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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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Connie beteuert hatte, sie sei fest entschlossen, bis zu ihrem sechzehnten Geburtstag keusch zu bleiben. Connie redete ständig über ihr Liebesleben, und bisher hatte Meredith an den vermeintlich passenden Stellen genickt, ohne eine Ahnung zu haben, worüber Connie sprach, was sie aber nicht hatte zugeben wollen. Jetzt verstand sie plötzlich, worum es ging. Um Verlangen.
    Sie trocknete sich ab und zog ihre Shorts und ihr T-Shirt an, darüber ein Sweatshirt, denn es war kühl. Sie nahm sich ein paar Chips vom Tisch mit den Snacks, hielt sich jedoch fern von dem Zwiebeldip. Caleb Burns’ Mutter rief von nebenan, es sei Zeit für ihn, nach Hause zu kommen. Wendys Bruder Hank, der mit Toby befreundet war, wollte, dass Toby noch blieb und sich mit ihm in seinem Zimmer Led Zeppelin anhörte.
    Tobys Brust war nackt, und er hatte sich ein Handtuch um die Taille geschlungen. Meredith hatte Angst, ihn sich allzu genau anzusehen. Es verwirrte sie, dass sie plötzlich ein anderer Mensch geworden war.
    »Tut mir leid, Mann, ich muss los«, sagte Toby. Er und Hank verabschiedeten sich mit einem komplizierten Handschlag, den sie sich entweder von einer Fernsehserie abgeschaut oder an ihren Wochenenden in der South Street gelernt hatten. Meredith wusste, dass Toby zu Fuß nach Hause gehen würde – er wohnte ganz in der Nähe, sie einen knappen Kilometer weiter, kein schrecklich langer Weg, aber im Dunkeln auch nicht gerade angenehm. Merediths Eltern hatten wie immer gesagt: Ruf an, wenn wir dich abholen sollen . Doch wenn sie sich abholen ließ, würde sie eine entscheidende Gelegenheit verpassen.
    »Ich gehe auch«, sagte sie deshab zu Wendy und Nadine, die sich beide über die Schüssel mit den Chips hermachten.
    »Jetzt schon?«, fragte Wendy. Sie klang enttäuscht, aber das verwunderte Meredith nicht. Wendy hatte etwas von einer Klette; dauernd beäugte sie über den sprichwörtlichen Zaun hinweg die Freundschaft zwischen Meredith und Connie. »Wo ist Connie?«
    »Was glaubst du denn?«, bemerkte Nadine spöttisch. »Die konnte es doch gar nicht abwarten, mit Matt rumzumachen.«
    Wendys riss die Augen auf, und Meredith zuckte die Achseln. Wendy hatte eindeutig noch keine Bekanntschaft mit ihrer Sexualität gemacht, Nadine dagegen schon, in welcher Form auch immer. (Ein Mädchen? In dem Ferienlager in Michigan, in das sie immer fuhr?)
    Meredith küsste Wendy auf die Wangen wie eine Erwachsene, die eine Cocktailparty verlässt, und sagte: »Danke für die Einladung.«
    »Du gehst zu Fuß?« Jetzt klang Wendy besorgt. »Mein Dad würde dich bestimmt fahren.«
    »Nein, ich laufe.«
    »Ich kann ihn fragen.«
    »Ich komme schon klar«, sagte Meredith und eilte zum Gartentor. Toby schlenderte bereits über den Rasen in Richtung Straße. Er hatte nicht auf sie gewartet, und sie hatte es nicht geschafft, vor ihm zu gehen. Sie fragte sich, ob sie sich seine Erektion vielleicht eingebildet oder sich nur eingeredet hatte, dass sie ihr galt. Aber wenn nicht ihr, wem dann? Mit Sicherheit nicht der armseligen Wendy oder Nadine mit ihren massigen Schultern und dem Anflug eines Damenbartes. Meredith winkte den anderen Mädchen zu und trat auf die Robinhood Road, wobei sie versuchte, nonchalant zu wirken. Was für ein Getue! Sie wünschte sich, Toby wäre hinter ihr. So sah es aus, als jage sie ihn.
    Als sie drei Häuser von den Thurbers und vier Häuser von den O’Briens entfernt waren, drehte Toby sich um und tat so, als wäre er überrascht, Meredith zu sehen.
    »Hey«, rief er, aber irgendwie flüsternd.
    Sie fand keine Worte und winkte bloß. Ihr Haar war feucht, und als sie es anfasste, spürte sie, dass es noch Kammspuren aufwies. Die Laternen waren an, so dass auf Lichtpfützen dunkle Abgründe folgten. Auf der anderen Straßenseite führte ein Mann einen Golden Retriever aus. Es war Frank diStefano, der Dachdecker, ein Freund von Merediths Vater. Oh Mann. Doch er bemerkte sie nicht.
    Toby blieb an einer der dunklen Stellen stehen und wartete auf sie. Ihr Herz stolperte, als hätte es zwei linke Füße. Sie war aufgeregt, fast atemlos vor Angst. Irgendetwas würde zwischen ihr und Toby O’Brien vorfallen. Aber nein, unmöglich. Toby war unfassbar cool, ein guter Schüler und großartiger Sportler und ebenso schön wie Connie. Er hatte das attraktivste Mädchen von Radnor – Divinity Michaels – zur Freundin gehabt, und ihre Trennung kurz vor den Ferien, bei der Divinity gedroht hatte, sich umzubringen, so dass Psychologen und die

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