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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Unwetter schien der Untergang der Welt bevorzustehen. Der Wind brauste und heulte und wirbelte alles hoch, was nicht befestigt oder schwer genug war, um am Boden zu bleiben. Niemand hielt sich damit auf, vor dem Käfig stehen zu bleiben; nur ein paar Soldaten rannten herum, offenbar in dem Bemühen, sich zu formieren, während ein Offizier versuchte, sie zu befehligen. Alle Übrigen waren verschwunden, anscheinend in Marsch gesetzt, um die angreifenden Engländer zu stellen. Womöglich tobte gerade jetzt vor der Stadt bereits der entscheidende Kampf zwischen den Truppen Cromwells und der Befreiungsarmee der Insel.
    Hustend kämpfte Akin sich vom Liegen auf die Knie. Sein Gesicht und sein ganzer Körper waren blutverkrustet, und wenn ihn nicht alles täuschte, war nicht nur seine Nase, sondern auch mindestens einer seiner Finger gebrochen. Doch noch war nichts verloren. Er konnte immer noch kämpfen. Wenn es ihm nur gelänge, sich fest genug gegen die Stäbe zu werfen, könnte er den Käfig vielleicht zerbrechen. Dann müsste er nur noch irgendwie seine Fesseln durchtrennen. Er brauchte ein Messer, eine Machete … Suchend blickte er sich um. Und sah in das Gesicht seines Herrn. In Dunmores Augen glühte der Hass, seine Kiefer mahlten. Er hatte zwei Männer bei sich, Halunken mit verschlagenen Gesichtern. Keine Schuldknechte, sondern Kerle, die er im Hafen aufgegabelt und gedungen hatte, seine Befehle zu befolgen, ganz gleich, worauf diese abzielten.
    » Schaff mir Lampenöl her«, schrie er in Richtung eines der Männer, während der zweite damit beschäftigt war, Holz um den Käfig herum aufzuschichten – zerborstene Bretter, Teile von Balken, abgerissene Äste, die Ernte des immer lauter heulenden Sturms.
    Akin warf sich brüllend gegen die Gitterstäbe des Käfigs, und Dunmore wich ein Stück zurück, doch er lachte dabei. Eigenhändig half er den Männern beim Auftürmen von Holz und brennbarem Treibgut, und wenn der Sturmwind es wieder fortwehen wollte, packte er es und verkeilte es unter einem Brett oder einem großen Ast, sodass es an Ort und Stelle blieb. Er goss das herbeigeholte Lampenöl über den ringsum aufgeschichteten Scheiterhaufen, während der Wind ihm das schwarze Haar wild um den Kopf wehte und die Schöße seines Wamses hochfliegen ließ, sodass er aussah wie ein sturmzerzauster Rabe mit gespreizten Schwingen.
    60
    E lizabeth war auf dem Lehnstuhl in Claires Zimmer eingedöst. Nach der Unruhe der vergangenen Nacht, in der sie kaum Schlaf gefunden hatte, war die Müdigkeit übermächtig geworden. Nicht einmal der Umstand, dass Duncan unten bei der Französin im Schankraum saß und mit ihr trank und redete, hatte sie am Einschlafen hindern können. Sie wusste nicht, was sie aus ihrem Schlummer hochschrecken ließ, aber als sie aufwachte, hatte sie das Gefühl zu ersticken. Am liebsten hätte sie die Läden aufgerissen, um richtig Luft holen zu können, doch das war wegen des Sturms unmöglich. Sie lockerte ihr Mieder und bemühte sich, ruhig durchzuatmen. Ein Blick auf die Standuhr in der Ecke des Zimmers zeigte ihr, dass es halb fünf war. Unterdessen horchte sie nach draußen und fand bestätigt, was sie vermutet hatte: Der Wind war noch stärker geworden.
    Mit allen Fasern ihres Wesens wollte sie von hier fort, noch nie war ein Wunsch so übermächtig gewesen. Ein seltsames Drängen hatte sich ihrer bemächtigt, und verwirrt überlegte sie, warum es so stark war. Es war, als wolle eine innere Stimme ihr befehlen, was zu tun sei.
    » Was ist los?«, wollte Felicity verschlafen wissen. Sie hatte sich auf dem schmalen weißen Bett von Claire Dubois ausgestreckt und hielt Jonathan in ihren Armen. Auch sie und der Kleine waren bald, nachdem sie hier Quartier bezogen hatten, in Schlaf gesunken, obwohl Felicity zuvor kaum hatte aufhören können, das zur Hintertreppe gelegene Boudoir zu bestaunen und Mutmaßungen über die Männer anzustellen, die hier ihr Geld ließen. Und über das, wofür sie es ausgaben.
    » Hier können wir nicht bleiben«, sagte Elizabeth. » Wir müssen zur Kirche gehen.« Während sie verwirrt ihren eigenen Worten nachlauschte, wuchs in ihr die Erkenntnis, dass es richtig war.
    » Zur Kirche?«, echote Felicity, sich mit verdutzter Miene aufsetzend. Behutsam schob sie das schlafende Kind zur Seite. » Hast du schon wieder davon geträumt? Vielleicht wäre es wirklich gut für unser Seelenheil. Aber ich glaube nicht, dass heute Abend noch eine Messe gehalten wird. Außerdem

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