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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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gerührt.
    »Ich glaube, ich habe das Schlimmste überstanden.
Ich habe Appetit. Wie spät ist es?«, fragte er.
    »Es ist Mittag. Ich hoffe, Sie mögen Meeresfrüchte
mit gebratenen Nudeln. Das schien mir leicht und nahrhaft und gleichzeitig schmackhaft,
einfach richtig in Ihrem Zustand. Was meinen Sie?«
    »Danke, sehr gut. Sehr aufmerksam von Ihnen.«
    »Ich stell es auf den Tisch und geh dann auch
gleich wieder. Kann ich noch etwas für Sie tun?«
    »Danke nein, meine Krankenschwester kümmert
sich schon ums Nötigste.«
    »Ihre Krankenschwester?«, fragte sie erstaunt.
    »Ja, die Apothekerin aus der Strandstraße.
Sie verarztet mich.«
    »Dann sind Sie in guten Händen. Ich geh wieder.
Und guten Appetit.«
    Sie beeilte sich, das Apartment zu verlassen.
    »Hat der kauzige Doktor schon etwas rausgefunden?«,
krächzte er ihr hinterher. Sie drehte sich um.
    »Ihre Kollegen waren lange auf dem Grundstück.
Dann sind sie mitsamt den Säcken abgefahren. Man hat mich befragt. Aber ich konnte
nichts zu dem grausigen Fund sagen. Der Doktor auch nicht. Er muss sich das zu Hause
ansehen. Bisher war er nur in der Lage, den Fund zweier verwester Leichen festzustellen,
mehr nicht.«
    »Zwei Leichen?«, rief er mit plötzlich erwachter
Stimme. »Mein Gott, warum sagen Sie mir das erst jetzt? Ich muss ihn anrufen.«
    »Rufen Sie erst einmal Ihre Frau an. Sie macht
sich vielleicht Sorgen. Essen Sie. Das bringt Sie nach vorne. Bis bald.«
    Karin Mendel ging zur Tür und verschwand, wie
sie gekommen war. Sie hatte von zwei Leichen gesprochen. Sie hatte nichts zu seinem
Aussehen gesagt. Woher wusste sie, dass er verheiratet war?
    Er fiel zurück ins Kopfkissen und wäre sicher
seiner Müdigkeit erlegen, wenn ihn sein Appetit nicht zum Essen getragen hätte.
Danach fühlte er sich besser, aber müder als vorher. Er trank Wasser mit Zink und
Paracetamol. Die Müdigkeit trieb ihn zurück in sein Bett. Nach wenigen Minuten war
er eingeschlafen.
    Am Nachmittag riss ihn ein Klingeln an der
Wohnungstür aus dem Schlaf. Die Apothekerin brachte ihm Saft und ein paar Stücke
Obst. Sie äußerte sich zufrieden über seinen Zustand, riet ihm aber dringend, weiterhin
das Bett zu hüten. Morgen käme sie erneut, um nach ihm zu sehen. Anschließend verabschiedete
sie sich und verließ ihn wieder.
    Jung war jetzt wach. Er erinnerte sich an Karin
Mendels Ermahnung, seine Frau anzurufen. Als er das Handy in die Hand nahm, klingelte
es. Auf dem Display las er ›Holtgreve‹. Gemischte Gefühle beschlichen ihn. Er nahm
trotzdem das Gespräch entgegen.
    »Jung.«
    »Holtgreve hier. Wo stecken Sie?«, fragte er
barsch.
    »Im Bett.«
    »Mit wem?«
    Holtgreve stellte wiederholt unter Beweis,
wie gut er seine Schützlinge kannte und was ihm so im Kopf herumschwirrte.
    »Mit der Grippe.«
    »Lassen Sie die Witze. Das passt nicht zu Ihnen.
Mir liegt keine Krankmeldung vor.«
    »Jetzt liegt sie Ihnen vor.«
    »Was ist da drüben eigentlich los?«
    »Das möchte ich auch gerne wissen.«
    »Mann, werden Sie nicht pampig. Kiel sitzt
mir im Nacken und will …«
    Das Wort ›Kiel‹ ließ Jung zusammenzucken. Er
drückte den Unterbrecherknopf auf seinem Handy. Offensichtlich hatten Endert und
die Spurensicherung Holtgreve noch nicht von den ersten Ergebnissen ihrer Arbeit
unterrichtet. Sonst hätte er nicht angerufen. Jung musste dringend an Informationen
kommen. Er rief zuerst Endert an.
    »Endert.«
    »Jung hier, guten Tag.«
    »Ah, das kranke Huhn. Ich war gerade auf der
Suche nach Ihrer Handynummer. Nun kommen Sie mir zuvor.«
    »Ich fiebere nicht nur körperlich, sondern
auch nach Informationen.«
    »Da haben Sie mir eine hübsche Arbeit zukommen
lassen. Ich will Sie nicht mit den Einzelheiten der äußerst erbaulichen Ästhetik
zweier verwester Leichen erfreuen, selbst wenn oder gerade weil sie noch in ihren
Kleidern steckten. Hier die ersten groben Fakten. Es handelt sich um die Leichen
zweier Frauen. Ihre Identität scheint gesichert, weil sie ihre Ausweispapiere und
persönlichen Sachen bei sich trugen. Die in den Ausweispapieren angegebenen Körpergrößen
passen. Für einen Gebissvergleich suchen wir noch die Zahnärzte. Genaueres weiß
die Spurensicherung.«
    »Wie lange liegen sie in den Säcken?«
    »Schwer zu sagen. Aber gewiss länger als ein
halbes Jahr.«
    »Haben Sie schon die Todesursachen?«
    »Bei der einen Leiche bin ich sicher. Raten
Sie mal, woran die gestorben ist.«
    »Keine Ahnung. Machen Sie es nicht so spannend,
das ertrage ich noch

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