Inseln im Wind
Last der Muskete und des Patronengurts zusammen. » Da waren ein paar von unseren Leuten, die ihnen Positionslichter angezündet haben, das kann ich beschwören! Verfluchte puritanische Verräter und Überläufer!«
» Bringt Euch in Sicherheit, Mann!«, schrie ein anderer, bereits im Weiterrennen begriffen. » Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie in Bridgetown einfallen!« Und schon war die Gruppe weitergelaufen und in der sich lichtenden Morgendämmerung verschwunden.
Hinten auf der Ladefläche fing der Kleine an zu weinen, offenbar bekam er es nun doch mit der Angst. Duncan erging es nicht viel besser. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Sturm so rasch zunehmen würde. Auf See hätte er eher damit umgehen können, an Land dagegen hatte er noch nie einen Hurrikan erlebt.
» Schneller!«, schrie er.
» Ho!«, brüllte Sid und gab dem Zugtier abermals die Peitsche.
Ruckelnd und schaukelnd setzte sich der Wagen wieder in Bewegung.
57
A kin blutete aus Mund und Nase, während seine Peiniger ihn vorwärtsstießen. Er spuckte aus, damit er besser atmen konnte. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt, und seine Beine waren an den Knöcheln zusammengebunden, mit gerade so viel Bewegungsspielraum, dass er zwar gehen, aber auf keinen Fall weglaufen konnte. Hinter ihm waren mehrere Männer mit langen Spießen, die ihn johlend mit den scharfen Spitzen stachen und immer weitertrieben. Er wusste nicht genau, wie lange sie schon unterwegs waren, aber sie mussten etliche Meilen zurückgelegt haben, denn am Himmel zeigte sich fahle Helligkeit, und der Sturm peitschte ihm die Gischt des aufgewühlten Meeres entgegen. Vor ihm waren die Umrisse von Bridgetown zu erkennen.
Bei der Schlacht waren er und die anderen Aufständischen in alle Winde verstreut worden. Sie hatten tapfer gekämpft und sich bis aufs Blut gewehrt, doch die Gegner waren ihnen zahlenmäßig überlegen und besser bewaffnet gewesen. Akins Befehle, zusammenzubleiben und in geordneten Reihen zu kämpfen, waren ungehört verhallt. Hätten sie ihm nur gehorcht – sie hätten siegen können. Die Feigheit hatte alles zunichtegemacht und die Götter erzürnt. Ein jeder hatte nur noch an seine eigene Haut gedacht, allesamt waren sie schneller im Dickicht verschwunden, als man hinschauen konnte. Zu seiner Beschämung hatte auch er sich in die Büsche geschlagen, nachdem Dapo gefallen war. Er hatte damit den letzten Willen von Abass befolgt, den eine Kugel in den Rücken getroffen hatte.
» Hüte dich vor dem Raben und dem Feuer«, hatte der Alte geflüstert, bevor er für immer die Augen geschlossen hatte. » Kämpfe nicht. Versteck dich.«
Akin hatte nicht daran glauben können, dass dieser Rat ein guter war. Vielleicht sprach zum Schluss doch eher die Angst aus Abbas als die Kraft des Ifà.
Aber wider besseres Wissen hatte Akin sich ihm gebeugt. Wie die Übrigen war er geflohen und hatte sich versteckt, doch kurz darauf hatten sie ihn aufgespürt und geschnappt. Er hatte gekämpft, hatte zwei oder drei von ihnen niedergestreckt, einen davon ganz sicher getötet, doch sie waren mindestens zu zwölft gewesen; er kannte ihre Anzahl immer noch nicht genau, weil sie ihn bewusstlos geschlagen hatten. Als er wenig später wieder zu sich gekommen war, trug er Fesseln. Sie hatten ihn auf die Füße gezerrt und vor sich hergetrieben wie einen unbotmäßigen Ochsen in der Pflugschar. Ian, den sie ebenfalls gefangen genommen hatten, trabte ein paar Schritte hinter ihm her, genauso gefesselt wie er selbst, doch in deutlich schlechterer Verfassung. Die Männer hatten ihn brutal zusammengeschlagen, sein ganzes Gesicht war von Blut verklebt, beide Augen bis auf winzige Schlitze zugeschwollen. Er stöhnte während des Laufens zum Erbarmen. Ab und zu stolperte er und fiel hin, aber die Männer rissen ihn immer wieder hoch und schubsten ihn weiter. Dann teilten sich ihre Wege. Ian wurde in eine andere Richtung gestoßen, während man Akin vor die Residenz des Gouverneurs zerrte. Dort umringten sie ihn, während einer von ihnen losrannte, um Jeremy Winston zu holen.
» Lasst ihn uns doch gleich aufhängen!«, brüllte jemand.
» Nein, er ist der Rädelsführer, da ist Aufhängen zu wenig! Außerdem gehört er Harold Dunmore! Es war seine Frau, die der Kerl umgebracht hat! Er soll dabei sein!«
Wenig später erschien der Gouverneur auf der Bildfläche, das Gesicht von Sorgen zerfurcht und das graue Haar zu Büscheln zerzaust. Er wurde begleitet von seinem Neffen
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