Inselkönig
Händchen.«
Ähnliches hatte Telse Nommensen berichtet, erinnerte
sich Christoph. »Wusste Nommensens Ehefrau von Ihrem Verhältnis?«
»Es war kein Verhältnis«, protestierte Inga Matzen.
»Wir haben uns geliebt. Natürlich hatte er es Telse gesagt. Schließlich wollte
er sie verlassen und mit mir eine neue Zukunft beginnen.«
»Das wäre für Sie beide ein Spießrutenlaufen auf der
Insel geworden«, gab Christoph zu bedenken.
Sie suchte in ihrer Hosentasche nach einem
Taschentuch, tupfte sich damit die Augen aus und schnäuzte sich, bevor sie
antwortete: »Wir wollten runter von der Insel, weg von Föhr.«
Christoph bemühte sich, seine Verblüffung zu
verbergen. »Nommensen wollte alles aufgeben, was er sich mühsam aufgebaut
hatte?«
»Ja. Jetzt sind Sie erstaunt? Er hat schon mit Volker
Innig und Matthias Raub gesprochen.«
»Das sind die Immobilienmakler?«, warf Christoph ein.
»Richtig. Die sind daran interessiert, hier einzusteigen.
Sie haben schon mit Thies verhandelt. Er hat ihnen ein gutes Angebot gemacht,
sodass es für die beiden nahezu ein Schnäppchen gewesen wäre.«
»Und was hat die Familie dazu gesagt?«
»Die haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt.«
Sie legte die Unterarme auf den Tisch und beugte sich den beiden Polizisten
entgegen. »Es gibt meines Wissens einen Ehevertrag. Danach kann Telse Nommensen
dem Verkauf des Unternehmens nicht widersprechen.«
Es wurde immer verwirrender, dachte Christoph. Die
Ehefrau hatte ihnen versichert, dass es kein Testament gebe und die gesetzliche
Erbfolge zum Tragen komme.
»Haben Sie das Dokument gesehen? Oder andere Papiere?«
Sie zeigte auf den Tresor in der Ecke. »Darum hat sich
Thies immer allein gekümmert. Ich glaube, die Unterlagen sind dort. Fragen Sie
Bengt Frederiksen doch einmal, warum er so begierig ist, an die Papiere zu
kommen. Er konnte die Sachen nicht schnell genug zusammenraffen. Hier«, jetzt
wies sie auf den aufgebrochenen Aktenschrank, »ist das normal?« Sie schob ihren
Stuhl zurück und stand auf. »Ich habe genug erzählt.« Sie wies mit dem
ausgestreckten Zeigefinger auf Christoph. »Den Rest müssen Sie selbst
herausbekommen.«
»Was wissen Sie über die Insolvenz von Frederiksen
senior?«, fragte Christoph.
»Dafür habe ich mich nicht interessiert. Ich kann mich
nur erinnern, dass die Pleite vor etwa vier Jahren für viel Wirbel auf Föhr
gesorgt hat.«
»Und danach hat sich seine Frau von ihm getrennt?«
Sie musterte Christoph wie einen Unwissenden.
»Das war genau umgekehrt. Erst hat Frederiksens Frau
ihn verlassen, danach ist sein Bauunternehmen den Bach hinunter.« Dann verließ
sie den Raum.
»Alles, was wir bisher gehört haben, macht die Sache
nur noch rätselhafter«, stellte Große Jäger fest. »Ich sehe noch keinen Ansatz
für ein Motiv. Geht es um Geld und Macht? Wollen Telse Nommensen und ihre
Tochter auch endlich an die Fleischtöpfe, die der Tote so hoch gehängt hat? Und
nun streiten sie sich auch noch untereinander, wer das Vermächtnis verwalten
darf? Oder hatte die Familie Angst, dass Nommensen alles aufgibt und sie leer
ausgehen, wie uns Inga Matzen weismachen wollte?«
Christoph trug seine Überlegungen hinsichtlich eines
gehörnten Ehemannes vor.
»Wir sollten auch recherchieren, ob Nommensen die
junge Inga Matzen einem anderen ausgespannt hat«, stimmte ihm der Oberkommissar
zu.
»Bleiben noch andere Fragen. Hatte Nommensen wirklich
nichts mit der Pleite des alten Frederiksen zu tun? Und warum bekundet Frerk
Hoogdaalen offen seine Freude über den Mord?« Große Jäger rieb sich die Hände.
»Da gilt es, noch viele spannende Fragen zu klären.«
»Zunächst müssen wir sie erst einmal stellen.«
»Okay.« Große Jäger stand auf. »Dann gehen wir noch
einmal zum Schwiegersohn.«
Bengt Frederiksen hatte sich immer noch hinter den
Aktenbergen eingegraben. Emsig arbeitete er die Papiere durch und blickte kaum
auf, als die beiden Polizisten zu ihm traten.
»Ist Ihre Arbeit so wichtig, dass Sie den Aktenschrank
im Büro Ihres Schwiegervaters aufbrechen mussten?«, fragte Christoph.
Der junge Mann blickte kaum auf. »Das war
erforderlich, weil die Geschäfte weiterlaufen müssen.«
»Hätte das nicht Zeit gehabt? Ihre Familie könnte in
diesen schweren Stunden Ihre Hilfe sicher gut brauchen. Außerdem scheint es mir
eine Frage der Pietät zu sein. Noch liegt der Leichnam im hiesigen Krankenhaus
und wartet auf die Überführung zur Rechtsmedizin.«
»Wenn der alte Narr
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