Inseln im Strom
wohl, wie viele gute Seiten sie von ihr haben. Sie ist eine gute Frau, und du hättest auch sie nicht verlassen sollen. Aber dann sagte er zu sich: Doch, ich mußte.
Aber das alles beschäftigte ihn nicht sehr. Er hatte seit langem aufgehört, sich darüber Gedanken zu machen. Er hatte gearbeitet und sich die Schuldgefühle damit ausgetrieben, soweit es sich machen ließ, und jetzt war nur noch wichtig, daß die Jungen zu ihm kamen und einen schönen Sommer haben sollten. Hinterher würde er wieder an die Arbeit gehen.
Er war imstand gewesen, sich alles durch Arbeit zu ersetzen, nur die Jungen nicht, und er hatte sich sein ruhiges Leben aufgebaut, hier auf der Insel, und Tag für Tag gearbeitet. Er glaubte, einiges erreicht zu haben, was dauern werde und woran er sich halten konnte. Wenn er sich nach Paris sehnte, so erinnerte er sich eben an Paris, anstatt hinzufahren. Mit dem ganzen übrigen Europa machte er es genauso, auch mit einem großen Teil von Asien und Afrika. Ihm fiel wieder ein, was Renoir geantwortet hatte, als sie ihm sagten, daß Gauguin nach Tahiti gegangen sei, um zu malen. «Warum muß er so weit wegfahren und so viel Geld ausgeben, wo man doch hier in den Batignolles so gut malen kann?» – «… quand on peint si bien aux Batignolles… » Französisch klang es hübscher, und Thomas Hudson nannte die Insel bei sich sein quartier, in dem er sich niedergelassen hatte und seine Nachbarn kannte und genauso schwer arbeitete, wie er in Paris gearbeitet hatte, als Tom noch ganz klein gewesen war.
Von Zeit zu Zeit verließ er die Insel, um unter der kubanischen Küste zu fischen, oder er verbrachte den Herbst in den Bergen. Aber jetzt hatte er die Ranch verpachtet, die er in Montana besaß, denn da oben waren Sommer und Herbst am schönsten, und im Herbst mußten die Jungen zur Schule.
Gelegentlich mußte er auch nach New York fahren, um seinen Kunsthändler zu sehen, aber der kam jetzt meistens zu ihm herunter und nahm die Bilder mit, wenn er in den Norden zurückfuhr. Er hatte sich durchgesetzt als Maler, und er war angesehen, sowohl in Europa wie in seinem eigenen Land. Er hatte sein festes Einkommen aus einer Öl-Lizenz auf ein Stück Land, das seinem Großvater gehört hatte. Es war Weideland gewesen, und als es verkauft worden war, hatte man die Schürfrechte nicht mit verkauft. Ungefähr die Hälfte dieser Einnahmen zahlte er an seine geschiedenen Frauen aus, und der Rest gab ihm genügend Sicherheit, so daß er malen konnte, was er wollte, und ohne sich um den Markt zu kümmern. Es war auch genug, um leben zu können, wo er wollte, und, wenn er Lust hatte, zu reisen.
Er hatte Erfolg gehabt, fast in jeder Beziehung – ausgenommen in seinen Ehen, und dabei hatte Erfolg ihm nie viel bedeutet. Was ihm etwas bedeutete, waren die Malerei und die Jungen, und er liebte noch immer die erste Frau, in die er sich verliebt hatte. Er hatte eine Menge Frauen in seinem Leben gehabt, und manchmal kam eine herüber und blieb bei ihm auf der Insel. Er mußte Frauen sehen, und sie waren ihm für eine Weile willkommen. Er hatte sie gern hier, mitunter für ziemlich lange Zeit, aber am Ende war er jedesmal froh, wenn sie weg waren, auch wenn er sie sehr mochte. Er hatte sich abgewöhnt, mit Frauen Streit zu haben, und er wußte jetzt, wie man es anstellen mußte, daß man nicht geheiratet wurde. Diese beiden Sachen waren fast so schwierig zu lernen gewesen wie das Seßhaftwerden und die stetige und bedachte Arbeit. Aber er hatte sie schließlich gelernt, und er hoffte für immer. Er wußte seit langem, wie man malte, und er hatte das Gefühl, daß er jedes Jahr etwas dazulernte. Aber sich irgendwo festzusetzen und Tag für Tag zu arbeiten, war ihm schwergefallen, denn es hatte eine Zeit in seinem Leben gegeben, da er nichts von Disziplin verstanden hatte. Er hatte sich niemals wirklich herumgetrieben, aber er war undiszipliniert gewesen, egoistisch und rücksichtslos. Er wußte das jetzt – und nicht nur, weil viele Frauen es ihm gesagt hatten, sondern weil er es am Ende selbst herausgefunden hatte. Da hatte er sich vorgenommen, nur noch egoistisch zu sein, wenn es um seine Malerei ging, nur noch rücksichtslos, was die Arbeit betraf, und er hatte sich zusammengenommen und seine eigene Ordnung akzeptiert.
Jetzt lebte er und genoß es, soweit seine Disziplin es ihm erlaubte, und arbeitete schwer. Und heute fühlte er sich glücklich, weil morgen früh die Jungen kommen würden.
«Wünschen Sie etwas, Mr.
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