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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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sogar bei der Wohnungssuche behilflich sein. Ich ringe mit mir, denn unser Rendezvous liegt nun beinahe zwei Wochen zurück, und allmählich ist es fast absurd, bei ihm anzurufen.
    »Was soll’s«, spreche ich mir Mut zu und scrolle durch die Namenseinträge in meinem Handy.
    »Marco Nardi«, meldet sich bereits nach dem ersten Klingeln eine sonore Stimme, und vor Schreck lege ich auf.
    Dann fällt mir ein, dass mein Name auch in seinem Display auftauchen müsste, und so sollte ich mich wohl besser ein zweites Mal bei ihm melden, wenn ich mich nicht völlig blamieren möchte.
    »Ich bin es, Lissy«, sage ich und bete inständig, dass Marco mein Auflegen nicht bemerkt hat.
    Natürlich hat er es bemerkt, und ich versuche ihn davon zu überzeugen, dass mir das Handy heruntergefallen ist und die Leitung deshalb unterbrochen wurde. Doch das interessiert ihn gar nicht. Vielmehr ist er offensichtlich erfreut, von mir zu hören.
    »Ich dachte schon, ich hätte an unserem letzten gemeinsamen Abend etwas falsch gemacht«, erklärt er. »Ich habe mir den Vorwurf gemacht, dass ich zu forsch war. Aber unser Tanz war so romantisch und deine Lippen waren so verführerisch, dass ich gar nicht anders konnte, als dich zu küssen. Bist du mir jetzt böse?«, fragt er und klingt dabei wie ein kleines Kind, das man beim unerlaubten Naschen ertappt hat.
    »Nein, natürlich nicht, ich fand es doch auch sehr schön«, höre ich mich in den Hörer schnurren und frage mich, wieso ich ihn nicht schon viel früher angerufen habe.
    »Dann bin ich ja beruhigt«, antwortet Marco und will kurz darauf wissen, ob ich mit ihm surfen gehen möchte.
    »Ich kann das gar nicht«, protestiere ich, was ihn jedoch nicht weiter stört.
    »Jeder, der hier auf der Insel ist, muss das Wasser einmal vom Brett aus erkunden. Wenn du nach ein paar Versuchen feststellst, dass du das Wellenreiten nicht magst, lassen wir es und gehen stattdessen spazieren, versprochen! Aber ich brauche nach dem vielen Schreiben ein wenig Bewegung, bevor mir noch der Schädel platzt und ich komplett einroste«, erklärt er dermaßen drastisch, dass ich gar nicht anders kann, als zuzusagen.
    Was kann denn schon passieren?, versuche ich mich zu beruhigen. Wenn ich vom Brett purzle, falle ich ja nur ins Wasser. Wenn auch in sehr kaltes.

    Am Samstag verlasse ich die Bücherkoje ein wenig früher als sonst und werde diesmal von Bea höchstpersönlich vertreten, der es Tag für Tag bessergeht und die es kaum abwarten kann, mal wieder ein paar Stunden in ihrer geliebten Buchhandlung zu verbringen. Sie will die Gelegenheit nutzen, sich selbst ein Bild von der Umgestaltung der Bücherkoje zu machen, die durch die Neuaufnahme der Warengruppe »Neue Medien« nötig war, und mal wieder ein bisschen mit Birgit Stade plaudern.
    Ich habe Glück, das Wetter ist gut, wenn auch immer noch etwas kühl für Anfang Juni. Marco holt mich wie versprochen von der Buchhandlung ab, und wir fahren Richtung Westerland zur Surfschule, wo wir uns alles Nötige ausleihen wollen.
    Missmutig betrachte ich mich im Spiegel der Umkleidekabine, nachdem ich mitsamt T-Shirt und Unterwäsche in meinen Neoprenanzug gestiegen bin. Ich sehe aus wie eine Presswurst, darüber kann auch das strenge graphische Muster nicht hinwegtäuschen. Vielleicht habe ich es in den vergangenen Wochen doch etwas mit dem Essen übertrieben, schimpfe ich mit mir, während ich mein Spiegelbild kritisch mustere. In diesem Ding kann man keine noch so winzige körperliche Unzulänglichkeit verstecken, stelle ich fest und bin gleichzeitig genervt, weil sich das Ganze obendrein auch noch klamm und irgendwie glitschig anfühlt. So ähnlich stelle ich es mir vor, einen Delphin zu streicheln, überlege ich, während ich mir die Haare hochstecke.
    »Bist du startklar?«, fragt Marco mich ein paar Minuten später und mustert mich von oben bis unten. Unwillkürlich ziehe ich den Bauch ein, auch wenn es vermutlich gar nichts bringt.
    »Steht dir gut«, lobt Marco mich, und ich finde, dass das eine glatte Lüge ist.
    »15 Grad Wassertemperatur«, entnehme ich der Informationstafel und schaudere bei der Vorstellung, versehentlich ins Meer zu fallen. DAS darf auf gar keinen Fall passieren, nehme ich mir fest vor, während Marco mir ein kleines Surfbrett in die Hand drückt und sich ebenfalls bewaffnet.
    Im Gegensatz zu mir macht er in seinem Anzug eine ausgesprochen gute Figur. Man sieht ihm seine zweiwöchige Schreibtischarbeit kein bisschen an, wie ungerecht!

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