Inselkönig
synchron.
»Und Sie hätten davon profitiert, dass Sie in der
Außendarstellung als erfolgreiche Unternehmer aufgetreten wären.«
Erneut beantworteten die beiden Immobilienmakler
Christophs Frage mit einem Nicken.
Unter diesen Umständen schieden die beiden Männer als
Täter aus, dachte Christoph, denn ein toter Thies Nommensen würde ihnen nicht
mehr dienlich sein.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit, setzte Christoph
seinen Gedanken fort. Nommensen hatte Matthias Raub das Mädchen ausgespannt.
»Wie war Ihr Verhältnis zu Inga Matzen?«, fragte er,
um seine Gedanken zu vervollständigen.
»Wir waren ein Paar.«
»Haben Sie gemeinsame Zukunftspläne geschmiedet?«
»Matthias hat gelitten«, mischte sich Volker Innig
ungefragt ein. »Für mich war klar, dass die beiden heiraten.«
Raubs Augenlider zuckten nervös. Er konnte nicht
verbergen, dass ihm der Zwischenruf seines Partners nicht behagte. »So weit war
es nicht«, versuchte er abzuwiegeln. Er sah zunächst Christoph, dann Große
Jäger an und versuchte, in ihren Gesichtern zu lesen, ob sein Einwand
erfolgreich war. Seinem Mienenspiel war zu entnehmen, dass sein Argument nicht
angekommen war.
Wenn es Raub gelungen wäre, in Matzens Hof
einzuheiraten, hätte sich seine desolate wirtschaftliche Lage schlagartig
verbessert, setzte Christoph seinen zuvor begonnenen Gedanken fort. Raub konnte
nicht wissen, dass Matzen inzwischen selbst finanzielle Probleme hatte. Aber es
gab noch einen anderen Aspekt.
»Wie war Ihr Verhältnis zu Ingas Vater?«, fragte
Christoph. Er registrierte, dass es in Raub arbeitete, weil der Makler den
Grund der Frage nicht zuordnen konnte.
»Wir sind gut miteinander ausgekommen. Es gab im
geschäftlichen Bereich unterschiedliche Interessen, weil wir Nommensens Objekte
vermarktet haben. Und der war bekanntlich ein Konkurrent von Reimer Matzen.«
»Wussten Matzen oder Inga von dem Treuhandvertrag?«
»Um Himmels willen«, warf Innig entsetzt ein.
Christoph sah Matthias Raub in die Augen. Der Makler
versuchte, dem Blick standzuhalten, schlug aber doch die Lider nieder.
Wenn Raub Reimer Matzen vorgeschlagen hatte, das Lager
zu wechseln und seine angeblichen Erfolge auf dem Gebiet der Objektvermarktung
in dessen Dienste zu stellen, musste nur noch Nommensen aus dem Weg geräumt
werden. Matzen wäre seinen Widersacher los, als Vater musste er nicht mit
ansehen, wie Nommensen sich an seine Tochter heranmachte, eventuell gab es noch
eine alte Rechnung, weil der Inselkönig sich an seiner Frau bedient hatte, und
Raub könnte gehofft haben, Inga Matzens Zuneigung zurückerobern zu können. Für
ihn wäre das zugleich eine Chance gewesen, auf eigenen Füßen zu stehen.
Christoph atmete tief durch und zog damit die
Aufmerksamkeit der anderen auf sich. Es gab in diesem Fall einfach zu viele
potenzielle Täter. Und jeder hatte gleich mehrere mögliche Motive.
ACHT
Die freundliche Pensionswirtin hatte zwei Tische
zusammengeschoben, an denen neben den drei Polizeibeamten und Anna auch noch
Große Jägers Mutter und deren Mitreisende Platz gefunden hatten.
»Wir haben gestern einen schönen Tag verlebt«, sagte
Anna und biss noch einmal von ihrer Brötchenhälfte ab.
»Sie haben eine reizende Frau. Das ist ein richtiges
Schmuckstück. Schade, da kann ich Ihnen nicht mehr in den Po kneifen«, erklärte
die Mutter des Oberkommissars. Sie blinzelte Mommsen an. »Haben Sie auch so
eine liebe Frau zu Hause?«
Mommsen nickte. »Ich lebe seit vielen Jahren in einer
glücklichen Partnerschaft.«
»Partnerschaft? So etwas gab es zu meiner Zeit nicht.
Warum heiraten Sie nicht einfach?«
»Wir werden über Ihre Anregungen nachdenken«, sagte
Mommsen höflich und umging die weitere Nachfrage, indem er sich entschuldigte
und zum Buffet ging.
»Wo ist eigentlich mein Sohn?«, stellte Frau Lütke
Westhues nach einer Weile fest. »Hatte er wieder Sondereinsätze?«
Christoph nickte mit vollem Mund. Das ersparte ihm zu
erklären, dass sie am Vorabend gemeinsam in Wyk zum Essen gewesen waren und
Große Jäger anschließend im Appartement dafür gesorgt hatte, dass nicht zu viel
von den gebunkerten Vorräten an alkoholischen Getränken den neuen Tag erleben
mussten.
Sie wurden durch den Oberkommissar abgelenkt, der den
Frühstücksraum betrat und sich die Augen rieb.
»Was ist hier los?«, fragte er statt einer Begrüßung.
»Findet die allgemeine Verbrüderung statt?« Dann wollte er am Tisch Platz
nehmen und zuckte zusammen, als ihn seine Mutter
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