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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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gewesen wäre. Nein. Diese Kemptener Avance lag ihm schwer im Magen. Überhaupt war es so, dass in letzter Zeit alles, was aus Kempten kam, sein Gemüt verfinsterte – selbst wenn einmal etwas Vernünftiges dabei war.

    Wenzel kannte seinen Chef und wusste, dass es wenig Grund zur Hoffnung gab. Wie die Stimme klang, was die Körpersprache ausdrückte, kündigte sich ein Stimmungstief an – und Gommi hatte ausgerechnet heute frei. Immer wenn Kimmel seine schwermütigen Anfälle bekam, war es gut, wenn Gommi da war. Der wurde dann ein bisschen drangsaliert und schnell war der Spuk vorbei.
    Wenzel hatte bisher noch keine Zeit gehabt, die anderen von der Aussage Zychners zu unterrichten. Schielin, Lydia und Funk waren beschäftigt gewesen, Kimmel ungenießbar und die Tür zu Jasmins Büro geschlossen. Er hatte also in Ruhe seinen Bericht geschrieben und auf die Besprechung gewartet. Das war ihm auch von daher recht, die wichtigen Dinge dann nur einmal erzählen zu müssen. Gerade als er ansetzen wollte, raschelte Jasmin Gangbacher mit ihren Unterlagen und zog den zornigen Blick Kimmels auf sich.
    »Ich denke, ich hätte da etwas«, meinte sie gar nicht schüchtern, was Kimmel auch wieder nicht recht war, da ihm danach war, noch ein wenig Unmut zu verbreiten. Eine für Nichteingeweihte kaum wahrnehmbare Bewegung seines Schädels gab ihr die Erlaubnis zu reden.
    »In der Biografie von Grohm finden sich Ungereimtheiten.«
    Der Beginn war gut gewählt, denn es riss nicht nur Kimmel aus seiner Starre.
    Der Aufmerksamkeit aller sicher, sprach sie weiter: »Die Unterlagen, die Agnes Mahler zusammengetragen hatte, betrafen allesamt die Vergangenheit von Sebald, Grohm und Gahde.«
    »Ein Studienkollege«, warf Schielin für die ein, die es noch nicht wussten, »er hat sich mit Grohm am letzten Donnerstag im Bayerischen Hof getroffen.«
    »Zu Gahde komme ich noch. Jedenfalls habe ich die Lebensdaten dieser Leute gegenübergestellt, tabellarisch. Wer wann wo war, und so – Schule, Studium, Auslandsaufenthalte, Publikationen, Promotionen, Geburtstage, Heirat, Firmenwechsel, Scheidung, Kinder. Ihr kennt ja diese Tabellen. Und da bin ich auf etwas Seltsames gestoßen.« Sie unterbrach. Kimmel nickte ihr aufmunternd zu.
    »Ich habe nirgends etwas über Grohms Doktorarbeit finden können. Die existiert nicht. Es hätte mich ja wirklich interessiert, worüber er gearbeitet hat, aber die existiert nicht.«
    Es trat Stille ein. Schielin stellte nach einem langen Augenblick fest: »Du bist dir sicher?«
    »Ja.« Sie schob ihre Unterlagen über den Tisch.
    »Und Agnes Mahler wusste das?«, fragte Lydia Naber.
    »Ich habe nichts finden können, woraus das hervorginge. Sie hat aber die Vergangenheit ihres Onkels und seiner Freunde intensiv durchforscht.«
    Lydia sah Schielin an. »Na, da hätten wir aber ein ansehnliches Motiv für einen Mord.«
    Schielins Gedanken waren bei einer anderen Szene. Die, als Grohm auf die Professur angesprochen wurde. Darin könnte also der Grund für Grohms Ablehnung liegen. Gar nicht daran zu denken, was eine solche Information für die Kanzlei bedeutet hätte – das Aus. Definitiv. Er nahm den Aktenstoß, den Jasmin Gangbacher über den Tisch geschoben hatte, und blätterte darin. Um ihn herum begann eine rege Diskussion darüber, wie man weiter vorgehen solle, könne, müsse. Kimmel schwitzte.
    Nach einer Weile fragte Schielin: »Diese Unterlagen hier beschäftigen sich in gleichem Maße mit Sebald und diesem Gahde wie mit Grohm. Hast du eine Vorstellung darüber, aus welchem Grund das so ist?«
    Jasmin Gangbacher schnitt eine Grimasse. Dasselbe hatte sie sich auch schon gefragt. »Ist schon seltsam, ja. Dieser Gahde, der …«
    »… Körperverletzung, Nötigung, Betrug«, führte Schielin ihren Satz weiter, »ich weiß. Ich habe den Namen überprüft, als ich seinen Namen bekommen habe. Aber diese Einträge stammen aus einem Vorgang, der schon Jahre zurückliegt. Sieht auf den ersten Blick schlimmer aus als es wirklich ist. Außerdem ist Gahde aus dem Rennen. Er hat das Helvetia am Freitagmorgen verlassen und nirgends in Lindau neu eingecheckt.«
    Jasmin Gangbacher zuckte mit den Schultern.
    Wenzel meldete sich nun zu Wort. »Bevor sich alle auf Grohm stürzen, habe ich noch eine Aussage vom Zeugen Zychner. Ich war heute noch mal bei ihm und habe auch ihn überprüft. Auf das, was er sagt, kann man sich verlassen. Was er sagt, das hat er auch gesehen. Für sein Alter hat er Augen wie ein Adler. Das

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