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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Der Plan, eine eigene Handelsgesellschaft zu schaffen, sei nicht visionär, sondern idiotisch, und sie würden alle miteinander als Stiefellecker Cromwells in die Geschichte eingehen.
    Offengeblieben war auch die Frage, welche Forderungen Bestandteil der Verhandlungen werden sollten. William Noringham hatte erklärt, er sei entschlossen, eine Verfassung zu formulieren und durchzusetzen, daran arbeite er schon seit Jahren, worauf Harold Dunmore in höhnisches Gelächter ausgebrochen war. Sogar Duncan Haynes hatte bei dieser Ankündigung Noringhams skeptisch die Stirn gerunzelt.
    Die Verlobungsfeier, die am frühen Abend begann und an der ein rundes Dutzend Gäste teilnahmen, stand unter keinem guten Stern. Es war fast, als habe die reizbare Stimmung, in der die Ratsmitglieder die Versammlung nach der Abstimmung geschlossen hatten, den Keim für das spätere Unheil gelegt. Über der Gesellschaft schien bereits das Damoklesschwert eines drohenden Krieges mit dem Mutterland zu schweben. Harold Dunmore saß mit versteinerter Miene in der Ecke. Keiner wagte, sich ihm zu nähern, nur der Diener, der ihm regelmäßig nachschenken musste. Von dem Essen hatte er so gut wie nichts zu sich genommen.
    Robert war erst recht betrunken. Der lange Mittagsschlaf, zu dem seine Mutter ihn überredet hatte, hatte ihn nicht ernüchtert. Manchmal fühlte Elizabeth seinen grüblerischen Blick auf sich ruhen, was ihr zunehmendes Unbehagen verursachte. Martha war dauernd um ihn herum und bettelte ihn an, endlich mit dem Trinken aufzuhören, doch er tat immer nur so, als wolle er gehorchen, und sobald sie wegsah, trank er weiter. Sein Kinn war von Williams Schlag aufgeschürft, ab und zu betastete er es und verzog dabei weinerlich das Gesicht.
    William Noringham hatte ebenfalls Blessuren von der Prügelei davongetragen. Sein rechtes Auge war zugeschwollen und würde zweifellos am folgenden Tag in allen Farben schillern.
    Auch unter den übrigen Gästen wollte keine rechte Stimmung aufkommen, obwohl das vielgängige Menü, mit dem Lady Harriet sie bewirtet hatte, in keiner Weise zu wünschen übrig ließ. Die Fiedeln und Flöten klangen eher schrill als fröhlich, die meisten Pflanzer schienen nur darauf bedacht, so schnell wie möglich betrunken zu werden, und ihre Frauen und Töchter machten betretene Gesichter. Niemand hatte Lust zu tanzen.
    Was sich in der Versammlung der Pflanzer abgespielt hatte, wusste Elizabeth inzwischen von Felicity, die es wiederum Stück für Stück ihrem holländischen Kapitän aus der Nase gezogen hatte. Haynes war nicht zu der Feier eingeladen, aber die Elise ankerte noch draußen vor der Küste. Elizabeth dachte unablässig an ihn, sie konnte nicht anders. Wie schon am Vortag fühlte sie eine seltsame Unruhe, als stehe ein einschneidendes Ereignis bevor, ohne dass sie gewusst hätte, welches.
    Niklas Vandemeer gehörte als Williams Freund zu den Gästen. Mit seiner Laune stand es jedoch auch nicht zum Besten. Das drohende Eintreffen der englischen Kriegsmarine machte jeden Tag, den er noch länger auf Barbados blieb, zum unkalkulierbaren Risiko. Falls die englischen Kanonen feuerten, dann fraglos zuerst auf holländische Schiffe, denn die Navigationsakte richteten sich in erster Linie gegen die niederländische Handelsschifffahrt. Vandemeer ging mit bedrückter Miene auf und ab, den Blick die meiste Zeit stumm ins Leere gerichtet. Felicity, die wie ein Hündchen an seiner Seite blieb und getreulich mit ihm auf und ab lief, vermochte ihn nicht aufzuheitern, obwohl sie ihr Bestes versuchte.
    Anne saß neben George Penn an der langen Tafel und bemühte sich redlich um einen glücklichen Gesichtsausdruck, doch sie konnte niemanden täuschen. Ihr Lächeln wirkte wie festgeklebt, ihre Fröhlichkeit gekünstelt. Ihr Verlobter George, der in steifer Haltung neben ihr saß, fühlte sich ebenfalls sichtlich unwohl in seiner Haut. Sein gut aussehendes, ein wenig verlebtes Gesicht zeigte einen verdrossenen Ausdruck. Für das feuchtschwüle Klima war er wie schon auf der letzten Feier zu warm angezogen, was daran lag, dass er dieselbe Kleidung trug. Er war in Schweiß gebadet, ebenso wie die meisten anderen Anwesenden.
    Allein Lady Harriet wirkte taufrisch und in aufgeräumter Stimmung. Ihr makellos gepflegtes Äußeres verband sich mit ihrer warmherzigen Freundlichkeit auf wohltuende Weise, und nur ihren Bemühungen war es zu verdanken, dass die Feier überhaupt so lange dauerte. Dennoch brachen die ersten Gäste bereits

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