Inselzauber
Nele für ein paar Stunden alleine, und schon ist sie verliebt!
»Habt ihr denn auch über die Illustrationen und die Arbeit am Buch gesprochen oder euch nur tief in die Augen geblickt?«, frage ich süffisant, weil ich schon die nächsten Probleme am Horizont auftauchen sehe. Wie ich es auch drehe und wende, ich kann mir nicht vorstellen, dass es gut ist, wenn Nele gleich bei ihrem ersten Vertrag ein Verhältnis mit einem Verlagsmitarbeiter anfängt. Das KANN einfach nicht gutgehen! »Ich will ja nicht …«
»… spießig sein«, vollendet meine Freundin den Satz, den ich begonnen habe. »Aber findest du es richtig, etwas mit jemandem anzufangen, mit dem du auch beruflich zu tun hast? Hat dir die Geschichte mit Gregor Thade nicht gereicht?«
Ich fasse es nicht, das ist genau das, was ich gerade sagen wollte. Beinahe wortwörtlich!
»Keine Sorge, Süße, es ist noch nichts passiert«, versucht Nele mich zu beruhigen und sieht mich mit einem unschuldigen Augenaufschlag an. »Meinst du wirklich, ich tappe noch mal in die gleiche Falle? Dieser Alexander trägt einen goldenen Ring und hat das Foto einer wunderhübschen Blondine auf dem Schreibtisch stehen. Aber es hat Spaß gemacht, ein wenig mit ihm zu flirten, das muss ich schon zugeben. Er ist wirklich süß, und wenn er frei wäre …« Nele seufzt und nimmt einen weiteren Schluck Prosecco.
Ich sicherheitshalber auch. »Wie läuft das jetzt genau mit dem Buch?«, erkundige ich mich und versuche Nele wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen. »Wann wird es erscheinen, und wie viel zahlen sie dir?«
»Der Erscheinungstermin ist März nächsten Jahres. Den Text habe ich bereits bekommen, damit ich mich bald an die Skizzen machen kann. Sobald die fertig sind, bespreche ich sie mit Alexander Herzsprung«, erklärt sie.
Ich kann nicht umhin, mich bei der Erwähnung dieses Namens ein wenig unwohl zu fühlen.
»Aus dem Grund werde ich wohl demnächst mal wieder einen Tag nach Hamburg fahren und bin dann abends von Renata Baumgarten und Alexander Herzsprung zum Essen eingeladen. Ich bekomme übrigens fünftausend Euro Garantiehonorar und eine Verkaufsbeteiligung von fünf Prozent. Ist das nicht super?«, freut Nele sich.
Ich überlege, ob die Konditionen angemessen sind, und beschließe, Bea oder Birgit Stade danach zu fragen. Vielleicht hat eine von beiden Erfahrung mit so etwas.
»Ach, und weißt du, was noch lustig ist? Die haben mich die ganze Zeit gefragt, ob ich das nicht alles noch mal mit meiner Agentin Larissa Wagner besprechen will, bevor ich den Vertrag unterschreibe. Die halten dich tatsächlich für meine Agentin. Cool, oder? Wie viel Provision nimmst du eigentlich dafür, dass du diesen Deal für mich eingefädelt hast?«, fragt Nele und lächelt schelmisch.
Agentin, haha, lustig, denke ich und bin gleichzeitig froh zu erfahren, dass Nele offensichtlich noch nichts unterzeichnet hat.
»Wie auch immer, ich habe gesagt, dass ich mich mit dir besprechen werde und dass du dich dann bei Frau Baumgarten melden wirst. Das war doch in Ordnung, oder?«, fragt Nele grinsend, und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Jetzt trage ICH also die Verantwortung für Neles Vertrag! »Nun mach nicht so ein Gesicht. Du hast mein Buch an den Verlag geschickt, nun musst du mir auch beim Rest helfen«, sagt die frischgebackene Kinderbuchillustratorin, und ich kann ihren Gesichtsausdruck diesmal nicht ganz deuten.
Schwingt da etwa immer noch ein Rest an Ärger über mich mit?
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Kapitel 9
F rau Sievers verlangt ein Garantiehonorar von achttausendfünfhundert Euro und eine Beteiligung von acht Prozent«, höre ich mich einige Tage später Renata Baumgarten die üblichen vertraglichen Konditionen für derlei Projekte unterbreiten, die ich dank Birgit Stade in Erfahrung gebracht habe.
Das Herz schlägt mir bis zum Hals, und meine Knie zittern, so nervös bin ich. Ich weiß, dass ich hoch pokere, weil Nele noch Debütantin ist. Aber ich habe einkalkuliert, dass die Lektoratsleiterin mich herunterhandeln wird. Renata Baumgarten und ich diskutieren eine Weile hin und her, während mir vor Aufregung beinahe die Sinne schwinden, je mehr Gegenargumente die Lektorin auffährt. Am Ende des Gesprächs habe ich jedoch mein Ziel erreicht, wie auch immer ich das geschafft habe, und kann es kaum erwarten, Nele davon zu berichten.
Diesmal lässt meine Freundin sich gern in ihrer Küchenarbeit unterbrechen, als ich ihr erzähle, was ich für sie an
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