Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
Vom Netzwerk:
hatte. Wie würde die Malerin reagieren? Meine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, denn Ineke ging schweigend in ihrem Atelier auf und ab. Dann blieb sie abrupt vor mir stehen und sah mich aus ihren klugen, dunklen Augen an.
    »Ihre Idee ist gut. Doch ich verstehe nicht, weshalb wir dafür nach Hamburg müssen. Ich bin eine Sylter Künstlerin und sollte hier auf der Insel ausstellen, wenn ich schon eine so große Ausnahme mache und mit meinen Regeln breche.« Das kleine Wörtchen
Ausnahme
stimmte mich hoffnungsfroh. Doch ich musste jetzt äußerst sensibel vorgehen.
    »Wir … wir können das natürlich auch hier machen«, stammelte ich, während ich fieberhaft überlegte, wie ich das bewerkstelligen sollte. Schließlich war es ein Teil des Plans, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Eine tolle Ausstellung für ArtFuture zu organisieren
und
Geld für das Projekt Inselkrabben zu sammeln.
    »Wie viel Bedenkzeit habe ich?«, fragte Ineke. »Spontan würde ich nämlich ja sagen. Aber ich zügle meine Impulsivität lieber und denke in Ruhe über meine Entscheidung nach.«
    »Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.« Ich stand auf, denn ich wollte die Künstlerin nicht länger behelligen. Es hatte sowieso an ein Wunder gegrenzt, dass sie mich so spontan nach dem Telefonat zu sich eingeladen hatte. »Ich hoffe, ich habe Sie durch meinen Vorschlag nicht allzu sehr in einen inneren Konflikt gebracht.« Über Inekes runzligem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
    »Ich bin schon erwachsen und kann gut auf mich aufpassen. Ich melde mich bei Ihnen.« Nachdem ich nach draußen gegangen war, stand ich eine Weile nahezu reglos vor Inekes Haus und lauschte den Stimmen des Waldes: den raschelnden Blättern, die der Sommerwind zärtlich streifte, dem Zwitschern der Vögel, dem Ruf eines Käuzchens … Ein wunderbares Glücksgefühl durchflutete mich, weil ich spürte, dass es so viel Schönes auf der Welt gab, das nur darauf wartete, miteinander verbunden zu werden. Ineke Alwart würde
ja
sagen und mit dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Bilder mein Kinder-Projekt unterstützen, da war ich mir sicher. Ich hatte es in ihren Augen gesehen. Diese wunderbare alte Dame würde mir helfen. Und es war meine Aufgabe, die Bedingungen für die geplante Ausstellung so zu gestalten, dass sie der Künstlerin gerecht wurden und sie gut damit leben konnte. Deshalb wollte ich Bea um Rat fragen und sie bitten, mir mit der Suche nach einem geeigneten Ort für die Vernissage zu helfen. Für ArtFuture musste ich mir eben etwas anderes einfallen lassen. Mira, Jule und Vincent arbeiteten unter Hochdruck und entwickelten bestimmt ein Konzept, das das anspruchsvolle Hamburger Publikum genauso begeisterte wie die bisherigen Ausstellungen in meiner Galerie. Es war wichtig zu vertrauen! Nur so konnten schöne Dinge wachsen.

    Kaum war ich zurück im Pavillon, schickte ich Jule eine SMS . Wir mussten unbedingt telefonieren, denn allmählich rannte uns die Zeit davon. Noch nie war es vorgekommen, dass ich nicht wusste, welche Künstler ich ausstellen sollte. Wie so häufig, war Jules Handy ausgeschaltet, aber sie rief mich prompt zurück. Sie klang aufgedreht und bestens gelaunt.
    »Die Fotos von Tom Kröger gehen weg wie warme Semmeln«, sprudelte sie voller Stolz sofort drauflos. Kein Wunder, der Fotograf war ja auch ihre Entdeckung gewesen. »Anfangs hatte ich so meine Befürchtungen, aber jetzt bin ich total froh, dass wir den Mut hatten, auch Fotografien auszustellen.«
    »Das ist ja super«, erwiderte ich und schmunzelte vor mich hin. Jule klang genauso wie ich nach meinen ersten eigenen Vernissagen. »Umso wichtiger ist es, im Herbst nahtlos an diesen Erfolg anzuknüpfen. Immerhin steht dann das Weihnachtsgeschäft bevor. Das Dumme ist nur, dass die Künstlerin, die ich mir wünsche, keinesfalls in Hamburg ausstellen will, sondern nur auf Sylt.« Ich spürte förmlich, wie Jule die Luft anhielt. Schließlich hatte sie mich früh genug daran erinnert, endlich etwas zu unternehmen. Doch ich war zu sehr mit meinen emotionalen Verstrickungen beschäftigt gewesen, um mich auf die Arbeit in der Galerie zu konzentrieren.
    »Paula?«, fragte Jule. Ihre Stimme klang unsicher. »Hast du schon mal daran gedacht, ArtFuture zu verkaufen?« Das Blut pulsierte in meinen Ohren. Sollte ich ehrlich darauf antworten?
    »Eigentlich nicht, aber mir ist natürlich klar, dass das auf Dauer kein Zustand ist. Warum willst du das wissen? Hast du geerbt?«
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher