Inselglück
Meredith einen Löffel voll zum Kosten. Dann kostete sie selbst.
Großartig. Die Suppe schmeckte frisch, süß und nach Kürbis. Deshalb durfte Meredith nicht einfach eine Dose aus dem Regal nehmen.
»Du musst mir versprechen, dass du das auch selbst ausprobierst«, sagte Connie. »Mit richtig gutem Gemüse.«
»Ich versuche es«, entgegnete Meredith. »Aber versprechen werde ich nichts. Wie könnte ich das?«
Abends aßen sie die Suppe mit einem knusprig aufgebackenen heißen Baguette mit schmelzender Butter und grünen Salat mit einer Vinaigrette, die Meredith als eine Art Abschlussprüfung selbst zubereitet hatte. Sie schmeckte genauso wie die von Connie, und Meredith war begeistert. Sie prosteten sich mit ihren Wassergläsern zu: Die Kochstunden waren erfolgreich gewesen. Meredith lernte schnell, und das war gut so, denn bald würde Dan nach Hause kommen und Connie anderweitig beschäftigt sein.
Mitten in der Nacht wachte Connie von einem Geräusch auf. Zuerst glaubte sie, es sei das Radio; vielleicht war sie während Delilahs Sendung eingeschlafen. Aber es war ein Klappern, das von unten kam, ein Klopfen.
Der Vandale, dachte sie. Seit Wochen, seit Tobys Ankunft, war nichts mehr vorgefallen, doch jetzt, ja – jemand war draußen. Connie schlüpfte aus dem Bett. Sie trug nur T-Shirt und Unterhose. Sie musste sich Shorts überziehen.
»Toby!«, rief sie. Der Mann schlief wie ein Toter. Vielleicht würde sie ihn mit kaltem Wasser bespritzen müssen, um ihn zu wecken.
Aber als sie in den Flur trat, standen Toby und Meredith schon an der Treppe.
»Draußen ist jemand«, sagte Connie.
»Ich kümmere mich darum«, versprach Toby.
»Es hört sich an, als ob jemand versucht reinzukommen«, sagte Meredith. »Wenn es nun Samantha ist, die mit mir sprechen will?«
»Ist das möglich?«, fragte Connie. Sicher war es möglich, aber auch wahrscheinlich? Es klang, als ob die betreffende Person klopfte und dann am Türknauf rüttelte. Wenn es nun Polizisten waren, die Meredith abholen wollten?
Toby knipste das Licht an. Connie spähte die Treppe hinunter auf die Uhr. Es war erst fünf nach elf.
»Wer ist da?«, wollte Toby wissen.
Connie und Meredith schlichen hintereinander die Stufen hinab, und Connie versuchte, durch die Seitenfenster etwas zu erkennen.
»Hiersashlan«, sagte eine gedämpfte Stimme.
»Es ist Ashlyn!«, rief Connie.
Toby schloss die Tür auf, und Connie hörte sich »Warte, warte!« ausrufen, denn zunächst musste der Sicherheitscode eingetippt werden, Ashlyns Geburtsdatum. Connies Finger arbeiteten automatisch, sie zitterte am ganzen Körper, als hätte sie Fieber, und dachte: Ist es wirklich Ashlyn? Kann das sein?
Und dann öffneten sie die Tür, und Connie sah: Da war ihr kleines Mädchen.
Connie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, und tat beides. Sie schluchzte hysterisch, aber das machte nichts, oder? Sie hielt ihre Tochter, ihre Tochter höchstpersönlich in den Armen. Auch Tobys Augen waren feucht, und Meredith – na ja, Connie erwartete keine Tränen von ihr und fand auch keine. Meredith lächelte und nickte und bewahrte genug Ruhe, um Ashlyn und ihr Gepäck ins Haus zu holen und den Taxifahrer zu bezahlen. Dann scheuchte sie alle in die Küche, und Connie setzte sich an den Tisch und forderte Ashlyn auf, sich ebenfalls zu setzen, wollte dabei aber nicht ihre Hand loslassen. Auf keinen Fall.
»Hast du Hunger, Ashlyn?«, fragte Meredith. »Möchtest du Kürbiscremesuppe? Sie ist selbstgemacht.«
Ashlyn schaute Meredith an, dann Toby, dann Connie und brach in Tränen aus.
»Was ist los, Schätzchen?«, fragte Connie. Ihr war klar, dass etwas Schreckliches passiert sein musste, denn um ihretwillen wäre Ashlyn nicht aus heiterem Himmel hier aufgekreuzt.
»Bridget und ich … « Ashlyn schnappte nach Luft. »Bridget und ich … «
»Ihr habt euch getrennt?«, fragte Connie.
Ashlyn nickte. »Diesmal endgültig«, jammerte sie und ließ ihren Kopf auf den Tisch sinken.
Oh nein. Ach du liebe Güte. Connie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie berührte Ashlyns Scheitel, die hellen Haare. »Oh Schatz, das tut mir leid.«
Irgendwann hob Ashlyn den Kopf. Ihre Nase war rot und lief. »Wir hatten uns Anfang des Sommers getrennt … «
»Als du schon einmal bei mir angerufen hast?«
»Ja«, bestätigte Ashlyn.
»Aber … ?«
»Aber dann sind wir wieder zusammengekommen, und ich hatte das Gefühl, ich könnte nicht mit dir darüber reden. Wegen des Vorfalls auf der
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