Inseln im All -: Roman (German Edition)
wurde in höchster Eile sortiert. Dann löste sich die Versammlung wieder auf; jeder presste seine Briefe eifersüchtig an sich, oder einer, der leer ausgegangen war, sagte:
»Nun ja, ich habe diesmal ohnehin nichts erwartet …«
Der Glückliche, der ein Paket erhielt, hatte gewöhnlich nicht lange Gelegenheit, sich des Inhalts allein zu erfreuen. Weltraumpost ist eine kostbare Angelegenheit, und ein Paket brachte meist einen oder zwei jener kleinen Luxusartikel, die normalerweise auf der Station nicht zu haben waren.
Ich war erstaunt, als ich gleich mit der ersten Postrakete eine ganze Menge Briefe bekam – die meisten von Leuten, die mir völlig fremd waren. Die Mehrzahl stammte von Jungens in meinem Alter, die von mir gehört oder mich vielleicht auch im Fernsehen gesehen hatten und die nun von mir etwas über das Leben in einer Raumstation erfahren wollten. Wenn ich sie alle beantwortet hätte, dann wäre bestimmt für nichts anderes mehr Zeit geblieben. Und außerdem konnte ich es mir gar nicht leisten, mich für alle Briefe auch nur kurz zu bedanken, selbst wenn ich die Zeit dazu gehabt hätte; das Porto hätte mein ganzes Bargeld verschlungen.
Ich fragte Tim um Rat. Er schaute sich ein paar der Briefe an und erwiderte dann:
»Es hört sich vielleicht zynisch an, wenn ich das sage – aber ich glaube, die meisten sind nur hinter Raumpostmarken her. Wenn du wirklich das Gefühl hast, du müsstest dich unbedingt für alle bedanken, dann warte damit, bis du wieder auf der Erde bist; das kommt viel billiger.«
Das tat ich dann später auch – aber ich glaube, eine Menge Leute werden darüber sehr enttäuscht gewesen sein.
Es war auch ein Paket von zu Hause dabei – mit Süßigkeiten und einem Brief von Mutter, in dem sie mir schrieb, ich sollte mich zum Schutz gegen die »Weltraumkälte« nur immer recht warm anziehen. Von dem Brief erzählte ich den anderen natürlich nichts, aber der übrige Inhalt des Paketes verhalf mir ein paar Tage lang zu großer Beliebtheit.
Es wird wohl nicht viele Leute auf der Erde geben, die nicht wenigstens einmal die Fernsehserie »Dan Drummond, Weltraumdetektiv« gesehen haben. Die meisten haben sicherlich das eine oder das andere Mal erlebt, wie Dan Drummond interplanetarische Schmuggler oder Verbrecher aufspürte, oder sie haben seine nie endenden Kämpfe mit dem Schwarzen Jarvis verfolgt, dem teuflischsten aller Raumpiraten.
Als ich zur Station kam, stellte ich mit großer Überraschung fest, wie beliebt Dan Drummond bei der Besatzung war. Wenn die Männer gerade dienstfrei hatten – oder oft sogar nicht einmal nur dann –, waren sie immer bemüht, sich keine dieser Abenteuersendungen entgehen zu lassen. Natürlich taten sie immer so, als schalteten sie die Sendung nur ein, um darüber zu lachen, aber so ganz stimmte das doch nicht. Erstens einmal war »Dan Drummond« nicht halb so lächerlich wie viele der anderen Fernsehserien. In technischer Hinsicht war die Sache sogar recht gut gemacht, und die Produzenten ließen sich offensichtlich von Fachleuten beraten – selbst wenn sie diesen Rat dann nicht immer befolgten. Die Vermutung lag nahe, dass jemand von der Station bei der Abfassung der Manuskripte mithalf, obwohl das bis jetzt noch niemand beweisen konnte. Selbst Doyle war schon verdächtigt worden; es ist allerdings höchst unwahrscheinlich, dass irgendjemand es einmal wagen würde, diesen Verdacht ihm gegenüber auszusprechen.
Wir alle waren besonders an dem augenblicklich laufenden Abenteuer von Dan Drummond interessiert, weil darin eine Raumstation vorkam, die um die Venus kreiste. In dem Raubkreuzer des Schwarzen Jarvis, der »Queen of Night«, wurde der Treibstoff knapp, und deshalb beabsichtigten die Piraten, die Station zu überfallen und dort ihre Tanks wieder aufzufüllen; wenn sie dabei auch noch andere Beute machen und ein paar Geiseln mitnehmen könnten – umso besser. Die letzte Fortsetzung hatte damit geendet, dass der pechschwarz angestrichene Kreuzer der Piraten sich gerade der nichtsahnenden Station näherte, und wir waren alle gespannt, was nun weiter geschehen würde.
Natürlich hatte es nie so etwas wie Piratentum im Weltraum gegeben; da ja niemand – außer vielleicht einem millionenschweren Konzern – es sich leisten kann, Raumschiffe zu bauen und sie mit dem nötigen Treibstoff zu versorgen, war es rätselhaft, wie der Schwarze Jarvis eigentlich auf seine Kosten kommen sollte. Diese Überlegungen verdarben uns jedoch in keiner
Weitere Kostenlose Bücher