Inseln im All -: Roman (German Edition)
damit verbracht hatten, den Mond kartografisch aufzunehmen und die doch nie das Land gesehen hatten, über das ich jetzt hinwegflog.
Ich hatte die Erde fast vergessen, als Tim Benton meine Aufmerksamkeit wieder auf sie lenkte. Sie sank rasch gegen den lunaren Horizont hinab. Der Mond stieg scheinbar empor und schien sie zu verdecken, während wir auf unserer Bahn weiterzogen. Es war eine leuchtend blaugrüne Halbkreissichel; die südliche Polarkappe glänzte so grell, dass man kaum hinschauen konnte, und das Spiegelbild der Sonne flammte wie ein See aus Feuer im Pazifik. Das war mein Heimatplanet, von dem ich jetzt fast vierhunderttausend Kilometer entfernt war. Ich beobachtete gebannt, wie er hinter den scharfzackigen Mondgebirgen versank, bis nur noch ein schwach schimmernder dunstiger Rand zu sehen war, der schließlich ebenfalls erlosch. Die Sonne war für uns noch da, aber die Erde war verschwunden. Bis zu diesem Moment hatte sie immer am Himmel gestanden – als ein Teil meines Lebenskreises im Weltraum. Jetzt gab es für mich nur noch die Sonne, den Mond und die Sterne.
Der Treibstoffbehälter war bereits auf seinem Weg zu uns. Man hatte ihn vor einer Stunde abgeschossen und uns durch Radio mitgeteilt, dass er sich auf dem richtigen Kurs befand. Das Schwerefeld des Mondes würde seine Bahn krümmen, und wir würden in einem Abstand von wenigen hundert Kilometern daran vorbeiziehen. Unsere Aufgabe war es, unsere Geschwindigkeit der seinen anzugleichen – durch sparsame Verwendung unseres restlichen Treibstoffvorrats; sobald wir den Behälter dann angekoppelt hatten, würden wir seinen Inhalt in unsere Tanks pumpen. Dann konnten wir umkehren und nach Hause fliegen, während der leere Behälter weiterjagen würde, um wie andere seiner Art im Sonnensystem zu kreisen.
»Aber nehmen wir einmal an«, sagte ich besorgt zu Norman Powell, »dieses Tankgeschoss würde uns direkt treffen! Schließlich ist das Ganze ungefähr so, wie wenn man mit einer Kanone auf eine Zielscheibe schießt. Und wir sind diese Zielscheibe.«
Norman lachte.
»Er wird sich relativ zu unserem Schiff sehr langsam bewegen, wenn er zu uns heraufkommt, und wir werden ihn schon lange vorher durch unser Radargerät sichten. Es besteht also nicht die geringste Gefahr des Zusammenstoßes. Bis er uns dann wirklich nahe kommt, werden wir unsere Geschwindigkeit der seinen bereits völlig angeglichen haben, und wenn er schließlich am Schiff anlegt, wird das so sanft geschehen, wie wenn zwei Schneeflocken zusammenstoßen.«
Wir empfingen Signale von dem Treibstoffbehälter, als er noch über anderthalbtausend Kilometer von uns entfernt war – aber nicht mit unserem Radargerät, sondern wir hörten die Funkzeichen des kleinen automatischen Radiosenders, mit dem alle diese Geschosse ausgerüstet wurden, um ihre Ortung zu erleichtern. Und dann begannen Doyle und der Pilot mit der Arbeit, das Zusammentreffen im Weltraum zu bewerkstelligen. Es war ein schwieriges Manöver, das Schiff mit Düsenstößen so herumzubugsieren, dass es auf denselben Kurs wie das Projektil kam, das noch nicht einmal sichtbar war; unsere Treibstoffreserven waren zu gering, als dass wir uns dabei noch irgendeinen Fehler hätten erlauben können. Jedermann atmete erleichtert auf, als der glänzende stumpfe Zylinder dann endlich neben dem Schiff schwebte.
Die Übernahme des Treibstoffes nahm nur etwa zehn Minuten in Anspruch. Als unsere Pumpen ihre Arbeit beendet hatten, war inzwischen die Erde wieder hinter dem Schild des Mondes hervorgetaucht. Das erschien mir als ein gutes Omen. Wir hatten jetzt die Gefahr endgültig überwunden, und unsere Heimatwelt war wieder in Sicht.
Ich beobachtete den Radarschirm, der augenblicklich von niemandem benutzt wurde, als unsere Motoren wieder eingeschaltet wurden. Der inzwischen losgekoppelte Treibstofftank schien langsam hinter uns zurückzubleiben. In Wirklichkeit war es natürlich unser Schiff, das zurückfiel; wir bremsten unsere Geschwindigkeit ab, um wieder erdwärts zu fliegen. Der Treibstofftank dagegen würde weiter in den Raum hinausjagen, nachdem er seine Aufgabe erfüllt hatte.
Der Sichtbereich unserer Radaranlage umfasste einen Kugelraum von ungefähr achthundert Kilometer Radius, und ich sah zu, wie der helle Punkt, der den Treibstoffbehälter darstellte, langsam zum Rande unseres Schirmes hintrieb. Der Tank war das einzige Objekt in unserer Umgebung, das nahe genug war, um ein Radarecho hervorzurufen. In dem Raumabschnitt,
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