Inselsommer
Vorausgesetzt natürlich, es kommen überhaupt welche!«
Larissa drehte sich um und schaute gedankenverloren durch die Schaufensterscheiben ins Büchernest.
»Wie es der Zufall so will, bin ich auch gerade in Veränderungslaune. Egal, ob ich nach Mallorca gehe oder nicht: Der Laden muss über kurz oder lang neu gestaltet werden, das habe ich Bea schon gesagt. Er braucht dringend einen neuen Anstrich und – noch viel wichtiger – ein neues Konzept. Mittlerweile laufen manche Warengruppen schlechter, andere dafür besser. Das ist die perfekte Gelegenheit, einige Quadratmeter für die Kinder frei zu machen, die sicher bald in Scharen zu uns strömen. Aber abgesehen davon, du klingst so, als würdest du dich jetzt endgültig auf Sylt niederlassen wollen.«
Mein Herz pochte, als Larissa genau das laut aussprach, was ich tief in meinem Inneren fühlte. Sollte das Projekt Kinderbetreuung glücken, bedeutete das, einen Schlussstrich unter mein altes Leben in Hamburg zu ziehen.
»Ja, ich denke, das ist es, was ich will«, pflichtete ich ihr bei und spürte, wie gut es sich anfühlte, dies auszusprechen, auch wenn sich in die Freude leise Melancholie und ein Anflug von Angst mischte.
»Wow! Dann würde ich vorschlagen, dass wir uns so schnell wie möglich alle zusammensetzen. Und das Projekt sollte einen richtigen Namen bekommen, nicht wahr?«
»Gute Idee«, entgegnete ich schmunzelnd.
Gutgelaunt stellte ich mein Fahrrad am Bahnhof in Morsum ab. Vero hatte uns kurzerhand für denselben Abend zum Essen zu sich auf den Hof eingeladen, und ich freute mich auf die spontane
Girls-Night-out,
wie Larissa unser Treffen nannte.
Doch vorher wollte ich noch einkaufen und hatte schon lange vorgehabt, bei der Sylter Seifen-Manufaktur vorbeizuschauen.
Als ich die Tür zu dem hübschen, liebevoll eingerichteten Lädchen öffnete, wurde ich sofort von Duftwolken umhüllt: Lavendel, Honig, Schokolade und Heckenrosen. Begeistert studierte ich das Angebot der handgesiedeten Seifen, die laut Broschüre aus Avocadoöl, Kakaobutter, Sylter Salz, Heilschlick und anderen kostbaren Zutaten gefertigt wurden. Zusätzlich zu diesen Verführungen wurden noch Accessoires und Schmuck angeboten, so dass ich innerhalb weniger Minuten in einen wahren Kaufrausch verfiel. Nachdem ich für Doro, Helen und mich Seifen ausgesucht hatte, entschied ich mich spontan, auch Bea, Larissa und Vero heute Abend eine Kleinigkeit mitzubringen, und zwar Ohrringe.
»Aber das wäre doch nicht nötig gewesen«, sagte Vero in ihrer bescheidenen Art, als ich ihr mein Mitbringsel überreichte. Bea und Larissa hingegen freuten sich ungeniert über die filigranen Ohrgehänge aus bunten Perlen. Obwohl ich insgeheim befürchtet hatte, dass gerade Bea die Perlen als zu verspielt abtun würde, schien sie sich fast am meisten zu freuen.
»Du willst wohl gut Wetter für dein Vorhaben machen«, sagte sie schmunzelnd und umarmte mich.
»Es dauert nur noch einen klitzekleinen Moment, dann bin ich bei euch«, rief Vero – geschäftig wie immer – aus der Küche. »Macht es euch doch solange schon mal draußen gemütlich.« Natürlich ließen wir uns das nicht zweimal sagen und gingen auf die Terrasse, von der aus man einen sensationellen Blick auf Veros ganzen Stolz hatte: einen Bauerngarten, wie er im Buche stand.
»Der würde problemlos einen Preis bei
Home & Garden
gewinnen«, bemerkte ich beeindruckt.
Vor meinen Augen erstreckte sich ein bunt bepflanzter Hang, der aussah wie ein Blumenteppich. Darunter lag ein großer Nutzgarten mit Zucchini, Bohnen, Tomaten, Salat und zahllosen Sträuchern mit rot glänzenden Beeren.
Knorrige Apfel- und Birnbäume spendeten Schatten, und ein kleiner Gartenteich, vor dem eine friesische Gartenbank stand, lud zum Verweilen ein.
»Geradezu paradiesisch, nicht wahr?«, seufzte Larissa neben mir. »Da kann unsere Mini-Terrasse leider nicht mithalten. Ich habe leider viel zu wenig Platz dort.«
Bea schwenkte einen bauchigen Krug.
»Das scheint frische Limonade zu sein, will jemand von euch?«
»Na klar!«, antworteten Larissa und ich wie aus einem Mund, und Bea füllte die Gläser auf dem runden, schön gedeckten Holztisch.
Kurz darauf kam Vero ebenfalls auf die Terrasse und balancierte ein Backblech mit Gemüse, das sie vorsichtig auf einen Beistelltisch stellte.
»Mhm, das sieht ja köstlich aus«, sagte Bea.
»Und es duftet auch genauso«, fügte Larissa hinzu. »Ist das dein berühmter Tomaten-Kartoffel-Zucchini-Gratin?«
Vero
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