Inselsommer
Mats ist überglücklich über diesen großen Schritt, und ich auch.«
»Ach, das freut mich aber«, antwortete ich. »Dann bist du ja künftig vielleicht sogar häufiger in Husum und damit mehr in meiner Nähe! Aber was wird aus deinem Job? Thomas wird dich doch unter diesen Umständen bestimmt nicht länger als Bürokraft behalten wollen, oder?«
»Auch das entscheiden wir erst, wenn sich die Dinge ein wenig beruhigt haben. Vorläufig bleibe ich noch da, aber langfristig werde ich mir etwas anderes suchen. Was genau, weiß ich noch nicht, aber ich bin mir sicher, dass sich etwas Passendes ergeben wird. Schau dich doch an: In Windeseile von der Galeristin zur Köchin und nun vielleicht sogar zur Kinderbetreuerin. Hätte dir das vor einem Jahr jemand gesagt, hättest du ihn für verrückt erklärt. Von daher bist du jetzt mein großes Vorbild. Liebe Paula, ich bete dich an!«
Ich musste lachen, weil ich mir Doros Gesicht vorstellte. Doch dann fiel mir ein:
»Habt ihr es denn schon Emma und Nils gesagt?«
»Nein, das machen wir erst, wenn wir alle zusammen an der Schlei sind. Emma ist gerade mit einer Freundin auf einem Ponyhof und Nils mit einem Freund und seinen Eltern in deren Häuschen in Dänemark, die beiden haben ja Sommerferien. Ehrlich gesagt bin ich ganz froh darüber, weil Thomas und ich nun die anstehenden Entscheidungen in Ruhe besprechen können.«
Noch lange nach dem Telefonat dachte ich über Doro und ihre Entscheidung nach. Doch so sehr ich auch mögliche negative Konsequenzen befürchtete, konnte ich nicht anders, als ihr zu ihrem Mut zu gratulieren. Vermutlich mussten sich Frauen in
unserem
Alter irgendwann entscheiden, ob sie mit ihrem Leben zufrieden und glücklich waren. Ich hatte es gewagt, etwas zu verändern, und nun ging Doro neue Wege, und ich wünschte ihr von Herzen alles Gute.
»Störe ich?«, fragte Bea, die auf einmal wie aus dem Nichts auftauchte. »Sieht gemütlich aus bei dir.«
Am frühen Abend hatte ich eine Kerze ins Windlicht gestellt und mir eine Schorle gemixt und knabberte nun gesalzene Erdnüsse, weil ich Hunger, aber nichts zu essen hatte.
»Nein, überhaupt nicht. Setz dich. Wie lief es in der Versammlung? Seid ihr euch einig geworden?«
Bea nickte und zog sich einen Stuhl heran. Offenbar war es bei Adalbert hoch hergegangen, denn sie hatte rote Wangen.
»Wir starten die Kampagne mit einem mehrstufigen Plan: Als Erstes sammeln wir Unterschriften, die wir der Gemeinde vorlegen werden. Und natürlich den Behörden in Husum. Sollte das nichts nützen, holen wir den Naturschutzbund mit ins Boot, es sind ja immerhin viele Bäume und nistende Vögel betroffen. Und wenn das alles nichts nutzt, ketten wir uns an die Bäume. Und dann sollen sie mal sehen, wie sie uns loswerden!« Ich musste grinsen, weil ich mir vorstellte, wie Bea mit Handschellen herumhantierte, während Adalbert die Polizei mit Transparenten und Parolen in Schach hielt.
»Ein engagierter Plan. Gebt mir Bescheid, wenn ich euch helfen soll.«
Bea nickte.
»Danke dir. Aber nun genug von diesem leidigen Thema. Ich bin nämlich ganz schön kaputt und könnte Entspannung gebrauchen.«
In diesem Moment hatte ich eine Idee.
»Hast du Hunger?«, wollte ich wissen. »Und wenn ja, hast du zufällig noch Energie für einen kleinen Ausflug?«
Bea schaute mich verwundert an.
»Grundsätzlich bin ich offen für alles, solange es keinen Stress macht. Also: Wo willst du hin?«
»Ich habe große Lust, mir endlich die Alte Bootshalle und den Hafen in List anzuschauen. Es ist zwar an sich fast zu schön, um drin zu essen, aber ich habe Appetit auf Thai-Nudeln.«
»Na, dann nichts wie los!«, entgegnete Bea unternehmungslustig. Keine zwei Minuten später saßen wir in ihrem offenen Jeep und brausten über die Insel. Am Ende der Straße zur Inselspitze im Norden bogen wir auf den großen Parkplatz vor dem Zentrum Naturgewalten, das wir jedoch links liegen ließen. Unser Ziel war schließlich das Restaurant Gosch in der Alten Bootshalle.
»So, da wären wir. Bist du sicher, dass du hier wirklich reinwillst?«, fragte Bea, als uns lautes Grölen und Schlagermusik empfing.
»Bereit, wenn du es bist«, antwortete ich grinsend. Sylt erinnerte hier plötzlich an einen Rummelplatz. Um die Bootshalle herum waren viele Geschäfte und Buden angesiedelt, und es herrschte aufgrund des guten Wetters ziemlicher Trubel. Außerdem hatte gerade eine Fähre angelegt und schwemmte zahlreiche amüsierfreudige Besucher an Land. Doch
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