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Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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fanden zwar »Korridor Neun« – oder was wir dafür hielten –, aber wir konnten keine Tür mit der Aufschrift »Biologie Zwei« entdecken. Dagegen fanden wir ein Schild mit der Bezeichnung »Biophysik Zwei«, und nach einigem Hin und Her kamen wir zu dem Schluss, dass dieser Raum wohl gemeint war. Außerdem würde ja sicherlich jemand drinnen sein, der uns den richtigen Weg weisen könnte, falls wir doch an der falschen Stelle wären.
    Tim Benton öffnete die Tür vorsichtig einen Spalt weit und steckte seinen Kopf hinein.
    »Ich kann nichts erkennen«, knurrte er. »Puh, das stinkt ja hier wie in einem Fischladen im Hochsommer.«
    Ich spähte über seine Schulter hinweg. Das Licht war sehr schwach, und ich konnte nur ein paar unbestimmte Formen ausmachen. Es war außerdem sehr warm und feucht in diesem Raum, und das Zischen von Wasserstrahlen ertönte von allen Seiten. Der Geruch war wirklich seltsam – ungefähr wie eine Mischung zwischen den Ausdünstungen eines Zoos und eines Gewächshauses.
    »Hier sind wir bestimmt falsch«, sagte Ron Jordan voll Abscheu. »Versuchen wir es lieber woanders.«
    »Einen Augenblick!«, rief Norman, dessen Augen sich anscheinend schneller an die Dunkelheit gewöhnt hatten als die meinen. »Was meint ihr – da drin ist wahrhaftig ein Baum. Wenigstens sieht das Ding so aus wie ein Baum, wenn es auch ein ziemlich sonderbarer zu sein scheint.«
    Er bewegte sich vorwärts, und wir schwebten ihm nach, getrieben von der gleichen Neugierde wie er. Ich sagte mir, dass meine Kameraden wahrscheinlich viele Monate lang keinen Baum oder auch nur einen Grashalm gesehen hatten, und so musste das für sie wirklich ein Erlebnis sein.
    Jetzt konnte ich auch besser sehen. Wir befanden uns in einem sehr großen Raum; überall ringsum standen Laboratoriumsgefäße und Glaskästen. Die Luft war feucht, und ich kam mir vor wie in einem tropischen Dschungel. Es gab auch überall viele Lampen, aber sie waren abgeschaltet, und wir konnten keine Schalter entdecken.
    Etwa zwölf Meter vor uns stand der Baum, den Norman bemerkt hatte. Es war wirklich ein ungewöhnliches Objekt. Ein schlanker gerader Stamm ragte aus einem Metallkasten auf, an den verschiedenartige Röhren und Pumpen angeschlossen waren. Der Baum hatte keine Blätter – nur etwa ein Dutzend dünne, spitz zulaufende Zweige, die gerade herunterhingen; dadurch machte der Baum einen ziemlich trostlosen Eindruck. Er sah fast so aus wie eine Trauerweide, die man ihres Blattwerks beraubt hatte. Aus einer großen Anzahl Düsen sprühte beständig Wasser darüber, und dadurch wurde die allgemeine Luftfeuchtigkeit noch erhöht. Allmählich fiel mir das Atmen schwer.
    »Er kann nicht von der Erde stammen«, sagte Tim, »und ich habe auch noch nie von etwas Ähnlichem auf dem Mars oder der Venus gehört.«
    Wir waren inzwischen bis auf etwa einen Meter an das seltsame Gewächs herangetrieben, und je näher wir kamen, desto weniger gefiel mir die ganze Sache. Ich sagte das auch zu den anderen, aber Norman lachte nur.
    Sein Lachen verwandelte sich jedoch plötzlich in einen Schreckensschrei. Denn plötzlich neigte sich der schlanke Stamm gegen uns, und die langen Zweige schossen wie Peitschenschnüre vorwärts. Einer ringelte sich um meinen Knöchel und ein anderer umfasste meine Hüften. Ich war vor Schrecken wie gelähmt und brachte keinen Ton hervor. Zu spät wurde mir jetzt klar, dass dieses Ding gar kein Baum war und dass seine »Zweige« in Wirklichkeit Fangarme waren.

7
     
    Meine Reaktion erfolgte instinktiv und heftig. Wenn ich auch mitten in der Luft schwebte und deshalb nicht in der Lage war, irgendetwas Festes zu erreichen, konnte ich doch ziemlich wirksam um mich schlagen – und die anderen taten dasselbe. Schließlich kam ich mit dem Boden in Berührung, so dass ich mich kräftig nach oben abstoßen konnte. Die dünnen Fangarme ließen mich los, als ich zur Decke emporschoss. Es gelang mir gerade noch rechtzeitig, eine der Lichtzuleitungen zu packen und meinen Flug abzubremsen, bevor ich gegen die Decke prallte. Dann schaute ich hinunter, um zu sehen, wie es den anderen ergangen war.
    Sie hatten sich ebenfalls alle befreien können. Meine Angst schwand nun allmählich, und jetzt wurde mir auch bewusst, wie schwächlich der Griff dieser klammernden Fangarme in Wirklichkeit gewesen war. Wenn wir auf festem Boden und unter der Einwirkung einer Schwerkraft gewesen wären, hätten wir uns sicherlich ohne Schwierigkeit befreien können.

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