Inselkönig
im Tresor verschlossen sind.«
»Und wer hat dorthin Zugang?«, mischte sich Christoph
ein.
Frederiksen zuckte mit den Schultern und hob die Hände
wie zur Abwehr vor die Brust. »Ausschließlich Thies Nommensen.«
»Und Ihre Schwiegermutter? Wir hatten den Eindruck,
dass sie selbst daran interessiert wäre, sich um die geschäftlichen Belange zu
kümmern.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, entfuhr es Bengt
Frederiksen. »Das ist nicht ihre Welt.«
Sie wurden durch Thönnissen abgelenkt, der mit lauter
Stimme irgendjemanden am anderen Ende der Telefonleitung beschimpfte. »Ja, seid
ihr denn alle bekloppt?«
»Also bleiben nur Sie übrig? Sind Sie nicht zu jung
für so viel Verantwortung?«
Frederiksen unterließ es zu antworten.
Große Jäger beugte sich über den Schreibtisch. »Hat
Nommensen Sie gefördert, weil er ein schlechtes Gewissen hatte, weil er Ihren
Vater in die Insolvenz trieb?«
»Quatsch!« Die Antwort kam wie aus der Pistole
geschossen. Der junge Mann spielte mit der Ecke eines Schriftstücks und knickte
sie um, dass ein Eselsohr zurückblieb. Er versuchte vergeblich, es wieder zu
glätten. »Das ist etwas anderes. Das hat sich mein Vater selbst zuzuschreiben.
Die Fehler waren hausgemacht. Da hatte Thies nichts mit zu tun.«
»Nommensen hat aber bereitwillig die Beute
eingefahren«, bohrte Große Jäger nach.
»Wenn mein Schwiegervater nicht eingegriffen hätte, wäre
alles noch schlimmer gekommen.«
Christoph lehnte sich zurück und verschränkte die
Hände vor der Brust. »Dann erklären Sie es uns bitte.«
»Das kann ich nicht. Ich habe nie mit meinem Vater
darüber gesprochen.«
»Und Ihre Mutter?«
Bengt Frederiksen stutzte für einen Moment. »Lassen
Sie die aus dem Spiel«, sagte er mit überraschend scharfem Ton. Dabei stieg ihm
die Zornesröte ins Gesicht.
»Die hat Ihren Vater verlassen, als die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr stimmten«, mutmaßte Christoph.
»Die war schon vorher weg.«
»Wo lebt Ihre Mutter jetzt? Wenn Sie es uns nicht
sagen – wir bekommen es doch heraus.«
»In Gelnhausen«, sagte Frederiksen zögerlich. »Ich
höre selten etwas von ihr.«
»Hat sie sich dort ein neues Leben aufgebaut? Gibt es
einen neuen Mann?«
»Äh – äh«, erwiderte der junge Mann und schüttelte
kaum wahrnehmbar den Kopf. Dann wich sein Blick aus, und er stierte aus dem
Fenster, vor dem immer noch der Schneesturm tobte.
Für einen Moment war es still in dem großen Büro.
Selbst Thönnissen fluchte nicht. Leise drang das unterdrückte Wimmern der
jungen Frau, die den Beamten zuvor die Tür geöffnet hatte, an Christophs Ohr.
Er drehte sich um und sah sie an einem Schreibtisch sitzen, sich die Augen
tupfen und mit verschleiertem Blick zu den Beamten hinüberblinzeln.
»Wie heißt Ihre Kollegin?«, fragte Christoph.
»Das ist Inga Matzen.«
»Wann haben Sie Ihren Schwiegervater das letzte Mal
gesehen?«
»Vorgestern«, antwortete Bengt Frederiksen prompt.
»Und gestern mit ihm telefoniert?«
Der junge Mann schien eine Weile zu überlegen.
»Gestern?«, murmelte er halblaut vor sich hin. »Nein. Gestern habe ich nichts
von ihm gehört.«
»Kam das öfter vor, dass Sie keinen Kontakt zueinander
hatten?«
»Natürlich. Mein Schwiegervater hat sich nirgendwo
abgemeldet.«
»Womit beschäftigen Sie sich in diesem Unternehmen?«
»Projektentwicklung. Wir planen Wohn- und
Ferienanlagen, Gewerbeobjekte, kurzum, alles, was im weitesten Sinne mit Bauen
zu tun hat.«
»Nur die Planung?«
Er schüttelte den Kopf. »Auch die Finanzierung. Wir
kaufen Grundstücke, parzellieren sie, machen sie baureif, bebauen sie und
vermarkten das. Ach ja – auch die Erstellung, also das Bauen, liegt in unserer
Hand.«
»Und das geschieht von diesem Büro aus?«
»Nicht alles. Wir arbeiten mit einem großen
Immobilienmakler zusammen. Innig & Raub GmbH.«
»Hier auf Föhr?«
»Die sitzen in der Feldstraße, in der Nähe der Post.«
»Und Sie wollen uns weismachen, dass das alles
ausschließlich von Nommensen erledigt wurde?«, fragte Große Jäger.
»Herrje. Warum fragen Sie mich, wenn Sie mir nicht
glauben.«
Weil wir oft angelogen werden, dachte Christoph im
Stillen. Und hier auf Föhr scheinen sich viele in Schweigen zu hüllen, wenn wir
nach dem »Inselkönig« fragen.
»Wie war Ihr persönliches Verhältnis zu Ihrem
Schwiegervater? Wir haben kaum jemanden getroffen, der seinen Tod bedauert«,
sagte Christoph.
»Gut. Ich habe ihn als Vater meiner Frau
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