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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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Pool gelesen, war zum Meer gelaufen und mit den Jungen schwimmen gegangen; sie hatte sie beim Surfen beobachtet, mit ihnen Whiffleball gespielt. Sie hatte für den Hund die Frisbeescheibe geworfen, hatte im Garten Blumen gepflückt und ihrer Haushälterin Louisa Anweisungen gegeben. Sie hatte Leute zum Essen eingeladen und bei Nick & Toni’s einen Tisch reservieren lassen und sich um die Einzelheiten der diversen Benefizveranstaltungen gekümmert, die sie organisierte. Ihr Leben war abscheulich leicht, in mancher Hinsicht unter ihrer Würde gewesen. Hochintelligent und begabt, hatte ihr Vater immer gesagt. Und was hatte sie daraus gemacht?
    Verdammter Freddy, dachte sie (eintausenddrei). Sie versuchte, sich auf die Worte in ihrem Buch zu konzentrieren – es ging um eine Frau in einer Kleinstadt, die ermordet wurde – , aber Merediths Verstand protestierte. Ein Megafon in ihrem Kopf verkündete immer wieder lautstark ihre Ängste; es war der innere Soundtrack extremer Furcht. Vielleicht gab es Medikamente dagegen. Meredith fragte sich, ob Connie welche hatte. Sie wollte nicht schnüffeln, doch ein paar Minuten, nachdem Connie das Haus verlassen, tappte sie nach oben. Sie musste die Suite sehen.
    Die Tür war zu, und Meredith wäre nicht überrascht oder beleidigt gewesen, wenn Connie sie abgeschlossen hätte. Schließlich wohnte die Ehefrau des größten Ganoven aller Zeiten bei ihr. Doch sie war unverschlossen, und Meredith schlich durch die Räume. Das Schlafzimmer bot einen hinreißenden Blick auf den Ozean, und Meredith registrierte, dass die Bettwäsche von feinster Qualität war (obwohl sie wusste, dass so etwas wie Fadenzahl ihr eigentlich egal sein müsste). Die Kleiderschränke waren geräumig. Wolfs Schrank war vollkommen leer bis auf einige gepolsterte Bügel und einen dicken, wollenen Seemannspullover auf der Ablage. Meredith berührte ihn und merkte dann, dass sie irgendwie eine Grenze überschritten hatte. In Connies Schrank schaute sie nicht, obwohl sie es gern getan hätte – schon während der Schulzeit hatte Connie ein Gespür für Mode gehabt – , doch sie konnte nicht anders, als einen Blick ins Bad zu werfen, und dort sah sie die Arzneifläschchen, vier oder fünf. Sie war sicher, dass eins dieser Medikamente ihr helfen würde, und beäugte die braunen Flaschen eine ganze Weile, ehe sie sich zurückzog. Sie verließ die Suite und schloss die Tür hinter sich.
    Ob es wohl gut war, dass Connie sie in dieses wunderschöne Haus mitgenommen hatte, wo es nichts zu tun gab als nachzudenken? Wenn sie mit der Sorge ums tägliche Überleben beschäftigt wäre und Mülltonnen nach halb aufgegessenen Big Macs durchsuchen müsste, hätte sie dazu nicht viel Zeit.
    Und das wäre womöglich besser.
    Zurück auf der Terrasse, versuchte Meredith wieder zu lesen. Der Frau in ihrem Roman ging es schlechter als ihr; sie war im Wald ermordet worden. Der Mutter dieser Frau ging es auch schlechter. Aber dann wurde ihr klar, dass sie diese Mutter war. Wenn Leo ins Gefängnis musste, würde man ihn dort vergewaltigen, verprügeln und irgendwann umbringen. Dessen war sie sich sicher. Doch sie musste aufhören, daran zu denken. In ihrem Kopf gellte das Megafon. Fred war für immer in Butner. Meredith war hier. Wie war sie hier gelandet?
    Bevor Meredith die Highschool abschloss und nach Princeton ging, wo sie zwischen den Regalen des Campusbuchladens verhängnisvollerweise Freddy Delinn begegnete, hatte es in ihrem Leben eine unverrückbare Gewissheit gegeben, nämlich die, dass sie ihre Eltern liebte. Sie liebte ihre Mutter Deidre, aber besonders zugetan war sie ihrem Vater.
    Merediths Vater hieß Charles Robert Martin, doch alle nannten ihn Chick. Chick Martin war ein angesehener Anwalt in der in Philadelphia ansässigen Kanzlei Saul, Ewing, Remick und Saul; er arbeitete im 37. Stock des Hochhauses, das in der ganzen Stadt wegen der Claes-Oldenburg-Skulptur davor als »Wäscheklammer-Gebäude« bekannt war. Chick hatte sich auf das Gebiet der Arbitrage spezialisiert, und obwohl Meredith ihren Vater abgöttisch liebte, verstand sie nie genau, was Arbitrage war. (Fred hatte behauptet, sich damit auszukennen, doch bestimmt hatte er geblufft.) Ihr Vater erklärte ihr, er habe ganz spezifische Kenntisse über gewisse Steuergesetze, und seine Anwaltskollegen kämen mit den verzwicktesten Fragen zu ihm, die er nach stundenlangen Recherchen beantworten könne.
    Chick Martin hatte ein stattliches Einkommen. Die Martins

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