Inseln im All -: Roman (German Edition)
Frühzeit der Weltraumfahrt haben sich viele Leute wegen dieser Meteore große Sorgen gemacht. Sie haben sich einfach nicht vorstellen können, wie unendlich groß dieser Weltraum ist, und sie haben geglaubt, sie würden gleichsam ein Maschinengewehrfeuer von Meteoren erleben, wenn sie erst einmal die schützende Lufthülle der Erde verließen. Inzwischen sind wir klüger geworden. Meteore bedeuten im Allgemeinen keine ernsthafte Gefahr; allerdings durchlöchert ab und zu ein kleiner Meteorit die Hülle einer Station oder eines Schiffes, und dagegen muss man natürlich Schutzmaßnahmen ergreifen.
Während Kommandant Doyle über Meteorschwärme sprach und die Tafel mit Zahlen bedeckte, aus denen hervorging, wie wenig feste Materie sich tatsächlich im Raum zwischen den Planeten befindet, schweiften meine Gedanken weit ab. Ich wurde erst wieder aufmerksam, als er zu erklären begann, was geschehen würde, wenn uns wirklich einmal ein Meteor treffen sollte.
»Ihr dürft nicht vergessen«, sagte er, »dass sich ein Meteor wegen seiner extrem hohen Geschwindigkeit nicht so benimmt wie ein sich langsam bewegender Körper – zum Beispiel eine Gewehrkugel, die vielleicht zwei Kilometer pro Sekunde zurücklegt. Wenn ein kleiner Meteor auf einen festen Gegenstand trifft – und wenn es nur eine dünne Kunststoffschicht wäre –, dann verwandelt er sich augenblicklich in eine glühende Gaswolke. Auch aus diesem Grunde hat diese Station eine doppelte Hülle. Die äußere gewährt uns einen fast vollkommenen Schutz gegen alle kleinen Meteore.
Immerhin besteht noch eine schwache Möglichkeit, dass ein größerer einmal beide Wände durchschlagen und ein größeres Loch hinterlassen könnte. Aber selbst das braucht nicht gefährlich zu werden. Natürlich würde die Luft sofort ausströmen, aber jedes Zimmer, das mit einer Wand an den Weltraum grenzt, ist mit diesen Dingern hier ausgestattet.«
Er hob eine runde Scheibe hoch, die fast wie ein Kochtopfdeckel aussah – mit einem Gummiflansch rundherum. Ich hatte diese Scheiben, die mit grellgelber Farbe angestrichen waren, schon oft an den Wänden der Station hängen sehen, aber ich hatte mir noch nie besondere Gedanken darüber gemacht.
»Damit kann man Löcher bis zu einem Durchmesser von fünfzehn Zentimeter abdichten. Man braucht sie nur an die Wand in der Nähe des Lecks zu drücken und sie dann verschieben, bis sie das Loch bedecken. Versucht aber niemals, sie direkt auf das Loch zu pressen. Wenn die Scheibe erst einmal an Ort und Stelle ist, wird sie vom Luftdruck festgehalten, bis man das Leck ordentlich ausbessern kann.«
Er warf uns die Scheibe zu.
»Seht sie euch an und gebt sie weiter. Hat jemand eine Frage darüber?«
Ich wollte fragen, was geschehen würde, wenn das Loch größer als fünfzehn Zentimeter wäre, aber ich befürchtete, dass man diese Frage vielleicht als einen dummen Witz auffassen würde. Ich blickte umher, um zu sehen, ob sich vielleicht ein anderer anschicken würde, das Schweigen zu brechen – und dabei bemerkte ich, dass Tim Benton heute fehlte. Es war ziemlich ungewöhnlich, dass er nicht da war, und ich fragte mich, was wohl mit ihm geschehen sein mochte. Vielleicht half er jemandem bei einer dringenden Arbeit irgendwo in der Station.
Ich hatte keine Zeit mehr, mir über Tims Abwesenheit den Kopf zu zerbrechen. Denn genau in demselben Augenblick ertönte plötzlich ein scharfer Knall, der in dem kleinen Raum fast ohrenbetäubend wirkte. Ihm folgte das schreckenerregende schrille Pfeifen von entweichender Luft – von Luft, die durch ein Loch hinausschoss, das sich urplötzlich in der Wand des Klassenzimmers gebildet hatte.
4
Einen Moment lang – während die ausströmende Luft an unseren Kleidern zerrte und uns zu der Wand hinziehen wollte – waren wir viel zu überrascht, als dass wir etwas anderes tun konnten, als nur auf das gezackte Loch zu starren, das in der weißen Wand klaffte. Alles geschah so schnell, dass ich gar keine Zeit fand, Angst zu bekommen; das kam erst später. Etwa zwei Sekunden lang saßen wir wie gelähmt da – und dann bewegten wir uns alle zugleich. Die Dichtungsplatte hatte gerade auf Norman Powells Bank gelegen, und jeder von uns stürzte darauf zu. Einen Augenblick lang kam es zu einem wilden Gedränge; dann schrie Norman über das Zischen der ausströmenden Luft hinweg:
»Aus dem Weg!«
Er stieß sich mit einem mächtigen Stoß ab, und der Luftstrom packte ihn wie einen Strohhalm und schleuderte
Weitere Kostenlose Bücher