Inseln im All -: Roman (German Edition)
verwechselt wird, dann kann es sehr leicht passieren, dass man das Schiff genau in die umgekehrte Richtung wendet, bevor der Antrieb eingeschaltet wird.
Natürlich soll ein Pilot eine Menge Gegenproben durchführen, um solche Fehler zu vermeiden. Aber irgendwie hatte es diesmal auch damit nicht geklappt, oder der Pilot hatte diese Überprüfungen gar nicht durchgeführt. Erst viel später stellte sich der eigentliche Grund für das Versagen des Piloten heraus. Das verklemmte Sauerstoffventil war der wahre Übeltäter. Ich war als Einziger bewusstlos geworden, aber das bedeutet nicht, dass sich auf die anderen der Sauerstoffmangel nicht ebenfalls ausgewirkt hatte. Und so etwas ist eine sehr gefährliche Sache, weil ein Mensch dabei überhaupt nicht merkt, dass irgendetwas mit ihm in Unordnung ist. Tatsächlich kann man in diesem Zustand alle möglichen stupiden Fehler begehen und trotzdem völlig davon überzeugt sein, dass man alles tadellos richtig macht.
Aber es hatte jetzt nicht viel Sinn, nach der Ursache des Unglücks zu forschen. Die Frage war vielmehr: Was konnte man nun tun?
Die zusätzliche Geschwindigkeit, die das Schiff durch den Raketenantrieb erhalten hatte, war gerade groß genug, um uns in eine »Fluchtbahn« zu treiben. Mit anderen Worten: wir flogen so schnell, dass die Anziehungskraft der Erde uns nicht mehr festhalten und in eine Umlaufbahn zwingen konnte. Unser Kurs führte uns irgendwo hinaus in den Weltraum, noch über die Mondbahn hinaus, und unseren genauen Kurs würden wir gar nicht erfahren können, bevor nicht ABRAKUM ihn für uns ausgerechnet hatte. Kommandant Doyle hatte unsere Position und unsere Geschwindigkeit zur Inneren Station gefunkt, und jetzt mussten wir auf weitere Anweisungen warten.
Die Lage war gefährlich, aber nicht hoffnungslos. Wir hatten immer noch eine beträchtliche Treibstoffreserve – den Vorrat, der für die Annäherung an die Innere Station bestimmt war. Wenn wir ihn jetzt zum Abbremsen verwendeten, konnten wir dadurch wenigstens vermeiden, dass wir vollends aus dem Anziehungsbereich der Erde entflohen, aber dann würden wir in einer ganz neuen Umlaufbahn kreisen, die uns womöglich nirgends in die Nähe einer der Raumstationen bringen würde. Was auch immer geschah – wir mussten von irgendwoher neuen Treibstoff bekommen, und zwar so schnell wie möglich. Unser Schiff war nur für Fahrten über kurze Strecken und nicht für lange Reisen im Weltraum gebaut worden, und es hatte nur einen beschränkten Sauerstoffvorrat zur Verfügung. Er würde für etwa hundert Stunden reichen. Wenn uns bis dahin keine Hilfe erreichen konnte – nun, dann wäre unsere Lage ziemlich verzweifelt.
Es war seltsam; obwohl ich jetzt zum ersten Male in meinem Leben in wirkliche Gefahr geraten war, spürte ich lange nicht so viel Angst wie damals bei »Kunibert« – oder als der »Meteor« ein Loch in die Wand des Klassenzimmers schlug. Irgendwie erschien mir diese Sache anders. Erstens hatten wir noch ein paar Tage Frist, ehe die eigentliche Krise einsetzen würde. Und außerdem hatten wir alle ein solches Vertrauen zu Kommandant Doyle, dass wir überzeugt waren, er würde uns schon aus dieser unangenehmen Situation befreien können.
Wir mussten fast eine Viertelstunde warten, bis die Kursberechner auf der Inneren Station unseren jetzigen Kurs ausgearbeitet und das Ergebnis an uns gefunkt hatten. Doyle zeichnete unsere Bahn auf, und wir alle blickten ihm über die Schultern, um zu sehen, auf welchem Kurs das Schiff eigentlich dahinflog.
»Wir bewegen uns in Richtung auf den Mond«, sagte er und verfolgte die eingetragene Bahnkurve mit seinem Finger. »In etwa vierzig Stunden passieren wir seine Umlaufbahn, und zwar so nahe, dass sein Schwerefeld ziemlich stark auf uns einwirken wird. Wenn wir nun eine Kleinigkeit nachhelfen und unsere Fahrt ein wenig abbremsen, können wir uns von ihm einfangen lassen.«
»Wäre das nicht eine gute Idee? Zumindest würden wir dann nicht weiter in den Raum hinausfliegen.«
Der Kommandant rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Ich weiß nicht«, sagte er schließlich. »Das hängt davon ab, ob sich zurzeit ein Schiff auf dem Mond befindet, das zu uns heraufkommen könnte.«
»Und können wir denn nicht selbst auf dem Mond landen – in der Nähe einer der Siedlungen?«, fragte Norman.
»Nein, denn wir haben nicht genug Treibstoff für die Landung. Außerdem ist unser Triebwerk überhaupt nicht leistungsfähig genug dafür. Das müssten Sie
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