versuchte, an Freddy zu denken, aber es gelang ihr nicht, sein Gesicht heraufzubeschwören. Also würde sie mit Toby nach oben gehen. Sie würde ihn wieder für sich haben, nur dieses eine Mal.
Sie eilten durchs Haus, die Treppe hoch. Alles war Meredith so vertraut, dass es ihrem Gefühl für Zeit und Ort Streiche spielte. Sie hatte den Tag im Jahr 2004 in Southampton begonnen, doch jetzt war es drei Uhr nachmittags, und sie befand sich im Villanova des Jahres 1978. Tobys Zimmer sah genauso aus wie früher – warum hatte Veronica es nicht zu einem Fitnessraum oder einem Arbeitszimmer umgestaltet wie jede andere Mutter mit leerem Nest? Da waren Tobys Lavalampe, sein Jimmy-Page-Poster, sein Wasserbett. Die Absätze von Merediths Stilettos verhedderten sich in dem Wollvorleger. Sie stolperte, und Toby fing sie auf, und irgendwie landeten sie beide auf dem Wasserbett, was Meredith in die Gegenwart zurückkatapultierte. Sie starrte an die Decke, wo noch die Spuren der Klebestreifen zu sehen waren, an denen Toby sein Farrah-Fawcett-Poster aufgehängt hatte.
Er begann erneut, sie zu küssen, doch sie sagte: »Hör auf, Toby. Ich kann nicht.«
»Was? Wieso nicht?«
Sie rollte sich auf die Seite, so dass sich die Matratze in Wellen bewegte, und schaute in seine grünen Augen. »Ich bin verheiratet, Toby.«
»Bitte, Meredith, bitte!« Er sah aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Sie streckte die Hand aus, um mit dem Daumen die erste Träne abzuwischen.
»Es tut mir leid, Toby«, sagte sie. »Ich kann nicht.«
Er betrachtete sie eine Sekunde lang, vielleicht um zu sehen, ob sie bluffte. Sie stemmte sich vom Bett hoch und glättete ihr Kleid.
»Das war’s also?«, wollte er wissen.
»Wir sollten umkehren. Deine Mutter wird heute beigesetzt.«
»Ist es der Mann, den du liebst?«, fragte Toby. »Oder das Geld?«
Meredith starrte ihn an.
»Sind es die Häuser? Ist es die Villa in Frankreich? Das riesige Boot? Ich habe es mal gesehen, weißt du, im Mittelmeer. Bei Saint Tropez.«
»Komm jetzt, Toby.«
»Bringt er dich zum Lachen?«
»Nein«, räumte Meredith ein. »Aber du bist im Moment auch nicht sehr witzig. Fahren wir zurück.«
»Ich fasse es nicht, dass du mir das antust.«
Meredith wandte sich zu ihm. »Was soll ich denn machen? Zulassen, dass du mich liebst, dass wieder Gefühle aufleben, und dabei wissen, dass du morgen abdüst nach … wohin? Wohin, Toby?«
»Nach Spanien. Am Dienstag.«
»Siehst du?«
»Du würdest ja nicht mitkommen, auch wenn ich dich darum bitte«, sagte er. »Weil du mit Geld verheiratet bist.«
Meredith schüttelte den Kopf. »Ich würde nicht mitkommen, weil du mich gar nicht darum bitten würdest.«
Auf dem Rückweg zur Kirche wirkte Toby sehr bedrückt, und Meredith bekam ein schlechtes Gewissen. Er hatte gerade seine Mutter verloren. Aber sie war auch wütend – aus vielen Gründen.
Connie und Wolf standen schon auf der Kirchentreppe, und Connie winkte Toby, er möge sich beeilen; sie sollten dem Sarg nach drinnen folgen. Sie wollte, dass auch Meredith sich ihnen anschloss, doch die zögerte. Sie gehörte nicht zur Familie. Connie musterte sie kritisch und fragte: »Seid ihr zwei irgendwo gewesen?«
Meredith küsste Connie auf die Wange und sagte: »Ich muss danach gleich weg. Tut mir leid, Con. Ich kann nicht bleiben zum … «
»Du kannst nicht bleiben?«
»Ich muss zurück«, bestätigte Meredith.
Und über Merediths Schulter hinweg sagte Toby: »Ja. Sie muss zurück.«
Jetzt lächelte Meredith Toby traurig an. »Bei der Beerdigung deiner Mutter … «
»Du hast das Richtige getan«, sagte er. »Damals.«
»Ja, das habe ich wohl. Damals.«
Meredith streckte eine Hand nach ihm aus, und er packte sie und führte sie an seinen Mund. Einander zugewandt, erhoben sie sich von ihren Stühlen, und Meredith dachte: Mein Gott, was tue ich? Und blitzartig war es wieder da, das gierige, hungrige Verlangen nach diesem Mann. Wusste Toby das? Spürte er es? Toby hob sie an den Hüften hoch, so dass ihr ganzer Körper seinen streifte. Er war stärker als Freddy; Meredith fühlte sich federleicht, nicht substanzieller als ein Wunsch oder eine Hoffnung. Als Freddy sie küsste, war sein Mund warm und buttrig, sanft zuerst, dann ungestüm. Sie wollte Ungestüm. Sie wollte Feuer.
Bevor die Bundespolizisten Freddy im letzten Dezember abführten, hatte sie ihm einen Abschiedskuss geben wollen, doch
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