Inselkönig
Mit einem Gluckern kippte er
das Glas in einem Schluck hinunter.
»Nommensen hat sich gegen Ihre Idee des Naturschutzes
gestellt.«
»Purer Eigennutz. Wenn wir weiterhin dank Sponsoren
Land aufkaufen und es der allgemeinen Verschwendung entziehen, dann können
solche Hyänen wie Nommensen nicht mehr frei schalten und walten. Der Mann war
ein verblendeter Idiot.«
»Sagt man Ihnen das nicht auch nach?«
»Es gibt immer wieder Profiteure, die vergessen,
welchen Reichtum uns die Natur schenkt.«
Große Jäger griff sich den Mittelfinger. »Drittens: Trifft es zu, dass Nommensen darauf hingewirkt hat, dass man Ihnen nicht mehr
so großzügig Kredite für Ihre Vorhaben eingeräumt hat?«
»Der hat hinter den Kulissen intrigiert. Überall hatte
er seine schmutzigen Finger drin. Jetzt wollte er auch noch in die Politik
einsteigen, um direkten Einfluss nehmen zu können.«
»Viertens: Zu allem Überfluss hat sich Nommensen auch
noch an Ihre Tochter herangemacht. Trifft es Sie als Vater nicht besonders?
Oder konnten Sie davon ausgehen, dass es echte Liebe zwischen den beiden war
und Thies Nommensen eines Tages als Ihr Schwiegersohn vorstellig geworden
wäre?«
Jetzt war es endgültig mit der Fassung des Mannes
vorbei. »Dieses elendige Schwein. Der hat es wirklich gewagt, sich an meiner
Tochter zu vergreifen. Wenn ich den zu fassen bekommen hätte, dem hätte ich den
Hals umgedreht.« Matzen war aufgesprungen. Nichts hielt ihn mehr an seinem
Platz. Wutentbrannt lief er in der Küche auf und ab und schüttelte dabei
drohend die Faust. »Diese ganze Sippe sollte man …« Er ließ offen, was er der Familie
wünschte.
»Telse Nommensen kann doch nichts dafür«, gab Große
Jäger zu bedenken.
»Hören Sie mit der auf. Die hat alles geduldet, nur um
ihren warmen Platz an der Sonne nicht zu verlieren. Welche andere Frau hätte
sich so viel bieten lassen?«
»Und wenn Frau Nommensen gar nicht so dumm ist? Wenn
Sie hinter der Fassade der Dulderin ihre eigenen Fäden gesponnen hat?«
Matzen hielt in seiner Wanderung inne. »Das kann nicht
sein«, sagte er mit Entschiedenheit. »Hier auf der Insel bleibt nichts geheim.«
»Darum können Sie uns – fünftens – sagen, wen Thies
Nommensen angeblich vergewaltigt haben soll.«
»Die halbe Insel«, schimpfte Matzen. »Der hat jeder
Frau Gewalt angetan, die ihm begegnet ist.«
»War auch ein Mitglied Ihrer Familie darunter?«
»Was?« Matzen lief puterrot an. Plötzlich riss er eine
der Küchenschubladen auf, holte ein Schlüsselbund hervor und verschwand wortlos
aus der Küche. Die beiden Beamten hörten, wie in einem anderen Raum ein Schloss
betätigt wurde. Offenbar war der Mann so aufgebracht, dass es ihm nicht im
ersten Anlauf gelang, es zu öffnen. Jedenfalls hörten sie ihn unablässig
fluchen. Dann knallte es blechern. Kurz darauf stand er mit einem Gewehr im Arm
in der Tür.
»Hier«, schrie er. »Damit hätte ich ihn
fertiggemacht.«
Christoph besah sich das Gewehr aus der Distanz. »Sie
sind Jäger?«, fragte er beiläufig.
»Natürlich.«
»Wie verhält sich das mit Ihrem Einsatz für den
Naturschutz?«, wollte Große Jäger wissen.
»Das gehört zusammen. Wenn Sie sich einmal näher damit
beschäftigt hätten, würden Sie wissen, dass wir Jäger für die Hege zuständig
sind und es unser größtes Anliegen ist, das Gleichgewicht zu bewahren.«
»Und da schießen Sie manchmal Wildschweine ab?«
Matzen schien sich ein wenig gefangen zu haben. »Muss
ich auf solch eine Spitze eingehen?«, fragte er.
»Herr Matzen.« Christoph schlug einen bewusst ruhigen
Ton an. »Uns ist vorhin eine Frau in einem Geländewagen begegnet. Ist das Ihre
Frau?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Die Dame trat energisch auf. Das könnte zu Ihnen
passen.«
Matzen legte das Gewehr auf den Küchentisch und
achtete dabei darauf, dass der Lauf auf keine Person zeigte. Dann nahm er
wieder Platz. »Ohne meine Frau wäre das alles hier nicht zu schaffen.«
»Sie wirkt recht jung, fast wie Ingas Schwester.«
Die Spur eines Lächelns zeigte sich auf seinem
Gesicht. »Wenn die beiden nebeneinanderstehen, sieht man es meiner Frau nicht
an, dass sie Ingas leibliche Mutter ist.«
Christoph und Große Jäger wechselten einen raschen
Blick. Damit war die Frage auch beantwortet.
»Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, mit Bengt
Frederiksen ins Gespräch zu kommen, wenn er die Nachfolge seines
Schwiegervaters antritt«, sagte Christoph.
»Das halte ich für unwahrscheinlich, dass der
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