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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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ihn eingeschlagen. So war er.
    Dafür tat er andere Dinge nicht, von denen Akin wusste, dass sie den Sklaven bei manchen Herren regelmäßig widerfuhren. Er beschlief keine schwarzen Frauen und hatte es auch dem Aufseher und seinem Sohn verboten. Vor dem jetzigen war ein anderer Aufseher auf der Plantage gewesen, der das Verbot übertreten hatte. Der Herr hatte ihn mit einer schwarzen Sklavin erwischt und beide auf der Stelle erschossen, mit der Bemerkung, er werde keine schwarzweißen Bastarde auf Rainbow Falls dulden. Dies hatte er im Beisein seines Sohnes Robert getan. Nie hatte dieser danach versucht, ein schwarzes Mädchen auf Rainbow Falls anzufassen.
    Und auch eine andere Sache gab es bei dem Herrn nicht. Er ließ seine Sklaven nicht hungern. Sie bekamen immer reichlich zu essen. Der Fraß war eintönig und bestand hauptsächlich aus Maniok, Bohnen, Mais und Bataten, aber davon gab es viel. Ab und zu bekamen sie auch Mangos, Papayas, Datteln und Kokosnüsse. Ebenso Fisch, Krabben oder Schildkrötenfleisch, nicht besonders oft, aber gerade häufig genug, um ordentlich bei Kräften zu bleiben. Die Sklaven auf Rainbow Falls waren allesamt gut genährt. Der Herr wollte nicht, dass jemand wegen schmaler Kost zu schwach wurde und deshalb bei der Arbeit weniger Rohr schnitt. Aus demselben Grund sorgte er auch dafür, dass nach Auspeitschungen die Wunden versorgt wurden.
    Der Herr hob oft hervor, dass er die wenigsten Ausfälle an Schwarzen auf der ganzen Insel hatte. Mit einer Ausnahme: William Noringham, der aufs Jahr gesehen noch weniger Sklaven verlor. Doch dafür lag auch der Ertrag der Noringhams niedriger, denn dort hatten die Sklaven nicht so viel Angst vor Strafe, weshalb sie sich bei der Arbeit weniger anstrengten. Wenn man schon Sklave sein musste, so dachten viele, dann am liebsten bei den Noringhams, denn dort gab es nicht nur genug Essen, sondern auch kaum Schläge.
    Akin hätte jedoch mit keinem Sklaven auf Summer Hill tauschen wollen. Er wollte dort sein, wo er den Zorn in seinem Herzen und zugleich seinen Körper am besten nähren konnte, um am Tag der Freiheit das zu tun, was ihm das Orakel geweissagt hatte. So hatte es Abass verkündet, denn er war der Babalawo. Sein Schwert würde Akin Ogoun weihen, dem Herrscher über Feuer, Eisen, Blut und Krieg, und dann würde es am Tag der Freiheit ein Meer von Blut trinken.
    19
    D uncan saß im Hinterzimmer des Chez Claire, weit hintenübergebeugt, einen Becher Rum auf der nackten verschwitzten Brust balancierend und die Füße auf dem klobigen Tisch vor ihm. Der niedrige Stuhl war unbequem, wäre es auch bei normaler Körperhaltung gewesen, und dumpf grübelte Duncan, warum er überhaupt schon so zeitig an Land gekommen war, statt gemütlich auf der Elise bis zum Sonnenuntergang in der Hängematte zu schaukeln oder in seinem Alkoven zu liegen. Die Luft war drückend und so warm, dass er kurz daran dachte, ins Meer zu springen und sich abzukühlen, doch schon allein zum Strand hinunterzugehen und sich auszuziehen war ihm zu mühsam.
    Die zum Meer weisenden Läden des Hinterzimmers waren zugezogen, durch die Querstreben fielen schmale Streifen von Sonnenlicht, die den Raum zerteilten. Der Boden war noch feucht vom letzten Schlagregen. Es gab keine Fensterscheiben, die ihn hätten abhalten können, deshalb bahnte er sich seinen Weg durch jede Ritze und tränkte die Umgebung mit Nässe, die sich dann unweigerlich in den allgegenwärtigen warmen, schweißtreibenden Dampf verwandelte, sobald sich die Sonne wieder blicken ließ.
    Die Tür zum Schankraum war nur angelehnt, auch dort herrschte schläfrige Stimmung. Ein paar Zecher hatten sich schon eingefunden, drei oder vier hockten um den Tisch und spielten Karten, während sie dem Rum zusprachen, doch die meisten würden erst bei Einbruch der Dämmerung kommen, wenn die schlimmste Tageshitze sich abgekühlt hatte. Dann würden sich die verwinkelten Gassen hinter den Docks, wo die Tavernen, Spielhöllen und Freudenhäuser dicht an dicht standen, mit krakeelenden Seeleuten füllen, deren Nacht erst im Morgengrauen endete.
    In den oberen Räumen war ebenfalls noch nicht viel los. Ein paar liebeshungrige Männer waren den Nachmittag über aufgetaucht und hatten die schmale Stiege erklommen, die vom Vorderraum aus ins Obergeschoss zu den Schlafkammern führte, aber sie waren auch schnell wieder gegangen. Zwei waren noch oben und vergnügten sich mit den Mädchen, aber auch sie würden nicht lange brauchen. Mehr Zeit

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