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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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sagte Deirdre.
    » Hurrikan«, sagte Celia lapidar.
    Deirdre bekreuzigte sich erneut, denn es verstörte sie, mit welcher Bestimmtheit die Mulattin sprach, als hätte auch sie durch jene fremden Götter eine Verbindung zur Natur, die anderen Sterblichen versagt blieb. Auf einmal schloss Celia die Augen und legte den Kopf schräg, dann stand sie auf und fing verhalten an zu stampfen. Ihre nackten Füße bewegten sich im Rhythmus der Trommel auf und ab.
    » Celia«, sagte Deirdre verunsichert. » Was machst du da?«
    Celia stampfte stärker, den Kopf zurückgeworfen, die Augen immer noch geschlossen. Sie stöhnte wie unter Schmerzen, bis sie auf einmal anfing, sich zu schütteln. Ihre Glieder zuckten, ihr Haar flog, ihr Kleid wurde vom Wind gepeitscht. Verschreckt bemerkte Deirdre, dass sich einige Schwarze auf den Felsen versammelt hatten und auf sie herabblickten. Sie trugen Fackeln und beobachteten das Geschehen, als sei es das Natürlichste von der Welt. Drei von ihnen sprangen zu ihnen herunter und nahmen den Tanzrhythmus auf; sie bewegten sich auf ähnliche Weise wie Celia. Abass hatte sich auf den Felsen gehockt und schlug unermüdlich die große Trommel. Deirdre hatte die Zeremonie noch nicht selbst gesehen, Celia hatte ihr nur davon erzählt. Nun mit eigenen Augen zu beobachten, wie die Yoruba ihre Götter beschworen, verstörte sie so nachhaltig, dass sie im Stillen begann, einen Marienpsalter zu beten.
    Dann herrschte unvermittelt Stille, sogar der Wind schien vorübergehend sein Heulen eingestellt zu haben. Celia stand gerade aufgerichtet da, die Augen weit offen.
    » Du!« Sie deutete herrisch auf Deirdre, die verschreckt zusammenfuhr.
    » Nimm diese da und diese da.« Celia zeigte zuerst auf sich selbst, dann auf Anne, die entrückt in die Luft starrte.
    » Bring sie in die Höhle.«
    Deirdre erstarrte. Woher konnte Celia das wissen? Sie hatte die Höhle ihr gegenüber nicht erwähnt, mit keinem Wort!
    » Tu es schnell. Jetzt.«
    Celias Augen fielen zu, ihre Glieder wurden schlaff. Abass begann wieder zu trommeln, die Männer stimmten einen eintönigen Singsang an. Deirdre lief ein Schauer über den Rücken, dann zuckte sie heftig zusammen, denn in der Nähe ertönte ein Pfiff.
    Sie kamen! In der Dunkelheit krachte ein Schuss, es klang, als seien sie schon fast da. Einer der Schwarzen drückte Celia eine brennende Fackel in die Hand, bevor er gemeinsam mit den Übrigen über die Felsen kletterte, zurück zu den anderen Männern. Deirdre hörte, wie sie aufgeregt durcheinanderriefen, übertönt von Akins gebrüllten Kommandos und dem Klang der Trommel, die Abass immer noch mit dem hölzernen Schlegel bearbeitete.
    » Hilf mir«, sagte Celia, während sie Anne bereits auf die Füße zog.
    » Warte einen Moment«, sagte Deirdre. Sie stieg auf den Felsen und hielt nach Edmond Ausschau, doch inmitten der dort überstürzt hin und her laufenden dunklen Gestalten sah sie ihn nicht. Dann trat jemand das Feuer aus, der Lagerplatz versank in Dunkelheit.
    » Edmond!«, schrie Deirdre. » Edmond, wo bist du?« Doch es kam keine Antwort.
    Wieder Schüsse, diesmal näher als vorhin. Dann Hundegebell, durchsetzt von belferndem, blutrünstigem Jaulen. Sie mussten fort. Gemeinsam fassten sie Anne unter, und Celia hielt mit der Rechten die Fackel, um den Weg auszuleuchten. Hinter ihnen in der Dunkelheit erklang Kampfgebrüll, in das sich Flüche und Schmerzensschreie mischten. Über allem heulte und brauste der Sturm.
    54
    E lizabeth fuhr hoch.
    »Die Kirche«, stammelte sie. » Wir müssen in die Kirche!«
    » Du hast geträumt«, sagte Felicity. Sie saß in dem Lehnstuhl neben Elizabeths Bett und hatte Jonathan im Arm. Ihre Augen wirkten übergroß im Schein der Kerzen, die in den Wandhalterungen brannten.
    Elizabeth setzte sich auf. Ihr Herz hämmerte, ihr Mund war trocken. Ja, sie hatte geträumt, aber es war so real gewesen! Eine Stimme hatte zu ihr gesprochen, dass sie in die Kirche gehen sollten. Immer noch hallte der Drang in ihr nach, den Befehl aus ihrem Traum zu befolgen.
    » Hörst du den Wind?«, fragte Felicity. » Er rüttelt an den Läden, dass einem Angst und Bange werden kann.« Sie küsste Jonathans Locken. » Aber unser kleiner Mann hier schläft tief und fest. Das war doch alles sehr aufregend für ihn.« Sie fing an, vor sich hinzusummen, doch es klang so dünn und zittrig, dass offenkundig wurde, wie groß auch bei ihr die Unruhe war.
    Elizabeth stand auf und ging zur Kommode, um sich aus dem

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