Inseln im All -: Roman (German Edition)
durch, dass wir genug Wärme und Licht erhielten.
Einige Wochen verbrachten wir damit, Erkundungsvorstöße auf der Tagseite zu machen, wobei wir uns bis zweiunddreißig Kilometer weit von unserem Schiff entfernten. Das hört sich nicht sehr weit an, aber es ist eine ganz beträchtliche Entfernung, wenn man einen Raumanzug tragen und alle Vorräte mit sich schleppen muss. Wir sammelten Hunderte von Gesteinsproben und registrierten Tausende von Messwerten mit Hilfe unserer Instrumente. Alle Ergebnisse wurden sofort mit Richtstrahler zurück zur Erde gefunkt. Es war unmöglich, weit genug in die Tagseite vorzudringen, um die Metallseen zu erreichen, die wir von oben her gesehen hatten. Der nächste war fast dreizehnhundert Kilometer entfernt, und wir hatten nicht genug Treibstoff, um mit unserem Schiff von einer Stelle des Planeten zur anderen zu fliegen. Außerdem wäre es auch viel zu gefährlich gewesen, wenn wir uns mit unserer damals noch unerprobten Ausrüstung in diesen Schmelzofen hineingewagt hätten.«
Der Kommandant hielt inne und blickte in den Weltraum hinaus, als könnte er jenseits unserer kleinen Kabine die flammenden Glutwüsten jener fernen Welt sehen.
»Ja«, fuhr er dann fort, »der Merkur ist schon eine starke Herausforderung für den Menschen. Mit Kälte können wir leicht fertigwerden, aber eine solche Hitze bedeutet ein viel schwierigeres Problem. Vielleicht sollte gerade ich das nicht sagen, denn es war die Kälte, die mich erwischt hat, und nicht die Hitze.
Das Einzige, was wir auf dem Merkur niemals zu finden erwarteten, war irgendeine Art Leben, obwohl uns die Erforschung des Mondes hätte eines Besseren belehren sollen. Dort hatte auch niemand damit gerechnet. Und wenn mich jemand gefragt hätte: ›Falls es tatsächlich Leben auf dem Merkur gäbe – wo würden Sie es zu finden hoffen?‹, dann hätte ich geantwortet: ›Natürlich in der Dämmerzone!‹ Und damit hätte ich wiederum unrecht gehabt.
Obwohl keiner von uns sehr darauf erpicht war, beschlossen wir, uns doch wenigstens einmal auch die Nachtseite etwas näher anzusehen. Wir mussten den Standort des Schiffes um ungefähr zweihundert Kilometer verlegen und landeten auf einem niedrigen Hügel, der nur ein paar Kilometer von einer interessant aussehenden Gebirgskette entfernt lag. Wir verbrachten eine unruhige Zeit von vierundzwanzig Stunden, bis wir völlig sicher waren, dass es ungefährlich war, dort zu bleiben. Das Felsgestein, auf dem unser Schiff ruhte, hatte eine Temperatur von rund zweihundertzehn Grad unter Null, aber unsere Heizung wurde mit dieser Kälte durchaus fertig. Selbst ohne sie sank die Temperatur im Schiff nur langsam, weil ringsum beinahe ein völliges Vakuum herrschte, und außerdem strahlten die silberglänzenden Wände des Schiffes fast alle Wärme wieder zurück, die wir durch Ausstrahlung verlieren konnten. Wir befanden uns gewissermaßen in einer riesigen Thermosflasche.
Aber schließlich konnten wir nicht viel Neues erfahren, wenn wir im Schiff blieben. Wir mussten also unsere Raumanzüge anlegen und uns ins Freie hinauswagen. Die Anzüge, die wir benutzten, waren auf dem Mond gründlich erprobt worden – während der lunaren Nacht, in der es ja fast ebenso kalt ist wie auf der Nachtseite des Merkur. Aber kein Test kann jemals die praktische Erprobung im Ernstfall ersetzen. Deshalb gingen wir zu dritt hinaus. Falls ein Mann in Gefahr geraten sollte, konnten ihn die beiden anderen zum Schiff zurückschleppen – so hofften wir jedenfalls.
Ich war bei der ersten Gruppe. Eine halbe Stunde lang erkundeten wir die nähere Umgebung des Schiffes und berichteten dabei ständig durch Funk über unsere Eindrücke. Es war nicht so dunkel, wie wir erwartet hatten – dank der Venus. Unglaublich strahlend hell schwebte sie dort oben vor dem Hintergrund der Sterne, und in ihrem Licht warfen die Felsen sogar deutlich sichtbare Schatten. Sie leuchtete tatsächlich so hell, dass man sie ohne Augenschutz nicht länger als ein paar Sekunden direkt ansehen konnte, und als wir dann unsere Strahlungsfilter benutzten, um den scharfen Glanz abzumildern, konnten wir deutlich die kleine Scheibe des Planeten erkennen.
Auch die Erde und der Mond waren zu sehen; sie bildeten ein schönes Doppelgestirn gerade über dem Horizont. Auch sie gewährten uns eine ganze Menge Licht, so dass wir uns nie in vollkommener Finsternis befanden. Aber weder die Venus noch die Erde spendeten diesem froststarren Land auch nur die geringste
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