Inselsommer
hast du dir jemanden ins Boot geholt, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann, wenn er sich erst einmal für etwas entschieden hat, das weiß ich von Adalbert. Ich kenne sie nicht, auch nicht ihre Bilder. Aber ich weiß, dass es einer kleinen Sensation gleichkäme, wenn sie ihre Bilder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen würde. Sie ist auf der Insel sehr beliebt. Wenn das Ganze auch noch für einen guten Zweck ist, kann nichts mehr schiefgehen. Vielleicht könnt ihr ja zusammen eine Stiftung gründen …«
»Nun setz Paula nicht noch Flausen in den Kopf«, schimpfte Larissa, die immer noch besorgt aussah. Zu mir gewandt sagte sie: »Kann Jule sich überhaupt leisten, die Galerie zu kaufen? Sie ist doch noch so jung.«
Ich erklärte kurz das Finanzierungskonzept, und für einen Moment kehrte Stille ein. Bis sich Rieke zu guter Letzt räusperte und sagte:
»Ich geh mir mal einen Kaffee holen. Will noch jemand was?«
Wir schüttelten alle drei den Kopf. Die Frage nach meiner Zukunft hing noch immer in der Luft, und das Schweigen wurde von Minute zu Minute drückender.
»Was haltet ihr davon, wenn wir zu mir gehen und reden?«, schlug Bea vor. »Die Temperaturen sind mild, und ich finde sicher noch etwas zu essen im Kühlschrank.«
»Gute Idee«, stimmte Larissa zu und schaute mich fragend an. »Finde ich auch«, erwiderte ich.
»Ist das nicht fantastisch?«, seufzte Bea kurze Zeit später und streckte die Beine aus. Wir saßen auf der Terrasse. »Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt auf Sylt einen so schönen Inselsommer hatten. Ich glaube, den hast du mitgebracht, Paula.«
»Aber ich scheine auch so einiges durcheinanderzuwirbeln«, entgegnete ich und nippte an einem kühlen Eistee.
»Ich liebe es, wenn die Karten neu gemischt werden«, entgegnete Bea lächelnd. »Denn ich kann Stillstand nicht leiden. Wozu sind wir denn auf dieser Welt, wenn nicht, um das Leben ab und zu auf den Kopf zu stellen? Es gibt doch genug Leute, die in ihrer Routine erstarren …«
»Man muss aber auch nach drei Monaten Auszeit nicht gleich alles über den Haufen werfen«, murmelte Larissa.
»Ich bin mir ja auch nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee ist, mich von ArtFuture zu trennen«, antwortete ich unsicher.
Und ich würde liebend gern mit Patrick darüber sprechen. Er war in solchen Fragen immer ein kluger, umsichtiger Berater gewesen, der stets ein gutes Gespür dafür gehabt hatte, was das Beste für mich war.
Larissa machte ein ernstes Gesicht.
»Du hast mal gesagt, dass das Neue nicht kommen kann, solange das Alte noch an seinem Platz ist. Das ist zwar grundsätzlich sicher richtig, bedeutet aber auch, dass du das Alte als störend und negativ empfindest. Und das betraf bis vor kurzem weder deine Ehe noch die Galerie, nicht wahr?«
Ich schluckte schwer. Natürlich hatte Larissa recht.
»Wie wäre es, wenn wir erst einmal abwarten, was Ineke Alwart sagt«, schlug Bea pragmatisch wie immer vor. »Vielleicht ist sie so begeistert von der Idee mit den Inselkrabben, dass du deine Galerie gar nicht verkaufen musst. Pass auf, du brauchst uns vorerst keine Miete zu zahlen. Das Geld fürs Essen und die Bastelmaterialien bekommen wir auch so zusammen. Und wir werden sicherlich nicht sofort von Horden von Kindern überrannt, die uns die Haare vom Kopf essen. Vielleicht sollten wir erst mal herumfragen, welche Eltern aus Keitum und Umgebung Interesse haben, damit wir einschätzen können, wie viele Kinder es am Anfang sein werden.«
Larissa nickte zustimmend.
»Das ist eine gute Idee, aber ich gehe davon aus, dass großes Interesse besteht. Zumal im Laufe der Saison natürlich noch die Urlauberkinder dazukämen.«
»Und wo könnte die Ausstellung denn stattfinden?«, fragte ich, während all die unbeantworteten Fragen in meinem Kopf herumwirbelten. »Wenn wir nämlich einen hiesigen Galeristen auftun, verlangt er eine hohe Beteiligung, die dann den Erlös schmälert.«
Bea schaute nachdenklich in den Abendhimmel.
»So spontan fällt mir zwar nichts ein, aber kommt Zeit, kommt Rat. Zur Not fragen wir Adalbert, ob er sein Haus zur Verfügung stellt.«
Larissa runzelte die Stirn.
»Aber das ist doch total nervig für ihn, wenn tagaus, tagein Leute durch sein Haus trampeln. Außerdem stört das seine Kurse. Nein, ich fürchte, wir müssen einen anderen Ort finden. Paula, ich wollte dich übrigens nicht bevormunden, sondern dir vor Augen führen, dass du vielleicht einen großen Fehler
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