Inselkönig
›Wie‹ erkundigte, hat mich
meine Mutter am Ohr gezogen und gesagt, da müsste ich selbst drauf kommen.
Schließlich würde sie viel Steuern bezahlen, von denen mein Lebensunterhalt
finanziert wird.«
»Hilke hat mich angerufen«, steuerte Mommsen seinen
Beitrag bei. »Matthias Raub ist kein unbeschriebenes Blatt. Es liefen schon
einmal Ermittlungen gegen ihn, die aber im Sande verlaufen sind. Es ging um
unsaubere Geschäfte. Ich war überrascht zu hören, dass er eine Eidesstattliche
Versicherung abgelegt hat.«
»Uns hat er weismachen wollen, die Geschäfte würden
blendend laufen und die beiden Immobilienmakler würden im Geld schwimmen«,
sagte Große Jäger.
»Vom anderen, Volker Innig, ist nichts Negatives
bekannt. Der hat ein normales Einkommen und scheint auch danach zu leben,
während Raub gern das große Rad drehen möchte. Im letzten Jahr gab es eine
Auseinandersetzung im Golfclub. Raub hat zu viel geprahlt und wurde vom
zufällig anwesenden Nommensen in seine Schranken verwiesen. Das hat den Makler
Ansehen auf Föhr gekostet.«
»Was du alles herausgefunden hast«, lobte Große Jäger
Mommsen.
»Es gibt noch mehr Neuigkeiten. Ein Testament scheint
es wirklich nicht zu geben. So erben Telse Nommensen und ihre Tochter je zur
Hälfte. Außerdem gibt es mehrere Lebensversicherungen.«
»Mehrere?«, fragte Große Jäger.
»Die zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen
wurden. Die ersten mit geringeren Summen stammen aus den Anfangsjahren der Ehe.
Darin ist Telse Nommensen als Bezugsberechtigte genannt. Das ist nie widerrufen
worden. Später sind noch zwei weitere Versicherungen dazugekommen, die sich insgesamt
auf knapp vierhunderttausend Euro belaufen.«
»Das ist eine stattliche Summe«, stellte Christoph
fest.
»Für die Versicherungen gibt es keine
Bezugsberechtigten. Also gehören sie zum Erbe.«
»Gibt es keinen Hinweis darauf, dass Nommensen seiner
Geliebten etwas hinterlassen hat?«, fragte Große Jäger.
»Keinen einzigen«, bestätigte Mommsen. »Es muss aber
angemerkt werden, dass die Versicherungssummen bei Unfalltod verdoppelt
werden.«
»Das ist eine große Versuchung«, dachte Große Jäger
laut. »Für Telse Nommensen, für ihre Tochter und den Schwiegersohn. Der junge
Frederiksen könnte ohnehin in vielen Punkten der Nutznießer sein. Er ist den
ungeliebten Despoten an der Spitze des Unternehmens los, der sich nicht
gescheut hat, die Familie seiner Tochter in einer seinem Stand wenig
angemessenen Sozialwohnung hausen zu lassen. Und seiner Frau würde eine
erhebliche Menge Geld zufallen. Wenn die Mutter nicht alles durchbringt, was
kaum zu vermuten ist, dann würde die junge Frau Frederiksen auch noch große
Teile der zweiten Vermögenshälfte erben. Solche Aussichten lassen auch
vergessen, dass die Ehefrau depressiv ist.«
»Ich bin …«, begann Christoph. Ihm wurde aber durch
Große Jägers erhobene Hand Einhalt geboten.
»Und wenn die Depressionen daher rühren, dass Bente
Frederiksen von ihrem Vater vergewaltigt worden ist, besteht noch ein Fünkchen
Hoffnung, dass sich ihr Zustand bessert, nachdem der mögliche Peiniger ermordet
worden ist. Bengt Frederiksen wird uns eine Menge zu erklären haben.«
»Wir sollten die DNA -Analyse
abwarten«, versuchte Christoph die Euphorie des Oberkommissars zu bremsen.
»Da bin ich auch gespannt.« Große Jäger griff zum
Telefon.
Christoph verfolgte amüsiert, wie der Oberkommissar
Frau Doktor Braun, der Leiterin der naturwissenschaftlichen Kriminaltechnik
beim Landeskriminalamt in Kiel, zu erklären versuchte, dass DNA s per Kurier unterwegs seien und vom
Ergebnis der Analyse der Fortbestand des Universums, hilfsweise der nördlichen
Halbkugel abhing. Sein ganzes Bemühen war fruchtlos. Die Wissenschaftlerin
blieb hart.
»Die spinnt doch. Die glaubt, nur sie würde arbeiten«,
schimpfte Große Jäger. »Ständig dieses Gedröhn, wie viel sie zu tun hat. Die
soll sich einmal, nur einmal, bei diesen Temperaturen im Schnee an einem Tatort
wie der Vogelkoje umsehen, um zu begreifen, was echte Polizeiarbeit bedeutet.«
»Ist mir etwas entgangen?«, spottete Christoph. »Oder
war ich derjenige, der dort war, während du im gut geheizten Wagen durch
Nordfriesland gefahren bist?«
Der Oberkommissar hob sein Bein in die Höhe. »Dafür
habe ich eine volle Ladung eisigen Schnee in die Schuhe geschippt bekommen.«
Wie zur Bestätigung nieste er.
»Jetzt kannst du zur Kriminaltechnik wechseln«, sagte
Christoph. »Bei Klaus
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