Inseln im All -: Roman (German Edition)
Schwerelosigkeit erst einmal in einer bestimmten Richtung davonsegelt, dann kann man nicht mehr anhalten, bis man irgendwo wieder anprallt. Ron erwartete deshalb, dass er mich an der Decke treffen würde; er rechnete jedenfalls nicht damit, dass ich nur die halbe Strecke bis dorthin zurücklegen würde. Aber gerade das tat ich; denn mein linker Fuß steckte in einer Seilschlinge, die ich vorher am Fußboden befestigt hatte. Ich hatte vielleicht zwei Meter zurückgelegt, als ich plötzlich anhielt und mich dann durch einen Ruck an der Seilschlinge nach unten zurückriss. Ron konnte nichts anderes tun, als einfach weiterzusegeln. Er war so überrascht, als er mich zurückschweben sah, dass er sich während seines Fluges umdrehte, um zu beobachten, was geschehen war – und deshalb prallte er ziemlich unsanft mit dem Kopf gegen die Decke. Er hatte sich davon noch nicht ganz erholt, als ich mich von neuem emporschleuderte – aber diesmal hing ich nicht mehr an dem Seil. Ron kämpfte immer noch ganz außer Fassung, als ich wie ein Meteor angesaust kam. Er konnte mir nicht mehr ausweichen, und ich prallte so heftig auf ihn, dass er fast die Besinnung verlor. Es war leicht, ihn bis fünf niederzuhalten; tatsächlich kam Norman beim Zählen sogar bis zehn, bevor Ron sich überhaupt wieder zu rühren begann, und ich machte mir schon Sorgen um ihn.
Vielleicht war es kein sehr ruhmvoller Sieg, und einige von den anderen fanden, ich hätte gemogelt. Aber immerhin gab es in den Kampfregeln nichts, was gegen meine Methode sprach.
Natürlich konnte ich den Trick nicht noch ein zweites Mal anwenden, und Ron zahlte es mir das nächste Mal heim. Aber schließlich war er ja wirklich anderthalb Jahre älter als ich.
Andere von unseren Spielen waren nicht so gewalttätig. Wir spielten ziemlich oft Schach – mit magnetischen Figuren –, aber da ich kein besonders guter Spieler bin, machte mir das nur wenig Spaß. So ziemlich das einzige Spiel, bei dem ich immer gewinnen konnte, war das »Wettschwimmen« – natürlich nicht im Wasser, sondern in der Luft.
Das war allerdings so anstrengend, dass wir es nicht sehr oft taten. Man brauchte dazu einen einigermaßen großen Raum. Die Mitbewerber schwebten beim Start in einer Linie nebeneinander – weit entfernt von jeder Wand. Der Sinn des Spieles war, ans Ziel zu gelangen, indem man sich mit heftigen Armbewegungen durch die Luft vorwärtszog. Es war fast wie das Schwimmen im Wasser, aber viel ermüdender und langsamer. Aus irgendeinem Grunde war ich dabei viel besser als die anderen, was mich eigentlich wunderte; denn beim normalen Schwimmen war ich durchaus nicht sehr gut.
Es war aber nun nicht etwa so, dass wir unsere ganze Zeit in der »Morning Star« verbrachten. In einer Raumstation gibt es für jedermann Arbeit genug, und vielleicht wird die Freizeit gerade deshalb umso intensiver genossen. Im Übrigen hatten wir aus einem ganz anderen Grund, der wohl wenig bekannt ist, mehr Gelegenheit, uns zu amüsieren, als man meinen möchte: wir brauchten nämlich nur sehr wenig Schlaf. Das ist eine der angenehmen Auswirkungen der Schwerelosigkeit. Ich glaube nicht, dass ich während der ganzen Zeit, die ich dort draußen im Weltraum war, mehr als vier Stunden hintereinander geschlafen habe.
Ich ließ es mir im Übrigen sehr angelegen sein, niemals einen der Vorträge von Kommandant Doyle zu versäumen, selbst wenn ich manchmal etwas anderes lieber getan hätte. Tim hatte mich taktvoll darauf hingewiesen, dass es einen guten Eindruck machen würde, wenn ich immer da wäre – und außerdem war der Kommandant auch ein sehr guter Redner. Seinen Vortrag über Meteore werde ich bestimmt zeit meines Lebens nicht mehr vergessen.
Eigentlich ist das ziemlich seltsam; denn ich war vorher überzeugt gewesen, dass dieser Vortrag eine ziemlich langweilige Sache werden würde. Der Anfang war durchaus interessant, aber dann versandete der Vortrag bald in trockenen Statistiken und grafischen Darstellungen. Jedermann weiß ja, was Meteore sind: Materieteilchen, die durch den Raum fliegen und infolge der Reibung verglühen, wenn sie in die irdische Atmosphäre eindringen. Zum weitaus größten Teil sind sie kleiner als ein Sandkorn, aber gelegentlich tauchen auch größere, mehrere Pfund schwere Brocken auf. Und in sehr seltenen Fällen fallen mit ungeheurer Wucht Riesenmeteore auf die Erde herab, die hundert oder sogar tausend Tonnen schwer sind, und sie können beträchtlichen Schaden anrichten.
In der
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