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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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er hier in dieser Kiste, in heimtückischer Weise beobachtet von den zwei Affen da drüben, die immer noch am Streifenfahrzeug herumdrucksten – und er war Kripochef. Vom missratenen Produkt der Gesellschaft zum Kripochef – welche Möglichkeiten einem das Leben doch bot, trotz Lehrer.
    Ohne den beiden Uniformierten einen direkten Blick zuzuwenden, sagte ihm seine Intuition doch, dass sie ihn beobachteten. Sie hatten zuvor bereits genüsslich zugesehen, wie er gegen den Sicherheitsgurt hatte kämpfen müssen, den er nicht zum Einrasten brachte, weil das verfluchte Lederholster der Knarre sich genau zwischen Mittelkonsole und Sicherheitsgurt verklemmte.
    Dazu kam diese lähmende Hitze in der Kiste, die wieder einmal nicht im Schatten abgestellt worden war, wie er das immer wieder ansprach, sondern im hellen Schein der Sommersonne stand. Seine Hand zitterte vor Anstrengung, Eile und Ärger, als er nach dem Schalter tastete, um die Seitenscheibe herunterzubringen. Nach zwei, drei Versuchen gelang es. Wenigstens blieb es ihm erspart aus Versehen zu hupen, oder die Scheibenwischer über die trockene Scheibe knarzen zu lassen. Das Lenkrad musste man vorsichtig anfassen, so heiß war es. Als er den Karren nach dem Abwürgen wieder gestartet hatte und mit etwas zu viel Gas an den beiden vorbeifuhr, fragte der Dünnere betont nüchtern: »Alles in Ordnung?«
    Kimmel hätte am liebsten ins Lenkrad gebissen. Ein kleines Stück weiter, meinte er von dem anderen das Wort »Spezialspezialisten« gehört zu haben. Er sah in den Außenspiegel, um die Gesichter der beiden nochmals zu memorieren. Sie würden ihm schon irgendwann mal vor die Flinte kommen.
    Jetzt war schon alles egal. Er hielt vor der Einfahrt erneut an. Lydia stand schon in der Tür. Er eilte an ihr vorbei und kam gleich darauf wieder aus dem Gebäude geschossen – ein Kissen unter dem Arm. Lydias fragenden Blick beantwortete er mit zwei harten Worten: »Sportsitze … Hüfte.« Dann fuhr er los. Die Reifen quietschten, als er in die Ludwig-Kick-Straße einbog. Die zwei Gesichter hatte er sich gemerkt. Man traf sich immer zweimal im Leben. Und von wegen ausgebucht, keine Streife. Auch das würde noch mal zur Sprache kommen.
    Lydia Naber schwieg. Es war kein über die Maße ausgeprägtes Einfühlungsvermögen vonnöten, um die von Kimmel ausgehende Anspannung zu registrieren. Ein schneller Blick genügte: verdichteter Blick, beide Hände fest um das Lenkrad geschlungen, die Arme starr, den Rücken nicht an der Lehne. Es sah verspannt aus. Bis Wangen-Nord ging das so. Die kurzen Gespräche, die krächzend vom Funkgerät freigesetzt wurden, blieben die einzige und magere Unterhaltung. Erst kurz vor Leutkirch entspannte Kimmel. Als sie Memmingen entlang der Autobahn in weitem Bogen umfuhren, wanderten Lydia Nabers Gedanken zu der toten Frau, die gar nicht weit von ihnen entfernt in einem Kühlfach lag. Kurz vor Mindelheim erreichte sie die Nachricht, dass Fahndung und Bundespolizei den Zug in Augsburg rechtzeitig erwischt hatten. Und sie hatten einen jungen Kerl, auf den die Beschreibung passte. Er hatte keinen Ausweis dabei, sah heruntergekommen aus und wollte nicht mit ihnen reden.
    *
    Schielin saß immer noch im Besprechungsraum. Wenzel leistete ihm schweigend Gesellschaft. Beide hingen ihren Gedanken nach und waren allein, denn Funk und Jasmin Gangbacher hatten sich auf den Weg zur Insel gemacht, wo sie Grohm auftreiben sollten. Schielin kam die Dienststelle verwaist und fremdartig vor, wenn Gommi nicht da war. Es genügte allein das Wissen darum, dass er in seinem Büro saß und die Mails beschimpfte, die aus Kempten kamen, oder über sonst etwas jammerte und lamentierte. Wieso nur hatte ihm Kimmel freigegeben, mitten in einer so drängenden Ermittlung?

    Wenzel sagte unvermittelt: »Sie hat ganz sicher schon an der Brüstung gestanden, als dieser Dohmen und die mysteriöse Frau auf der Mole waren.«
    Schielin hatte seine Fantasie auch in den Segelhafen entsandt. Er nickte.
    »Aber was ist da geschehen?«, fragte Wenzel, »so wie der Zychner das geschildert hat, war es ja nur ein kurzer Moment, dass die beiden sich an dieser Stelle befanden. Ich kann mir das nicht so richtig vorstellen – sie treffen zu dritt hinter dem Clubhaus aufeinander, einer sticht auf die Frau ein und dann verschwinden sie. Mit welcher Frau hätte dieser Dohmen sich denn da treffen wollen? Und diese Agnes Mahler hätte sich doch auch umgedreht, wenn von zwei Seiten Leute kommen – zu

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