Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
Vom Netzwerk:
Inselliebhaber hatte auf seinem Grundstück
eine Ratte gesichtet. Und nun befürchtete er, sie könnte sich rattenhaft vermehren.
Daraufhin wurde von Amts wegen eine Vergiftungsaktion auf der gesamten Insel gestartet.
Leider erwischte es den Yorkshire-Terrier einer Reedersgattin, die in Kampen ihr
Ferienhaus hatte. Über den Verlust ihres Lieblings war sie natürlich sehr ungehalten.
Die Reederei ihres Gatten wurde von Rendsburg aus geleitet, hatte aber ihren nominellen
Geschäftssitz in Kampen. Der Vorteil dieser Aufteilung lag darin, dass in Kampen
die Steuern aus dem Unternehmen fällig wurden. Die waren hoch genug, um der Gattin
einen erheblichen Einfluss auf die Gemeindepolitik zu sichern. Sie nutzte ihn geschickt.
Ihr ist es zu verdanken, dass in Kampen nur unter Reet gebaut werden darf. In diesem
Fall setzte sie durch, dass Strychnin als Rattenbekämpfungsmittel von der Insel
verbannt wurde. Dieses Verbot gilt noch heute. Die Apotheken entsorgten freiwillig-unfreiwillig
ihre Bestände an Strychnin. Seitdem ist das Thema Strychnin tot. Ich glaube, auch
anderswo ist man von diesem Gift abgekommen.« Die Apothekerin hatte ihre Geschichte
beendet und schwieg nachdenklich.
    »Das ist rund 40 Jahre her. Eine lange Zeit
und eine schöne Geschichte«, sinnierte Jung laut vor sich hin.
    »Noch eins möchte ich wissen: Der Kurierdienst,
hatte er Möglichkeiten, die Medikamente zu manipulieren?«
    »Ich beliefere mehrere Kunden in Kampen per
Kurier. Ich stelle jede Charge persönlich zusammen. Dann wird sie in einen stabilen
Plastikbeutel verschweißt und versiegelt. Dem Beutel wird ein Zettel beigelegt mit
dem Namen des Empfängers und einer Aufstellung der verschickten Medikamente. Der
Patient kann anhand dieses Beipackdokumentes die Richtigkeit und Vollständigkeit
der Sendung kontrollieren. Eine versteckte Manipulation ist meiner Meinung nach
nicht möglich. Im Übrigen lege ich für meine Mitarbeiter die Hand ins Feuer. Sie
sind alle schon weit über zehn Jahre bei mir.«
    »Ja, so weit waren die Kollegen vor mir auch
schon. Irgendwoher musste es doch kommen. Haben Sie eine Idee, wie das gegangen
sein könnte?«, fragte Jung frustriert.
    »Ich habe mir darüber lange den Kopf zerbrochen.
Aber mir ist dazu nichts eingefallen, ich weiß es wirklich nicht. Es muss mehr oder
weniger ein Zufall gewesen sein. Vielleicht ist es von weit her mitgebracht worden.«
    »Man findet doch nicht zufällig Strychnin.
Und soweit wir wissen, hatte sie in der fraglichen Zeit auch keinen Besuch von den
Heiligen Drei Königen aus dem Morgenland«, seufzte Jung resigniert. »Diese Ungereimtheiten
verhindern, dass wir den Fall abschließen können, verstehen Sie? Ich danke Ihnen
trotzdem für Ihre Hilfe.«
    »Gern geschehen. Wenn Sie das Rätsel gelöst
haben, teilen Sie mir das Ergebnis mit? Es interessiert mich.«
    Jung seufzte innerlich auf. Noch jemand, der
über das Ergebnis seiner Arbeit informiert werden wollte.
    Zufall, Unfall, typische Geschichten, Rätsel.
Was sollte er daraus für Schlüsse ziehen? Jung verabschiedete sich höflich von der
sympathischen Apothekerin und machte sich auf den Weg zu seiner Verabredung mit
Helga Bongard.

Der Hausmeister
     
    Er betrat ein plüschiges, um wienerischen Charme bemühtes Kaffeehaus.
Es war restlos gefüllt, zu 90 Prozent von Frauen aller Altersklassen und frei von
jedwedem Dresscode. Ungehemmte Redelust, Geschirr- und Besteckgeklapper erfüllten
den Raum. Die Atmosphäre war von der Art, dass Männer ihre Frauen nur mit der Anrede
›Was wünscht die Dame?‹ anzusprechen sich erlaubten. Die zahlreichen, ausschließlich
weiblichen Bedienungen waren ohne Pause und in harter Arbeit unterwegs. Dennoch
zeichnete die Frauen eine besondere Freundlichkeit aus, die auf dicken Sohlen und
mit vitaler Körperlichkeit daherkam. Bei Bedarf stellten die Damen mühelos Ruhe
und Ordnung her.
    Jung setzte sich an einen frei gewordenen Tisch
und wartete. Die Zeit verstrich. Schließlich bestellte er bei der freundlichen beleibten
Bedienung eine Tasse Kaffee und ein Stück Obstkuchen mit Schlagsahne. Der Kuchen
und der Kaffee schmeckten ihm. Die Frische und das Aroma der Schlagsahne glaubte
er zuletzt in seiner frühen Jugend so gekostet zu haben. Er war begeistert.
    Jung blickte wiederholt auf seine Armbanduhr.
Er stellte fest, dass nun schon mehr als eine halbe Stunde über den vereinbarten
Termin hinaus verstrichen war. Er spürte Ärger in sich aufkommen. Er beglich bei
der rundlichen Bedienung seine

Weitere Kostenlose Bücher