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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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anregend und im wahrsten Sinne des Wortes prickelnd.
    »Ich bin so gut wie pleite, mein Kredit für das Café ist nicht verlängert worden, der Vermieter droht mir mit Rauswurf, weil ich seit drei Monaten die Pacht nicht mehr bezahlt habe, und Liebeskummer habe ich auch.«
    Ich muss mich schwer zusammenreißen, um nicht loszukichern, denn Nele hat ihre grünen, verschmierten Augen derart theatralisch aufgerissen und unterstreicht jedes ihrer Worte mit so ausladenden Gesten, dass ich sie schon fast nicht mehr ernst nehmen kann. Außerdem klingt diese Anhäufung von Dramen in meinen Ohren völlig überzogen und wie aus einem schlechten Film. Fehlt bloß noch, dass sie mir eröffnet, eine schwere Krankheit zu haben, die ihr nur noch wenige Tage zum Leben lässt. Kann es sein, dass mein erster Eindruck richtig war und diese Frau einfach nicht alle Tassen im Schrank hat?
    »Was willst du jetzt tun?«, frage ich sachlich nach, um zu verhindern, dass noch weitere Tränen kullern. Außerdem habe ich letztlich doch eher eine pragmatische Einstellung zu den Dingen des Lebens. Schließlich hatte ich bislang auch schon einiges an Schicksalsschlägen wegzustecken.
    »Tja, wenn ich das wüsste«, seufzt Nele und putzt sich geräuschvoll die Nase. »Momentan überlege ich, von hier wegzugehen. Das alles hinter mir zu lassen und irgendwo neu anzufangen, wo mich keiner kennt.«
    »An welche Stadt hast du dabei gedacht?«, hake ich weiter nach und überlege gleichzeitig, was wohl ihr Vermieter dazu sagen würde, wenn Nele einfach das
»Closed«
-Schild an die Tür hängte und mit der Nord-Ostsee-Bahn auf Nimmerwiedersehen verschwände.
    »An Mexiko oder Indien«, lautet die für mich überraschende Antwort.
    Ich hätte eher mit München oder Berlin gerechnet, jedoch nicht mit so exotischen Zielen. Da hätte Nele gleich mit Bea und Vero fahren können. »Aber wie stellst du dir das denn vor?«, bohre ich weiter und fühle mich zugegebenermaßen penetrant und ein bisschen spießig. »Um die Insel verlassen zu können, musst du erst mal die Pacht und deine Schulden bezahlen und einen Nachmieter für das Café finden. Du kannst doch nicht einfach sang- und klanglos verschwinden und nach dir die Sintflut. Das ist kindisch!«
    Noch während ich das sage, bereue ich auch schon meine Worte. Ob, was, wann und wie Nele irgendetwas macht, geht mich im Grunde nichts an. Immerhin kennen wir uns gerade mal seit einer halben Stunde, und ich habe nicht das Recht, mich hier als Miss Allwissend aufzuspielen. SO viel habe ich in meinem Leben bislang nämlich auch noch nicht richtig gemacht. Prompt bekomme ich auch die Retourkutsche, die ich verdient habe.
    »Ach, DU nennst mich also kindisch, ja?«, faucht Nele und funkelt mich an. Ihre grünen Augen schießen spitze Pfeile in meine Richtung, woraufhin ich unwillkürlich zurückweiche und mich tiefer in das Sofa hineinpresse. »Was hast du denn bislang Tolles gemacht in deinem Leben? Soviel ich weiß, hat dich dein Freund wegen einer anderen verlassen. Dein Job im Hotel hat dir keinen Spaß gemacht, und nun spielst du hier ein bisschen Buchhändlerin bei deiner Tante und bist auf der Flucht vor deiner Einsamkeit.«
    Rumms, das sitzt. Ich überlege kurz, ob ich aufstehen und aus dem Café stürmen soll, entschließe mich dann aber zu bleiben. Denn DAS kann auf keinen Fall unkommentiert bleiben, so viel ist sicher. Kampflos überlasse ich Nele das Feld nicht.
    »Was mich betrifft«, sage ich im Brustton der Überzeugung und wende mich wieder Nele zu, »bin ich mittlerweile froh und glücklich, dass alles so gekommen ist, wie es ist. Es stimmt, mein Freund hat mich wegen einer anderen verlassen, und es stimmt auch, dass es verdammt wehtut und ich mich einsam fühle. Es stimmt sogar, dass ich keinen Spaß an meinem Job hatte und nun froh bin, etwas Neues kennenzulernen. Aber ich bin NICHT auf der Flucht und habe keine unerledigten Baustellen, so wie du offensichtlich. Das ist ein GANZ großer Unterschied.«
    Eine Weile ist es still im Raum, und mich beschleicht eine gewisse Angst, dass Nele mich gleich auffordern wird zu gehen, denn das würde ich an ihrer Stelle gewiss tun. Dann kracht und poltert es plötzlich in dem hinteren Raum, der so gut wie gar nicht beleuchtet ist. Mein Herz bleibt beinahe stehen, weil ich sofort denke, dass es sich nun tatsächlich um die Einbrecher handelt, die ich vorhin vermutet hatte. Reflexartig fassen Nele, die genauso erschrocken ist, und ich uns an den Händen und drücken

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