Inselkönig
Jürgensen hat es auch so angefangen.«
Im gemütlichen Haus in der winterlichen Feldstraße
brannte Licht. Wie bei ihrem ersten Besuch öffnete Volker Innig.
»Guten Abend«, grüßte er und bat Christoph und Große
Jäger ins Haus. Er führte sie in das Besprechungszimmer. »Ich hole meinen
Partner«, sagte er und ergänzte beim Hinausgehen: »Ich vermute, dass die Herren
den gleichen Getränkewunsch wie das letzte Mal haben.« Ohne die Antwort
abzuwarten, verschwand er im Hausflur.
»Ein Auswärtiger«, stellte Große Jäger fest. »Deshalb
kann der seine Objekte auch nur an Fremde verkaufen.«
Christoph sah den Oberkommissar fragend an.
»Er hat ›Guten Abend‹ gesagt. Ein Einheimischer hätte
uns mit ›Moin‹ begrüßt.«
Auch Matthias Raub begrüßte die beiden Polizisten mit
»Guten Abend« und gab jedem die Hand. Er ließ sich gegenüber den Beamten
nieder. »Mein Partner kommt gleich mit den Getränken. Womit können wir Ihnen
behilflich sein?«
»Sie haben uns bei unserem letzten Besuch erklärt, wie
tüchtig Sie sind und wie gut die Geschäfte laufen«, sagte Christoph.
Raub bemühte sich, erstaunt zu wirken, konnte aber
nicht verbergen, dass es erschrocken aussah. Er lachte gekünstelt auf. »Das hat
sich seit gestern nicht geändert.«
»Kann man Sie als zufrieden mit Ihren wirtschaftlichen
Verhältnissen bezeichnen?«
»Ein guter Kaufmann trachtet stets danach, noch
bessere Geschäfte zu machen. Wenn man satt ist, bedeutet das den Untergang.«
»Da verfügen Sie über einschlägige Erfahrungen«,
platzte Große Jäger in das Gespräch.
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen.« Matthias
Raub sah über die Schulter, als fürchtete er, Volker Innig könne vorzeitig
zurückkehren und dem unangenehm werdenden Gespräch beiwohnen. Das war weder
Christoph noch Große Jäger verborgen geblieben.
»Weiß Herr Innig nichts von Ihrer Eidesstattlichen
Versicherung? Sie sind zahlungsunfähig, und Ihre Gläubiger jagen Ihnen jeden
Cent ab, der über dem Satz für den Eigenbedarf liegt. Sieht so ein
erfolgreicher Geschäftsmann aus?« Christoph hatte bei seiner Ausführung betont
leise gesprochen, sodass Raub sich vorbeugen und konzentrieren musste.
»Als Beamter verstehen Sie es sicher nicht, wenn Sie
von anderen abhängig sind. Schön, mir sind Schecks geplatzt, aber nur, weil
mich Geschäftspartner hängen ließen. Ich war der Dumme. Man hat meine
Rechnungen nicht bezahlt, aber das Finanzamt zeigt wenig Interesse für die Nöte
der Steuerzahler. So sollte ich Steuern von Geldern bezahlen, die ich selbst
nicht erhalten hatte. Und plötzlich hängt man zwischen Baum und Borke.«
Inzwischen war Volker Innig zurückgekehrt und hatte
die mitgebrachten Getränke verteilt.
»Ich habe den beiden Herren von meinen
wirtschaftlichen Problemen früherer Jahre berichtet«, setzte Raub seinen
Geschäftspartner ins Bild.
»Mir ist alles bekannt«, bestätigte Innig. »Zwischen
uns gibt es keine Geheimnisse. Die Partnerschaft funktioniert einwandfrei. Die
geschäftliche«, bekräftigte er, nachdem ihn ein fragender Blick Große Jägers
streifte.
»Sie fungieren nur als Strohmänner«, warf Christoph
den beiden Maklern vor.
Die beiden Geschäftsleute schwiegen betreten.
»Warum haben Sie uns im Unklaren gelassen, als wir Sie
das letzte Mal befragt haben?«
Volker Innig räusperte sich. »Wer gibt schon gern zu,
dass es hinter der Fassade anders aussieht. Wir sind tüchtig, und wir haben
etwas bewegt. Aber uns fehlen die Kontakte, die Nommensen hat. Und das Kapital.
Wer gewährt Einsteigern in der heutigen Zeit einen Blankokredit? Keine Bank.
Und mit dieser Konstellation, ich meine, mit dem Treuhandvertrag, war allen gedient.«
»Haben Sie gemeinsam mit Nommensen darüber
nachgedacht, dass er formell sein Unternehmen an Sie verkaufen könnte und
hinter den Kulissen über einen Treuhandvertrag weiter Eigentümer bleibt?«
Matthias Raub nickte. »Wir haben das Thema einmal
gestreift. Konkret ist aber noch nichts verhandelt worden.«
»Wenn ich einmal laut denke, hätten Sie Thies
Nommensens Geschäfte zu einem Spottpreis übernommen. Das wäre das gewesen, was
er gegenüber seiner Familie und dem Finanzamt hätte offenbaren müssen. Nommensen
hätte seinen eigenen Betrieb gekauft, keiner hätte gewusst, dass er ihm immer
noch gehört. Und wenn der Mann sich abgesetzt hätte, wären ihm über den Umweg
des Treuhandvertrages die Gewinne weiter zugeflossen.«
Matthias Raub und Volker Innig nickten
Weitere Kostenlose Bücher