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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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erzähle, dass meine Tante mich gebeten hat, ein halbes Jahr länger auf Sylt zu bleiben.
    »Das ist doch super!«, freut Nele sich. »Dann hätten wir den ganzen Sommer zusammen. Ich könnte dir das Surfen beibringen, wir bauen Sandburgen, lassen uns bis zum Umfallen in der Sonne brutzeln, und abends kippen wir ein paar Caipis auf der Terrasse vom Samoa-Seepferdchen!« Nele ist völlig außer Rand und Band, und ich lasse mich nur allzu gern von ihrer guten Laune anstecken. »Außerdem ist es absolut an der Zeit, dass du dich mal wieder richtig verknallst und heißen Sex hast. Und wann kann man das besser als im Sommer auf Sylt, wo die Liebe wohnt? Wo die Luft wie Champagner prickelt und wo Sommerküsse so gut schmecken wie sonst nirgendwo?«
    Ich muss lachen, weil Nele in ihrem Vokabular so große Schwankungen aufweist. Ihr Kaleidoskop reicht von romantischer Poetik bis zu drastischer Umgangssprache, wie Frauen sie nur selten benutzen. Doch genau das mag ich so an meiner Freundin: diesen Facettenreichtum in ihrem Wesen, ihre Begeisterungsfähigkeit und ihren Optimismus, auch wenn ihr bereits das Wasser bis zum Hals steht. Ihre Fähigkeit, sich über alles zu freuen und die Zukunft in bunten Farben zu malen.
    Ich sehe sie an, mit ihren vom Verlagsgespräch und dem Prosecco geröteten Wangen, die störrischen Haare zu einem wilden Gebilde hochgesteckt, die Kleidung ein gewagter Mix aus Lila- und Rosatönen, die ihre Haarfarbe erst richtig zur Geltung bringen. Ihren Gesichtsausdruck, den ich mittlerweile immer besser lesen kann, ihre grünen Augen, die mich eindringlich mustern, weil sie wissen will, wie ich mich entschieden habe.
    In diesem Moment weiß ich, was ich zu tun habe: Ich werde morgen im Hotel anrufen und meinen Job kündigen. Ich werde Bea helfen, wieder gesund zu werden, und ihre Buchhandlung am Laufen halten. Und ich werde mit Nele den Sommer verbringen. Weil ich zum ersten Mal im Leben eine richtige Freundin habe und mir nicht vorstellen kann, wie es wäre, sie nur noch gelegentlich zu sehen, wenn ich mal nach Sylt komme oder sie nach Hamburg. Außerdem will ich endlich etwas wagen! Auch wenn ich nicht weiß, ob ich ab September wieder eine Stelle bekomme, ich werde mich einfach in das Abenteuer Leben stürzen. Was soll schon groß passieren? Auf Sylt wimmelt es nur so von Hotels, in einem davon wird es sicher etwas für mich zu tun geben, und falls nicht, findet sich bestimmt eine andere Lösung!
    »Dann lass uns anstoßen«, sage ich feierlich, erhebe mein Glas und proste Nele zu. »Auf deinen Illustratorenvertrag und darauf, dass ich auf Sylt bleiben werde!«
    Ich schaffe es kaum, einen Schluck zu trinken, weil Nele mir wie ein Wirbelwind um den Hals fällt und mir mit ihren knallroten Lippen Küsse auf Stirn und Nase drückt. Zuerst ist mir diese Reaktion etwas peinlich, dann freue ich mich jedoch und umarme meine Freundin ebenfalls.
    »Aber denk dran, dass wir beide den ganzen Tag arbeiten müssen, auch im Sommer«, sage ich gespielt streng und sehe Nele so ernst an, wie es mir möglich ist. »Es wird nicht blaugemacht, um faul am Strand zu liegen und mit irgendwelchen Beachboys zu flirten. Wir sind genauso fleißig und diszipliniert, wie wir es bislang waren, okay?«
    »Okay, Frau Lehrerin, ich habe verstanden«, antwortet Nele und führt die Hand an die Stirn, als wollte sie salutieren. »Gegen Caipis in unserer Freizeit ist allerdings nichts einzuwenden, oder?«, fragt sie, und ich nicke.
    Nachdem wir meine Zukunft geklärt haben, erzählt Nele endlich von ihrem Gespräch beim Sternenreiter Verlag. Sie ist außer sich vor Begeisterung und schildert alles in rosigen Farben. Das Buch, das sie illustrieren soll, gefällt ihr, und ihre Arbeiten sind wiederum beim Lektorat sehr gut angekommen. Renata Baumgarten muss eine strenge, aber nette Cheflektorin sein, mit der Nele allerdings nur die Konditionen geklärt hat. Für die Illustrationen ist Alexander Herzsprung, ein junger und offensichtlich attraktiver Lektor, zuständig.
    »Und? Hat dein Herz bei seinem Anblick einen Sprung gemacht?«, witzle ich dümmlich.
    Mittlerweile sind wir beim dritten Glas Prosecco angekommen, ohne vorher etwas gegessen zu haben. Wie gut, dass wir mit der Bahn und nicht mit dem Auto in Hamburg sind.
    Nun grinst Nele bis über beide Ohren und sieht aus wie eine Katze, die in einen Sahnetopf gefallen ist. »Ja, das hat es, und ich glaube seines auch«, antwortet sie.
    Ich kann kaum glauben, was ich da höre. Da lässt man

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