Inselsommer
das alles schreckte mich nicht ab, ganz im Gegenteil!
Nachdem wir unser Essen und die Getränke bestellt hatten, erwischten wir die letzten freien Plätze auf einer Empore in der Nähe des Akkordeonspielers, dessen Auftritt schon beinahe legendär war. Die Lautstärke machte es schier unmöglich, sich zu unterhalten. Aber weder Bea noch mich störte es, denn wir genossen beide das fantastische Essen. Ich aß die vielgerühmten Thai-Nudeln mit einer leicht säuerlich schmeckenden Sauce und Bea eine Ofenkartoffel mit Nordseekrabben. Dazu teilten wir uns ein riesiges Knoblauch-Baguette, was eindeutig zu viel war, aber einfach zu köstlich, um auch nur einen einzigen Krümel übrig zu lassen. Animiert von den Klängen des Evergreens
Seemanns Braut ist die See
begannen einige Gäste tatsächlich zu schunkeln, als seien sie in einem Bierzelt.
Während wir amüsiert das Treiben beobachteten, dachte ich, dass Bea vermutlich die einzige Insulanerin war, die sich hier je unters Volk gemischt hatte.
49 . Kapitel
K ann ich euch helfen?«, fragte ich, als ich Larissa beobachtete, wie sie mit gerunzelter Stirn auf den Computer starrte.
»Versuch, meine Tante zu überzeugen, dass wir endlich eine Facebook-Seite brauchen«, entgegnete sie. »Mittlerweile machen das so viele Buchhandlungen, auch Voss, da dürfen wir einfach nicht fehlen. Bea sieht das aber leider anders …«
»Ich find’s auch voll peinlich, wenn wir nicht bald on sind.« Rieke verdrehte genervt die Augen. »Wenn ich allein überlege, wie viel Stress ich immer mit dem Schreiben des Newsletters für unsere Stammkunden habe. Auch die Werbung für Lesungen oder das Lesefest wären über Facebook wesentlich leichter zu steuern.«
»Ganz genau«, mischte sich nun Olli ein. »Auch das Café sollte die Möglichkeit haben, dort zu posten. Zum Beispiel die neue Wochenkarte oder eine tagesaktuelle Küchenempfehlung. Vero findet das übrigens auch.«
»Na dann viel Glück!«, grinste ich und schaute Larissa neugierig über die Schulter, während sie die Anmeldungen für die Lesung mit Marco Nardi am kommenden Samstag checkte. Es standen bereits zwanzig Gäste auf der Warteliste, weil die Veranstaltung bis auf den letzten Platz ausverkauft war.
»Kann ich dich einen Moment unter vier Augen sprechen?«, fragte ich, weil mir in der vergangenen Nacht etwas eingefallen war, das ich unbedingt loswerden wollte. Larissa schloss die Datei und lächelte.
»Aber klar doch! Lass uns einen Kaffee holen und kurz nach draußen gehen, die Sonne genießen. Hier drin ist’s gerade ruhig, Rieke und Olli kommen sicher ein paar Minuten ohne uns klar.«
Gesagt – getan.
»Also, worum geht’s?«, fragte Larissa neugierig. »Um die Idee mit der Kinderbetreuung? Ich habe mich riesig gefreut, als Bea mir davon erzählt hat. Wir wollten ja schon so lange mehr für die Kleinen machen, eigentlich schon seit die Bücherkoje besteht …«
»Bücherkoje?«, fiel ich Larissa verwundert ins Wort. »Was ist das denn?«
»So hieß die Buchhandlung, bevor Bea und Nele das Café zusammengelegt und renoviert haben. Vorher waren die beiden Läden getrennt. Das Café-Restaurant hieß Möwennest und hatte auch abends geöffnet. Und die Buchhandlung eben Bücherkoje. Das ist aber mittlerweile so lange her, dass viele das gar nicht mehr wissen.«
Stimmt ja, das hatte Bea mir mal erzählt. Demnach hatte es hier schon einmal einen umfangreicheren Umbau gegeben …
»Lustig, dass du das gerade erwähnst. Denn ich habe über etwas Vergleichbares nachgedacht. Im Moment herrscht zwar in meinem Kopf noch so etwas wie Kraut und Rüben, aber insgeheim hoffe ich, dass Bea und dir etwas Schlaues dazu einfällt.«
»Rein zufällig bin ich Expertin für das Entwirren von Gemüse, egal, welche Sorte.« Larissa drehte ihren Kaffeebecher grinsend zwischen den Händen hin und her.
»Du weißt ja, wie glücklich ich bin, dass ich im Pavillon wohnen und bei euch in der Küche arbeiten kann. Dieses Angebot kam im rechten Moment, und ich habe das Gefühl, meine Auszeit von Hamburg sinnvoll zu gestalten und nicht einfach vor etwas wegzulaufen. Aber nun würde ich gern unser berufliches Verhältnis auf eine andere Plattform stellen. Ich möchte die Kinderbetreuung auf eigene Rechnung machen und nicht wie bislang Gehalt von euch beziehen. Keine Ahnung, ob es eine reale Chance für meine Idee gibt, aber im Grunde wäre es mir am liebsten, wenn ich von euch einen Raum mieten und die Kinder dort beschäftigen könnte.
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