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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Anspannung, ihr Gesicht war starr und blass.
    » Nein, das geht nicht. Ich muss weiter. Sie wollen Akin verbrennen.«
    » Was sagst du da?«
    » Sie haben ihn in einen Käfig gesteckt. Harold Dunmore hat einen Scheiterhaufen aufgeschichtet!« Sie holte tief Luft und fügte hinzu: » Akin hat es nicht getan. Er hat Mistress Martha nicht getötet. Es war Mister Dunmore selbst.«
    Schockiert starrte Elizabeth die Mulattin an.
    » Woher willst du das wissen?«
    » Akin hat es mir gesagt.«
    » Er könnte gelogen haben.«
    » Warum? Er hat viele Menschen umgebracht, darunter jede Menge Weiße. Weshalb hätte er mir ausgerechnet wegen Mistress Martha was vorlügen sollen?« Celia schüttelte den Kopf. » Er hatte es auf Mister Dunmore abgesehen, aber der war nicht dort. Dafür aber Mistress Martha. Sie lag im Bett und war tot. Ihre Glieder waren schon steif.«
    Elizabeth erschauerte, denn unvermittelt erinnerte sie sich, dass Harold noch einmal zurückgekommen war, bevor er aufgebrochen war.
    » Warte hier. Ich hole Master Duncan.«
    » Keine Zeit. Ich muss weiter, sonst ist es zu spät für Akin. Ich bin nur Euretwegen hergekommen. Ihr dürft nicht hierbleiben.«
    Elizabeth überlief ein eisiger Schauer.
    » Was meinst du damit?«
    » Ihr müsst zur Kirche gehen«, sagte Celia einfach. » Wir müssen alle zur Kirche. Dies ist die Nacht des Sturms.«
    Elizabeth schnappte nach Luft und starrte sie an. In den bernsteinfarbenen Augen der Mulattin stand ein Wissen, das nicht von dieser Welt war, und es unterlag keinem Zweifel, dass sie beide es teilten. Celia wandte sich ab und lief leichtfüßig davon, die Decke mit beiden Händen fest um ihren Körper ziehend.
    » So warte doch!«, schrie Elizabeth, doch das Mädchen war bereits in einer der Gassen verschwunden. Der Sturm heulte; ein Schild, das vorher noch an einer der benachbarten Spielhöllen gehangen hatte, kam um die Ecke geflogen und verfehlte Elizabeth nur um Haaresbreite. Es blieb für einen Augenblick an der Hauswand neben ihr kleben, von der Macht des Windes gegen das Holz gedrückt. Beim Anblick des dunkel eingeätzten Schriftzugs Zum Schwarzen Raben verspürte Elizabeth abermals diesen seltsamen Schauder, wie zum Beweis dafür, dass zwischen der Realität und den bedrohlichen Albträumen nur eine hauchfeine Trennlinie verlief, die zunehmend verwischte. Das Schild löste sich klappernd von der Bretterwand und segelte weiter. Elizabeth raffte ihre wirbelnden Röcke zusammen und rannte zur Vorderseite des Gebäudes, um Duncan zu holen.
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    H arold ergriff die Fackel, die einer der Männer ihm reichte, und steckte das Holz in Brand. Das Öl flammte sofort auf. Der Sklave stieß einen durchdringenden Kriegsschrei aus. Er hockte sich dicht vor die Käfigstäbe und versuchte, mit den Füßen das Holz auseinanderzutreten, doch die Stricke um seine Knöchel ließen ihm nicht genug Bewegungsfreiheit. Harold ergriff einen Spieß und trieb Akin zurück. Einige der Holzstücke fingen derweil zu brennen an. Der jagende Wind fachte das Feuer zusätzlich an und ließ beißenden Qualm aufsteigen. Es dauerte nicht lange, bis die Flammen hochschlugen und über den Käfigboden leckten, wohin Harold ebenfalls etwas von dem Öl geschüttet hatte. Feixend standen die Männer da und sahen zu, wie das Feuer zu lodern begann. Harold stellte zufrieden fest, dass er für sein Vorhaben genau die richtigen Burschen angeheuert hatte. Im Hafen gab es noch mehr von ihnen. Er hatte gerade erst angefangen, sich Hilfe zu suchen, als er die Nachricht erhalten hatte, dass man Akin geschnappt hatte. Sobald er mit dem Schwarzen fertig war, würde Elizabeth drankommen. Harold hatte beschlossen, ihr zu vergeben. Das Kind musste natürlich weg, ebenso wie Haynes , dieser Verbrecher. Danach würde Elizabeth bald begreifen, wohin sie gehörte.
    Er fuhr zusammen, als er die schrille Frauenstimme hörte. Einen Augenblick lang hatte es sich so angehört, als habe Martha nach ihm gerufen, doch das war natürlich absurd. Gleichwohl war sein Entsetzen gewaltig, als er sich umdrehte und Celia dort stehen sah. Er erkannte sie sofort, obwohl sie sich mit einer Decke vermummt hatte. Als sie verzweifelt schreiend auf den Käfig losstürmte, war er im ersten Augenblick zu erschrocken, um einzugreifen. Doch dann merkte er, dass er gar nichts tun musste; sie konnte nichts mehr ausrichten. Der Käfig hatte bereits Feuer gefangen, es war zu heiß, um näher als zwei oder drei Schritte heranzukommen. Akin krümmte sich im

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