Inselsommer
spricht aus medizinischer Sicht nichts gegen eine Schwangerschaft. Trotzdem klappt es nicht.«
»Und es wird auch dadurch nicht besser, dass man seine Zeit mit Temperaturmessung und Warten auf den Eisprung verbringt«, ergänzte ich in Erinnerung an die Zeit, bevor Patrick und ich erfahren hatten, dass wir unseren Kinderwunsch für immer begraben mussten. Larissa schaute mich fragend an.
»Ja, mit diesem Thema kenne ich mich bestens aus. Nur mit dem Unterschied, dass ich mich irgendwann damit abfinden musste, keine Kinder zu bekommen, weil Patrick nach einer schweren Krankheit zeugungsunfähig wurde.«
»Oh, das tut mir sehr leid. Ist das der Grund für eure vorläufige Trennung?«, fragte Larissa betreten.
Ich nickte.
»Die endgültige Diagnose bekamen wir vor etwa sieben Jahren. Zuerst traf uns die Nachricht wie ein Hammerschlag, aber wir haben natürlich versucht, mit der Situation klarzukommen. Manchmal haben wir sogar über Adoption nachgedacht, aber der Gedanke ist irgendwann im Sande verlaufen. Wir haben beide so getan, als belaste das unsere Ehe nicht, doch das war ein Trugschluss, wie ich festgestellt habe. Deshalb muss Leon eigentlich klar sein, dass man so etwas nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Was sagt er denn dazu?«
»Keine Ahnung, wie dein Patrick so ist, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Männer unsagbar gute Verdränger sind und sie fest daran glauben, dass sich alles schon regeln wird. An sich liebe ich Leon für seine Lässigkeit, aber ich bin nicht so. Wenn er zu mir sagt:
Schatz, wir sind doch auch so glücklich. Wenn es uns nicht bestimmt ist, können wir es auch nicht ändern, kein Grund, sich das Leben schwerzumachen,
könnte ich ehrlich gesagt ausflippen!«
Ich seufzte. Leons Worte stimmten fast eins zu eins mit dem überein, was Patrick damals gesagt hatte. Natürlich auch, weil er sich schuldig fühlte – geändert hatte es trotzdem nichts.
»Ich vermisse noch:
Lass es uns locker angehen. Mit Druck erreicht man gar nichts.
«
Im ersten Moment dachte ich, Larissa breche in Tränen aus, doch sie legte plötzlich den Kopf in den Nacken und lachte schallend. Und zwar so laut, dass plötzlich die Gespräche der Gäste im Restaurant nebenan verstummten.
Larissa lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen.
Ihr unerwarteter Heiterkeitsausbruch, der an Hysterie grenzte, war trotzdem dermaßen ansteckend, dass sich meine Stimmung binnen Sekunden aufhellte. Wie Doro richtig gesagt hatte: Ich war noch vergleichsweise jung und gesund, und ich hatte einen Beruf, der mir Freude machte und mich finanziell einigermaßen absicherte. Alles andere würde sich schon fügen.
Dasselbe galt auch für Larissa.
»Was hältst du davon, wenn wir einen Pakt schließen?«, schlug ich, einer spontanen Eingebung folgend, vor. »Nele ist weit weg in Mexiko und kann dir momentan keine Gesellschaft leisten. Meine besten Freundinnen hocken in Hamburg. Leon wird vermutlich bald weg sein, und ich habe mich leider mit meinem Mann entzweit, so dass er mich vor die Tür gesetzt hat. Warum tun wir beide uns nicht zusammen und versuchen, es uns so nett wie möglich zu machen? Wenn man ständig grübelt, wird es auch nicht besser. Nehmen wir uns kein Beispiel an den Männern: Einfach ein bisschen verdrängen und darauf vertrauen, dass alles so wird, wie wir es uns wünschen.« Larissa strahlte über das ganze Gesicht.
»Das klingt wundervoll! Und wir sollten gleich damit anfangen.« Sie kramte in ihrer Tasche und zog einen Stift und ein Notizheft hervor. »Wir machen eine Liste, was wir in der nächsten Zeit unternehmen wollen, wie in diesen Romanen, die wir haufenweise im Büchernest verkaufen. Los, du fängst an!«
Ich überlegte.
Allein die Auszeit auf Sylt war schon Luxus pur. Nicht viele Menschen konnten einfach ihre Arbeit an den Nagel hängen und auf eine traumhaft schöne Insel fahren.
»Ich wollte schon immer in einem Sportflugzeug über atemberaubende Landschaften fliegen, so wie Meryl Streep und Robert Redford im Film
Jenseits von Afrika.
Oder in einer Buchhandlung übernachten und ein Mitternachtspicknick veranstalten. Außerdem würde ich gern eine mehrstöckige Torte backen und Minigolf spielen. Und du?«
Larissas Augen leuchteten, und ich sah förmlich, wie es in ihr brodelte.
»Ich hätte große Lust, auf die documenta zu fahren und Brad Pitt über den Weg zu laufen. Dann möchte ich in der Sansibar essen, bis ich fast platze, und anschließend die Zeche prellen. Und
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