Inselwaechter
sind, und die Frau vom Festland her. Sie müssen einander doch begegnet sein.«
»Ach diese Frau meinen Sie … nein ich kannte sie nicht und habe mich auch nicht mit ihr getroffen … begegnet … wir sind uns begegnet.« Es klang abwesend, wie er sprach.
Jasmin Gangbacher wusste nicht so recht, wie sie weitermachen sollte und warf Robert Funk einen Blick zu. Der machte eine beruhigende Geste. Sie konnte also nicht viel falsch machen.
»Was ist denn geschehen an diesem Morgen?«
»Sie hat geschrien und ich bin weggelaufen. Ich hatte Angst.«
»Sie hatten Angst … wovor?«
»Vor dieser Frau.«
»Vor welcher der beiden?«
»Nicht vor der, die an der Brüstung lehnte.«
»Sie wussten, was passiert war?«
»Ja.«
»Es war noch sehr dunkel. Wie konnten Sie erkennen, was geschehen war?«
»Ich hatte eine Taschenlampe mitgenommen und wollte nach dieser Frau sehen. Sie hing da an der Brüstung und vom Boot aus hatte ich sie angesprochen … keine Antwort. An der Eisentreppe habe ich angelegt und bin zu ihr hingegangen. Als ich die Taschenlampe anmachte, habe ich das Messer gesehen … und gleich daneben stand diese Frau. Sie hat geschrien und ist weggerannt und ich auch.«
»Mhm. Und weshalb haben Sie nicht die Polizei verständigt?«
»Ich … ich habe das Messer angefasst … und dann war ja da diese Frau. Mir hätte doch niemand geglaubt. Verstehen Sie? Es war, als wäre ich in einem Traum unterwegs gewesen. Da hing diese Frau und ich leuchtete auf dieses Messer, das da in ihrem Rücken steckte. Wie magisch … ich war wie magisch von diesem hellen Schaft angezogen und musste hinlangen, so als könnte mich nur das davon überzeugen, dass es Wirklichkeit war, was ich erlebte. Verrückt. Und es ist wirklich und real. Seit Tagen überlege ich, ob es nicht vielleicht so enden könnte, dass ich aufwache. Einfach aufwache, so wie früher, und alles ist so unbelastet wie es einmal war.«
»Was hatten Sie denn vor, so früh am Morgen mit dem Boot. Was war Ihr Ziel?«
»Ich war auf dem Rückweg und wollte das Boot im Kleinen See lassen. Ein Freund aus Langenargen hat da einen Liegeplatz direkt an der Inselhalle – der ist frei zurzeit. Er ist gerade mit der Familie am Untersee, in Sipplingen.«
»Wir haben das Boot draußen am See gefunden. Wie ist das möglich gewesen?«
»Ich bin zuerst weggefahren … wollte zum Liegeplatz am Kleinen See … habe dann aber die Nerven verloren … ich weiß auch nicht. An der Spielbank vorne bin ich rangefahren und einfach davon. Ich wollte nur weg. Es war mir zu eng auf dem Boot und es hat mich überhaupt nicht mehr interessiert.«
*
Grohm saß bei Erich Gommert im Büro und wartete mit saurer Miene auf die Vernehmung. Er mochte es nicht, wenn man ihn warten ließ, hatte dies auch deutlich gezeigt und gesagt, doch niemanden hatten seine Worte interessiert.
Das entspannte, fast spielerische Verhalten, mit dem der Polizist im Büro zwischen Bildschirm und Tastatur agierte, ab und an eine Zahl, ein Wort leise kommentierte – dieses Verhalten, das innere Geborgenheit und Sicherheit ausdrückte, brachte Grohm innerlich auf. Und dann dieser Hund, der schlafend am Boden lag.
Grohm realisierte, wie sein Gemüt in finstere Schichten sank und suchte dies zu verhindern. Am besten mit einem belanglosen Gespräch. Das lenkte ab. Er fragte: »Woran arbeiten Sie denn so konzentriert?«
Erich Gommert und Hundle reagierten gleichzeitig. Ersterer unterbrach das Tippen und Murmeln und auch Hundle richtete sich halb auf und sah prüfend zu Grohm, dessen fremde Stimme plötzlich im Raum gestanden hatte.
»Statistik«, antwortete Erich Gommert und fügte hinzu, »die Anzahl der Fenster im Gebäude, Türen und Wasseranschlüsse. Unser Präsidium braucht dies für die Liegenschafts Verwaltung.«
Grohm ließ ein verständnisvolles Knurren hören und meinte dann: »Sie haben einen schönen Arbeitsplatz.«
»Ja. Es ist doch wirklich schön hier am See.«
»Ich meinte eher Ihr Büro hier – mit dem Hund. Aber Sie haben schon recht mit dem, was Sie sagten. Wobei – gestern, da ging es ja richtig zu hier auf der Insel. Überall Musik.«
Erich Gommert strahlte. »Ja sicher, ist doch schön, wenn man feiern kann, nicht? Und die Menschen sind fröhlich und gut gelaunt, und singen … und das Wetter.«
»Ja – vor allem singen«, stöhnte Grohm, »singen, singen, singen und humpatätärä. Je später, desto häufiger immer wieder dieses eine Lied, das von dieser Fischerin. Ich kenne es von
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